Neue Musik von und mit Conlon Nancarrow, Cornelius Hirsch, Oliver Schneller, Guillermo Gregorio, Gerhard E. Winkler, Fabrizio Rat Ferrero, Stefan Wirth und Gratkowski/Brown/Winant.
Der CD-Titel Round Midnight klingt nach Thelonious Monk, und tatsächlich sind die Werke der vier Komponisten Oliver Schneller, Guillermo Gregorio, Fabrizio Rat Ferrero und Stefan Wirth alle dem Jazzmusiker gewidmet. Monks Klavierstil klingt jedoch nur mittelbar an, etwa in der rhythmischen Schärfe, die den Stücken bei aller Individualität der Schreibweise gemeinsam ist. Das ist auch den Interpreten zu verdanken. Das Makrokosmos Quartet, bestehend aus zwei Pianisten und zwei Schlagzeugern, spielt mit trockener, harter Attacke und erzeugt mit der Prädominanz der Metallophone eine kalt gleißende Klangwelt von hohem Reiz. Die Komponisten und das auftraggebende Ensemble scheinen sich gegenseitig inspiriert zu haben. (Hathut, hat[now]art 181)
Eine Brücke zwischen Neuer Musik und freier Improvisation baut das deutsch-amerikanische Trio Gratkowski/Brown/Winant in den Studioaufnahmen, die vor seinem Auftritt bei den Donaueschinger Musiktagen 2009 entstanden sind. Die drei Musiker haben die einschlägigen Spielweisen der Neuen Musik gründlich studiert; sie zerlegen den Klang von Klavier, Sax/Klarinetten und Schlagzeug zu kleinsten Partikeln, die sich zu dichten Texturen von splitterndem, sandigem, knarrendem oder hauchigem Charakter fügen: Materialzustände pur. Auf der zweiten CD lassen sie sich von Computeranweisungen animieren, die ihnen Gerhard E. Winkler über Bildschirme live zur Verfügung stellt, was ihr Musizieren um eine formale Dimension bereichert. Das spontane kompositorisch-instrumentale Wechselspiel beeindruckt. (Leo Records LR 653/654, leorecords.com)
Eine eigenwillige Kreuzung von Alt und Neu betreibt Cornelius Hirsch in den neun akribisch auskomponierten Miniaturen auf der CD „Neue Pfade – Altes Land“. Titel wie „Anfangs zaghaft“ oder „Ständchen“ klingen nach 19. Jahrhundert, musikalisch schimmern traditionelle Satz- und Klangmodelle durch. Das Spiel mit historischen Versatzstücken geschieht indes aus der Optik des durch die Avantgarde hindurchgegangenen Komponisten, der mit kritischem Blick auf das Klangmaterial und streng selektiv vorgeht. Das garantiert Überraschungen. Die Metallklänge eines „Schrottophon-Duos“ verströmen poetische Atmosphäre, Gratwanderungen wie Cellokantilenen und Debussy-Flötentöne werden durch konterkarierende Klänge abgesichert. Ein interessante Hörerfahrung.(Perc.Pro PP 10202012, perc-pro.com)
Und immer wieder Nancarrow: Einige späte Werke und Überarbeitungen von früheren sind nun erstmals auf den originalen Player Pianos des Komponisten produziert und veröffentlicht worden. „For Ligeti“ mit seiner episodischen Form ist eine Neufassung der jazzigen Study Nr. 3. „Three Canons for Ursula“, ursprünglich als absolute kanonische Gemeinheiten für zwei menschliche Hände konzipiert und von Ursula Oppens auch aufgeführt, erklingen in der auf Rollen gestanzten Form. Eine Reihe weiterer Kanons mit komplizierten Zeitproportionen sind Überarbeitungen bestehender Stücke oder, wie die Study Nr. 45d, die Nancarrow aus der um 1983 entstandenen „Betty Freeman Suite“ herauslöste, Ersteinspielungen auf den Originalinstrumenten. Deren trockener, aggressiv gehärteter Klang verleiht Nancarrows Musik noch immer eine unglaubliche Frische. Der Begleittext von Helena Bugallo ist von philologischer Gründlichkeit. (Wergo 6754 2)