Neue Platten von: Paul Simon, Richard Ashcroft, Tom Petty, Roxette, Band of Horses, Mumford and Sons, Red Hot Chili Peppers und Catfish And The Bottlemen.
Indie-Rock. Geheimtipp. Brit-Pop-Erben. Alles zweifelhafte wie berechtigte Titulierungen, die Catfish And The Bottlemen aus Wales über sich ergehen lassen müssen. „The Ride“ ist das zweite Album nach der ersten Platte „The Balcony“, die ihnen den BRIT Award 2016 als „Best Breakthrough Act“ einbrachte. Alles zu Recht. Denn „Catfish And The Bottlemen“ aasen nicht mit dem Britpoperbe, sie leihen sich Melodien und fügen ihre eigenen Gedanken hinzu. Das sind dann am Ende Songs, deren Refrains hymnischer sind als jene von Oasis, deren textliche Offenheit aber rührender ist als die platten Gallagher-Geschichten. Eine ganz wunderbare Band mit großen Songs (Twice, Emely, Glasgow, Soundcheck) und einer noch lässigeren Haltung als Oasis, Blur oder Pulp (Island).
Große Skepsis beim neuen Album der Red Hot Chili Peppers. Denn: „The Getaway“ wurde ohne Stammproduzent Rick Rubin aufgenommen. Aber keine Angst. „The Getaway“ ist sehr hörbar. Hier und da vernimmt man zwar seichtes Disco-Gepolter, aber im Gesamten bleiben die Chili Peppers sich treu. Traurige Melodien mit sanftem Gitarrengewinsel. Dazu rhythmische Eigenheiten („We turn red“), die Songs in ganz andere Gefilde führen. Dass das ab und an sehr radiotauglich klingt („Sick Love“) ist ja nun auch nicht verwerflich, denn die Chili Peppers wurden schon immer gespielt. Und langsam kann man aufhören, John Frusciante nachzuheulen. (Warner).
Mumford and Sons veröffentlichen mit „Johannesburg“ eine EP. Entstanden während ihrer Südafrika-Tour 2016. Fünf Songs gibt es zu hören, die unter anderem mit dem Musiker Baaba Maal oder der Band The Very Best aufgenommen wurden. Überraschenderweise auch zu hören: südafrikanische Einflüsse. Aber nicht ausladend oder mit dem Stempel „Made in South Africa“ versehen. Das alles schmiegt sich ganz gut in den Folkklang der Mumfords ein (Island).
In der Tat klingen Band of Horses auf ihrem fünften Album „Why are you OK“ fröhlicher als sonst. Die Band, sicher nicht der breitesten Masse bekannt, steht seit jeher für Musik im Sinne von Lebensgefühl. Das kann mal melancholisch ausfallen. Oder realistisch. Aber gerade deswegen macht jedes BoH-Album so viele Freude. Es fördert die Auseinandersetzung mit sich selbst. Auch wenn „Why are you OK“ eher sommerlich tönt, die Wahrheit ist ja immer gern verkleidet. Unbedingt ausprobieren (Caroline).
Über Roxette war viel zu lesen. Sängerin Marie Fredriksson leidet an den Folgen ihrer Krebserkrankung, die zwar besiegt ist, allerdings eine weitere Live-Existenz der Band unmöglich macht. Das Album „Good Karma“ könnte somit das letzte Album der Schweden sein, die seit Jahrzehnten für erfolgreiche Popmusik stehen, deren Belanglosigkeit allerdings nicht wegzudiskutieren ist. So steht „Good Karma“ wieder für perfekt inszenierten Designer-Pop, so wie der VW Golf für die Mittelklasse. Das muss man sich nicht anhören, wer es jedoch tut und darauf steht, hat eine hervorragende Wahl getroffen (Warner).
Tom Petty bleibt Tom Petty. Ob mit oder ohne Heartbreakers. Oder bei Mudcrutch, der bereits 1970 gegründeten und 2007 wiederbelebten Band um Tom Petty. „2“ ist ein Stück Musik, das handgemachter nicht sein könnte. Unendlich schöne Melodien, unendlich leichte Gitarren und unendlich sehnsüchtige Landschaften. Mal Folk, mal Petty-Rock, mal Americana. Ihr Jungen da draußen! Hört und lernt (Warner).
Richard Ashcroft, einstiger Frontmann von „The Verve“, ist ja schon gefühlte Jahrzehnte solo unterwegs. „These People“ zeigt ihn wieder als Songwriter der Oberklasse. Zwar kann man ihm mangelnde Stringenz im Gesamtkontext der Songs vorwerfen (mal Ballade, mal Tanzbeat), aber jeder einzelne Song ist ein Mahnmal. Ans Leben, an Träume und ans Überleben (Cooking Vinyl).
Paul Simons Gradmesser heißt „Graceland“, auch wenn „Stranger to Stranger“ sein aktuelles Album ist. Leider fühlt man sich bei jedem Song an „Graceland“ erinnert. Das mag eine oberflächliche und zu kurz kommende Beobachtung sein, aber die vielen oft unüberschaubaren Rhythmen sind doch ein großer Ballast für die 16 Songs und scheinen irgendwie nur selten aufzuhören. Leider kommen dabei manch wunderbare Melodien („The Riverbank“, „Stranger to Stranger“) einfach zu kurz (Concord Records). ¢