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Pianistische Lösung

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Johann Sebastian Bach: Musikalisches Opfer, Präludium & Fuge BWV 552. Girolamo Frescobaldi: Drei Toccaten. Konstantin Lifschitz
Orfeo C 676071 A

Mit seiner neuesten CD-Einspielung bei Orfeo kreiert Konstantin Lifschitz die faszinierende pianistische Lösung für eines der berühmtesten, zugleich aber rätselhaftesten und wenig vertrauten Werke der Musikgeschichte: Bachs „Musikalisches Opfer“. Die umfangreiche Komposition, bestehend aus 13 Sätzen, einschließlich zweier komplexer Fugen (drei und sechsstimmig) sowie einer Triosonate, widmete Johann Sebastian Bach dem Preußen-König Friedrich II. Der Anordnung mangelt es an Einheitlichkeit und Logik, so dass das Werk im Konzertleben kaum heimisch wurde, aber mehrfach zu Bearbeitungen herausforderte. Die berühmteste schuf Anton Webern für das Kernstück des „Musikalischen Opfers“, das „Ricercare a 6“ oder die „Preußische Fuge“.

Der russische Pianist hat sich intensiv mit diesem Spätwerk Johann Sebastian Bachs auseinandergesetzt und präsentiert es erstmals als komplette Klavierbearbeitung. Der Pianist folgt in der Umsetzung beziehungsweise Wiedergabe nicht der großen russisch-romantischen Tradition, sondern beschränkt sich, wie Lifschitz im Booklet vermerkt, auf „ ein gewisses Konglomerat von verschiedenen Instrumentenkenntnissen oder, genauer, sonoristischen Vorstellungen“. Dies schließt die hohe Kunst des Pedalgebrauchs ein, wobei sein Klavierton niemals trocken oder gar asketisch wirkt. Seine Interpretation überzeugt durch Transparenz und Klangschönheit. Subtile Anschlagskultur verbindet er mit Geist und Poesie, wobei er die Möglichkeiten des modernen Konzertflügels souverän ausschöpft. Jene Stellen, an denen er die Klangfülle und Struktur seines „Klavierauszugs“ nicht in die Finger zu bekommen scheint, bewältigt Lifschitz vierhändig im „Playback mit sich selbst“, um seinem Anspruch optimal gerecht zu werden.

Mit fein geschliffenem, klarem Klavierton spürt er die Struktur des Werkes auf, kehrt sein persönliches Profil hervor. Quasi als Zugabe serviert Lifschitz noch drei Toccaten von Girolamo Frescobaldi, die sich als wahre Raritäten erweisen. Die „freien“ Cembalostücke mit ihrem organischen Motiv-Wuchs und virtuosen Schliff offenbaren sich für den Pianisten als eine Spielwiese des Frühbarock, was wiederum Gelegenheit zu brillantem Agieren gibt. Ein umfangreiches, sehr informatives Begleitheft komplettiert die Aufnahme.
Der Künstler nimmt uns mit auf eine bewegende Reise in unbekannte Gefilde und macht Lust auf weitere spannende Auseinandersetzungen mit Barockmusik.

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