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Beide Pole des Musiklernens koppeln

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Lernen zwischen Musizierpraxis und Werkbetrachtung
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Almuth Süberkrüb: Musiklernen: „Verstehen und Geschehen“. „Didaktische Interpretation von Musik“ und „Music Learning Theory“ als Grundlage für vieldimensionales Musiklernen, Pfau-Verlag, Saarbrücken 2005, 270 S., Abb., € 28,00, ISBN 3-89727-280-6

Es ist das Problem der gegenwärtigen Musikdidaktik, auf das sich Almuth Süberkrüb eingelassen hat: Ein kulturerschließender Musikunterricht – Unterricht also, der musikalische Werke samt ihrem Kontext in den Blick nimmt – ist im Konsens vieler Lehrer zumeist zur Folgenlosigkeit verurteilt, wenn das „Lernen über Musik“ nicht auf einer durch „Musik-Lernen“ initiierten, originär musikalischen Vorstellungswelt gründet. Die Synthese dieser beiden Pole ist daher die Idee des Konzepts, das Süberkrüb hier entwickelt.

Als Ausgangspunkt wählt sie zwei bestehende musikdidaktische Ansätze, die sie auf circa 100 Seiten vorstellt und bilanziert: zum einen das (inzwischen zwar von Fachleuten längst revidierte, in der Schulpraxis aber vor allem in Form von Wildwüchsen noch weithin präsente) Konzept der „Didaktischen Interpretation“ nach Karl Heinrich Ehrenforth und Christoph Richter (1971/1976); zum anderen die hierzulande noch weniger bekannte, praxial orientierte „Music Learning Theory“ Edwin Gordons (1980).

Süberkrübs Studie strebt zwischen beiden einen Brückenschlag an. Als „Brückenpfeiler“ entwirft sie, von dem oben genannten Dilemma ausgehend, einen Verstehensbegriff, der das didaktische Vakuum zwischen der Organisation von (reflektierter) musikalischer Erfahrung einerseits und praktischer Kompetenzvermittlung andererseits schließen möchte. Ihre Auffassung von Musik-„Lernen“ lässt folgerichtig einen hermeneutischen und einen neurobiologisch fundierten Verstehensbegriff ineinander aufgehen. Musiklernen soll zum „vieldimensionalen“ Prozess werden, der die Dimensionen der „Wirksamkeit von Musik im Unterricht“, der „Lernvoraussetzungen und Lernweisen der Schüler“, des „Umgangs mit Musik“ und des „‚Seinszuwachses’ durch Kunsterfahrung“ im Heidegger‘schen Sinne einschließt (S. 141).

Ziel des musikalischen Handelns sei ein – leider nicht intensiver durchdrungenes – „Denken in Musik“ (S. 135), das sie im Sinne einer musik-‚sprachlichen’ Kommunikation begreift, wie Gordon sie in seinen „Learning Sequences” durch die Arbeit an musikalischen Patterns anlegt.

Mit Hilfe einer empirischen Untersuchung zur musikalischen Perzeption möchte die Autorin zudem belegen, wie sich mit unterschiedlichen, an den beiden Ausgangskonzepten angelehnten Methoden erfolgreich Vorerfahrungen der Schüler nutzbar machen lassen. Ohne die Validität der Rahmenbedingungen einschätzen zu können – auch ist wenig über die Inhalte des Unterrichts zu erfahren –, sei als Teilergebnis bloß der positive Effekt wiedergegeben, den Süberkrüb aus einem regelmäßig in den Unterricht integrierten sequentiellen Lernen nach Gordon schlussfolgert (S. 183).

Gemessen an der zentralen Stellung, die innerhalb des Buches dem Musiklernen und -verstehen eingeräumt werden, scheint diese Studie jedoch zu kurz zu greifen, schließlich steht Perzeption doch nur am Beginn dieser beiden Prozesse. In Abgrenzung von didaktischen Ansätzen aus den letzten Jahren (an dieser Stelle missversteht sie übrigens das Konzept eines „aufbauenden Musikunterrichts“ nach Werner Jank und andere, das keines-wegs die Vermittlung von „Grundwissen“ vor das Musizieren stellt, S. 128), schlägt sie vor, hermeneutische und musizierpraktische Tätigkeiten im zeitlichen Nebeneinander sich ergänzen zu lassen.

Dies illustriert sie am Lernfeld „Metrum, ‚Puls der Zeit‘ – Tragendes Moment für die Musik und im Leben“. Die aufgeführten Werkbeispiele und unterrichtlichen Vorgehensweisen sind, insbesondere durch die Vorschläge einer toposdidaktischen Einbindung, einleuchtend.

Doch handelt es sich dabei um einen thematischen Spezialfall, insofern in „Metrum“ und „Puls“ das lebensweltliche Moment und das elementarisierte, für den praktischen Umgang isolierte musikalische Material gewissermaßen zusammenfallen.

Wenngleich passagenweise durch eine starke Anlehnung an die Argumentationslinien der angeführten Autoren die eigene Problemstellung in den Hintergrund rückt und eine Vielzahl von thematischen Exkursen den Lesefluss bremst, liegt durch diesen Band doch ein weitsichtiger Versuch vor, Auswege aus den akuten Problemen des Musikunterrichts anzubahnen.

Will sich dieser Ansatz in der Praxis allerdings bewähren, muss er unter Beweis stellen, dass sich über die dargestellten Exempel hinaus ein breites Spektrum von Lerngegenständen gleichermaßen für (musikalische) Elementarerfahrung wie für Kontextualisierung eignet.

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