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Die musikalische Welt des Hans Gál
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Die musikalische Welt des Hans Gál

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Antonio Meneses im Gespräch über dessen Cellokonzert
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Die Northern Sinfonia, das älteste permanente Kammerorchester Englands, hat unter seinem musikalischen Leiter Thomas Zehetmair vor einigen Jahren ein Aufnahmeprojekt für das Label Avie mit Werken von Hans Gál begonnen. Dieser Komponist, bis 1933 Hochschuldirektor in Mainz, war vor den Nazis ins schottische Edinburgh geflohen, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1987 als Professor wirkte. Zu den bisherigen Gál-Aufnahmen der Northern Sinfonia gehören neben dem Violinkonzert Ersteinspielungen seiner Symphonien Nr. 1 und 2, die Zehetmair mit Schuberts Symphonien Nr. 6 und 9 koppelte. Zuletzt war Antonio Meneses der Solist in der Ersteinspielung von Gáls Cellokonzert (komponiert 1944), das er mit dem Elgar-Konzert vereinte. Die Aufnahme fand im Januar 2012 am Sitz des Orchesters, dem Musikzentrum „The Sage“ bei Newcastle upon Tyne, statt. Anlässlich dieser Produktion (Avie AV2237, Vetrieb: harmonia mundi) sprach Eva Fox-Gál, die Tochter des Komponisten, mit dem Cellisten. Sie fragte ihn zunächst, warum er Gál mit Elgar kombinierte.

Antonio Meneses: Ich empfand in beiden Konzerten eine ähnliche Nostalgie. Sowohl Elgar wie auch Gál behandeln das Cello als ein singendes Instrument, mehr als Dvoƙák, Schostakowitsch oder spätere Komponisten. Die lyrischen Passagen in beiden Konzerten passen sehr gut zum Cello. Ich finde auch manche Ähnlichkeiten in der Art, wie sie das Orchester als Begleitung oder als Gegenspieler verwenden. Meiner Meinung nach war es nicht Elgars Absicht, ein Virtuosen-Stück zu schreiben. Er wollte mit dem Scherzo einen bestimmten Effekt erzielen, einen sehr leichten, raschen Eindruck, der zufällig auch virtuos ist. Die anderen Sätze sind es keineswegs. Das gilt ebenso für das Gál-Konzert. Es hat seine Schwierigkeiten, aber der Ausdruck ist das Primäre. Es gibt andere Konzerte, bei denen man mit reiner Virtuosität durchkommen kann. Hier nicht. 

neue musikzeitung: Könnten Sie etwas mitteilen über Ihre eigene Annäherung an das Gál-Konzert?

Meneses: Zunächst war es nicht leicht für mich, in die Welt Gáls einzudringen und zu verstehen, was er sagen wollte. Je mehr ich eindrang, desto mehr Freude machte es mir und desto mehr entdecke ich, was für ein Juwel dieses Konzert ist, ein Konzert, das zum normalen Repertoire aller Cellisten der Welt gehören sollte. Ich hoffe wirklich, dass diese Einspielung ein erster Schritt dazu sein wird, dass vor allem die jungen Leute es lernen und es dann an ihre eigenen Studenten weitergeben. Wenn man anfängt, seine Welt zu entdecken, dann erfährt man, wie reich sie ist. Erstens ist Gál in technischer Hinsicht zweifellos ein absoluter Meister. Musik kann man nicht einfach erträumen: sie braucht ein wirkliches Handwerk. Die Technik ist vorhanden, folglich hat er die Freiheit, sich durch Musik auszudrücken. Das Konzert ist nicht schwierig in rein virtuoser Hinsicht, wohl aber durch Gáls Art für, das Cello in den höchsten Lagen zu schreiben.  

nmz: Und vielleicht durch die Feinheit des Kontrapunkts, welche unglaubliche Präzision erfordert?

Meneses: Es ist Kammermusik für großes Orchester. Er verwendet das ganze Orchester concertante. Jedes Blasinstrument ist ein Solist. Es ist fast wie ein Doppelkonzert für Cello und Oboe, aber wenn man sieht, wie er die anderen Bläser einsetzt, so hat jeder etwas Wichtiges beizutragen. Es ist ein sehr reichhaltiges Konzert, so viel geschieht unter der Oberfläche.

nmz: Hört man vielleicht das Elgar-Konzert anders durch die Verbindung mit Gál?

Meneses: Ja, gewisse Dinge, die ich bei Gál hörte, haben meine Elgar-Interpretation beeinflusst. Ich hatte neue Ideen, vor allem zum Tempo. Manche spielen viele Stellen zu langsam und dann wird es sentimental. Aber in den Noten ist alles, wie bei Gál, absolut genau. Ich habe Elgars Originalpartitur gesehen. Er hat vieles wegen der Plattenaufnahmen mit Bleistift hineingeschrieben, denn da wusste er, das wird besser so oder so funktionieren. Er wusste sehr genau, wie das Stück gespielt werden sollte.

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