Joseph Haydn: Streichquartette opus 64/5, 33/1 und 76/1. Quatuor Ébène.
Mirare MIR 013
1999 wurde dieses junge französische Quartett gegründet und es feiert seither größte Erfolge. Das gibt einem Vertrauen zurück, denn die vier lassen sich auf keinerlei Gags oder andere modische Finessen ein. Aber sie haben (was Haydn einst über Mozart äußerte) Geschmack und nähern sich den drei Quartetten Haydns mit feinhöriger Sensibilität und intimer Genauigkeit. Wie viel Anmut hat diese Musik, wie viel Würde! Eigentlich wissen wir das, aber wir werden stets wieder vom Trübsinn unzähliger Haydn-Verflachungen umnebelt. Das Quatuor Ébène demonstriert das überwältigend, ganz einfach. Aber schon Brecht wusste, dass das das Schwere ist.
Stefan Wolpe: Passacaglia op. 23; Bühnenmusik zu Molières „Der eingebildete Kranke“; Konzert für neun Instrumente unter anderem WDR SO, Johannes Kalitzke; ensemble recherche, Werner Herbers. mode 156
Weil er kommunistischen Ideen nahe stand, hatte Stefan Wolpe (1902
–1972) ab 1933 in Deutschland keine Überlebenschance (sowohl ökonomisch als auch physisch). Er floh nach Österreich, studierte kurz bei Webern, und dann über die Sowjetunion nach Jerusalem. Dort lebte er von 1934 bis 1938, dann ging die Flucht weiter in die USA. Die CD dokumentiert die vier Jahre in Jerusalem. Ein Musiker von größter gedanklicher und ästhetischer Weite steht vor uns, einer, der das Einfache plastisch und das Komplexe klar zu gestalten wusste. Und auch ein Musiker, der nie wirklich seine Mitte finden durfte. Beeindruckend!
Dieter Mack: Taro; Kammermusik II und III. Ensemble SurPlus.
Edition Zeitklang ez 13019
Fühlbarer Puls, Gesten, wie zum Gespräch, genau ausgefeilte Klanglichkeit, Hintergründiges, Fragiles. Dieter Mack, Jahrgang 1954, lässt keine Schubladen-Einordnung zu. Es geht ihm um Plastik der Darstellung, motivische Stringenz, um die Spannung des Entlang-Horchens an den Erscheinungen, die hier wie Tropfen, dann wie Entladungen (vor allem in der dynamisch exzessartigen Kammermusik III) in die Wirklichkeit treten.
Peter Maxwell Davies: Naxos Quartets Nr. 5 und 6. Maggini Quartet.
Naxos 8.557398
Streichquartette (es sind zehn!) für ein Label, das hat es so noch nie gegeben. Jetzt wurden die Nummern 5 und 6 vom äußerst ambitionierten Maggini Quartet vorgelegt. Die Musiksprache von Peter Maxwell Davies ist weithin konventionell angelegt, was thematische Gestaltung und Charakteristik betrifft. Hierbei entwickeln sie aber Prägnanz und Vielfalt der klanglichen Zeichnung. Der Gesamtkomplex der Quartette ist ein Höhepunkt im Schaffen von Davies.
Giacinto Scelsi: Ohoi; Ave Maria; Anâgâmin; Ygghur; Natura renovatur; Alleluja. Frances-Marie Uitti, Cello; Münchener Kammerorchester, Christoph Poppen.
ECM 1963 (4763106)
Es sind eher entlegene Werke von Scelsi und sie lassen seine Rätselhaftigkeit in noch plastischerem Licht erscheinen. Uitti, die Scelsi schon sehr früh nahe stand, spielt seine späten, nur noch auf die modale Linie abzielenden Stücke hinreißend. Das ihr gewidmete, dreisätzige Stück „Ygghur“ (1961) ist ein ganz zentrales Solowerk aus Scelsis Hochphase des Schaffens, und die drei Streichorchesterstücke „Ohoi“, „Anâgâmin“ und „Natura renovatur“ (1965 bis 1967) erstrahlen mit dem Münchener Kammerorchester in geradezu beschwörend intensiver Süße. Ein Komponist, der mit bohrender Schärfe der Natur des Klangs nachlauscht.