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Entwicklung von Selbstempfinden fördern

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Ein Beitrag zur praxisrelevanten Forschung in der Musiktherapie
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Schumacher, K.: Musiktherapie und Säuglingsforschung. Europ. Hochschulschriften, Reihe VI Psychologie, Bd. 630), Peter Lang Verlag Frankfurt/M. 1999

Schumacher, K.: Musiktherapie und Säuglingsforschung. Europ. Hochschulschriften, Reihe VI Psychologie, Bd. 630), Peter Lang Verlag Frankfurt/M. 1999Schumacher versteht ihre Arbeit als einen Beitrag zur praxisrelevanten Forschung (in der Musiktherapie), mit dem sie versucht, „neben einem neu entwickelten Evaluierungsinstrument (welches sie im 2. Teil ihrer Arbeit vorstellt – L. K.-S.) eine theoretische Grundlage für eine entwicklungspsychologisch orientierte Musiktherapie zu schaffen“ (S. 13).

Die theoretische Basis hierfür liefert das Selbst(entwicklungs)konzept des Säuglingsforschers und Psychoanalytikers Daniel N. Stern, mit dem sich der erste Teil des Buches beschäftigt. Stern unterscheidet vier Stufen des Selbstkonzepts, wobei er drei Stufen der präverbalen von der verbalen Zeit als vierter Stufe absetzt. Die drei Stufen der präverbalen Zeit (0–15 Monate) nennt er das auftauchende Selbst, das Kernselbst und das subjektive Selbst. Es geht Schumacher nicht nur um die Darstellung der einzelnen Stufen des Konzepts, sondern sie stellt die Normalentwicklung dem „Krankheitsbild Autismus als Selbstempfindungsstörung“ (S. 15) gegenüber. Mit in dieses Beziehungsgeschehen einbezogen ist das Selbstempfinden des Therapeuten, das sich als Gegenübertragung im therapeutischen Geschehen bemerkbar macht. Einen vierten Aspekt bilden die „Interventionen zur Entwicklung von Selbstempfinden“ (S. 16), die Schumacher als methodischen Wegweiser für eine Therapie in erster Linie autistischer Kinder sieht.

Im zweiten Teil der Arbeit wird ein neues Evaluierungsinstrument zur Beurteilung der Kontakt- und Beziehungsfähigkeit eines (autistischen) Kindes zur Therapeutin, EBQ (Einschätzung der Beziehungs-Qualität) genannt, vorgestellt. Diese hier untersuchte Beziehungsqualität äußert sich im Umgang mit den verschiedenen Musikinstrumenten. Sie, die Beziehungsqualität, entwickelt sich über sieben verschiedene Modi (vgl. S. 116):

Modus 0 = Kontaktlosigkeit
Modus 1 = Kontakt-Reaktion
Modus 2 = Funktional-sensorischer Kontakt
Modus 3 = Kontakt zu sich/Selbstempfinden-Selbsterleben
Modus 4 = Kontakt zum Anderen/Intersubjektivität
Modus 5 = Beziehung zum Anderen/Interaktivität
Modus 6 = Begegnung/Interaffektivität

Vergleicht man die von Schumacher gewählte Begrifflichkeit mit der von Stern, so lassen sich Gemeinsamkeiten feststellen, die durchaus gewollt sind (vgl. S. 117).

Die sieben Modi bedürfen einer Erläuterung: Kontaktlosigkeit (Modus 0) zeigt sich sowohl hinsichtlich des Instrumentariums als auch der Person des Therapeuten. Im Rahmen des Modus 1 kommt es zu kurzfristigen Reaktionen auf dem Instrument, jedoch bleibt die Person des Gegenübers weiterhin unbeachtet. Bei Modus 2 werden sowohl das Instrumentarium als auch die Person des Therapeuten funktionalisiert.

Ein Selbst-Gefühl, Selbst-Empfinden und/oder Selbst-Erleben tritt in Modus 3 auf. Mit der zunehmenden Hinwendung zum Instrument beginnt sich auch das Gefühl für das Gegenüber zu verändern. Erste Formen einer echten Intersubjektivität treten jedoch erst bei Modus 4 auf. Schumacher beschreibt diese Form als soziale Rückversicherung in einem weitgehend vom Kind dominierten Spiel. Eine sich anbahnende Beziehung wird jetzt in den Modi 5 und 6 weiter intensiviert, was sich in einem sich entwickelnden klanglichen, rhythmischen, melodischen und dynamischen Spiel niederschlägt. Es kommt letztlich zu einer echten Begegnung auf beiden Ebenen.

Die sich entwickelnde Kontaktaufnahme über die verschiedenen Modi ist auf zwei Videofilmen festgehalten, die bei der Autorin bezogen werden können. Erfreulich ist hier eine, man möchte fast sagen, Rückbesinnung auf die Bedeutung tiefenpsychologischer Ansätze, um Entwicklungsgeschehen, normales und von der Norm abweichendes, zu verstehen. Frau Schumacher gibt hier einen verständlichen und interessanten Einblick in die Theorie D. Sterns, die sie dann in den zweiten Teil ihrer anregenden Arbeit integriert.

Ludger Kowal-Summek

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