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Regina Spektor – What we Saw from the Cheap Seats
Regina Spektor – What we Saw from the Cheap Seats
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Qualität hat viele Namen

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Veröffentlichungen der Popindustrie im Mai
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Regina Spektor – What we Saw from the Cheap Seats +++ Debbie Clarke – Manhattanhenge +++ Músicas intermináveis para Viagem – II +++ SWR Big Band – Die Besten im Südwesten +++ La Vela Puerca – Piel y hueso +++ Norah Jones – Little Broken Hearts

Ja, es gibt sie noch. Die Musik, die staunen lässt. Der man anhört, noch Musik zu sein. Regina Spektor ist es wieder einmal, die uns daran erinnert. Elf Songs nahm sie für „What we Saw from the Cheap Seats“ auf. Entstanden im letzten Jahr, während sie zwei Monate in Los Angeles weilte. Hauptsächlich ist es neues Material, aber da sie einiges auf Halde hatte, gibt es auch ein paar ältere Songs zu hören. Natürlich ist ihre große Stärke das Piano. Dann vor allem, wenn sie dazu singt. Und sonst nichts. Sie vermittelt dabei stets den Eindruck vertraut zu sein, überrascht aber im nächsten Moment mit Irrwitz, Unberechenbarkeit und Intuition. Popmusik könnte so klingen. Regina Spektor allerdings klingt absolut eigen. Hörhinweis: alles!

Debbie Clarke und ihr Album „Manhattanhenge“ vereinen tatsächlich Folk, Pop, Country und Gospel. Klappt ja nicht immer, dieser gewagte Ritt auf allen Hochzeiten. Denn verkaufbar sollte das auch noch bleiben. Allerdings, wie Debbie Clarke das arrangiert, ist aller Ehren wert. Zusammen mit Produzent Tony Visconti (auch David Bowie) gelingt es ihr, aus all diesen musikalischen Hypotheken ein stimmiges Album zu kreieren. Schön, zurückhaltend, aber führend: ihre Stimme. Immer das rettende Ufer. Auch wenn die Songs drohen, davon zu schwimmen. Harmonisch, nie blass, die Arrangements. Letztendlich ein All-Jahres-Album. Zum Sommer wie zum Winter. 

Keine Ahnung, was Músicas intermináveis para Viagem mit ihrem Album „II“ da vorhaben. Aber es ist geil. Das brasilianische Duo kümmert sich nicht um Schemata. Sie machen, was Gitarre und Schlagzeug hergeben. Das klingt alternativ und independent angefahren wie „der gesang des freien raben“, ist aber im Gesamten gesehen ein spektakuläres Stück Musik, das mit jedem Song beginnt. Gut, die immanente Dynamik der Songs ist nichts Neues. Aber können muss man das. Ja, das Bandinfo hat nicht unrecht, wenn es behauptet, man könnte hier und da Krautrock hören. Aber eigentlich ist es ein schwieriges Stück Arbeit, das sie uns da aufgeben. Hörhinweis: „fonk“, „berliner passage“, „fluxo“.

Nachdem die SWR Big Band das 60-jährige Jubiläum Baden-Württembergs bereits mit einer „Pop-Würdigung feierte, darf man die armen Jazz-Teufel freilich nicht allein stehen lassen. Nun also das gleiche in „Grün“: Die Besten im Südwesten – Das Jazz-Album. Zusammen mit honorigen Jazzern, die noch dazu ein paar Landesjazzpreise in den Ring werfen, gelingt der SWR Big Band ein mehr als formidables Album, das humorigen, befreiten, unprätentiösen Jazz präsentiert. Keine Fesseln und fast keine Spielregeln geben die Schlagzahl vor. Kein Kritikpunkt. Nur Zustimmung. Hörhinweis: alles

La Vela Puerca. Ein Name wie in Gedicht. Musik wie eine Ode. Und zwar eine verdammt rockige, nimmt man das aktuelle Doppelalbum „Piel y hueso“ als Markierungslinie. Rockmusik aus Uruguay ist sicher nicht der letzte Schrei in Deutschland. Aber eine Menge Le ute wissen um die Qualitäten dieser wahrscheinlich einzigen Band aus Uruguay. Früher im dezenten Ska-Rhythmus gefangen, sind La Vela Puerca mittlerweile beim gnadenlosen Rock angekommen, der immer noch ihre Stärken vereint. Wunderbare wie unabgedroschene Melodien, weitläufige Arrangements, die wissen, was Freiheit bedeutet, und eine kumpelige Attitüde, die jeden Song zum „Buddy“ werden lässt. Mensch, machen die Jungs Spaß. Hörhinweis: alles.

Norah Jones, das Pop-/Jazz-Herzchen kann auch anders, wie „Little Broken Hearts“ zeigt. Traurig, vielleicht wütend, schmerzempfindlich, brüchig, angeknackst und leidend stellt sich in vielen Songs des Albums vor. Passt, der Anzug. Zumal sie ihre oft süßen Poppfade gänzlich verlässt. Das nennt man unter Fans dann Polarisation. Nicht ungelungen. Hörhinweis: die erste Hälfte des Albums.

Diskografie

  • Regina Spektor – What we Saw from the Cheap Seats (Warner, 25.05.2012)
  • Debbie Clarke – Manhattanhenge (Warner, 11.05.2012)
  • Músicas intermináveis para Viagem – II (Solaris Empire, 08.06.2012)
  • SWR Big Band – Die Besten im Südwesten (edel:kultur, 20.04.2012)
  • La Vela Puerca – Piel y hueso (KKT, 25.05.2012)
  • Norah Jones – Little Broken Hearts (Blue Note Records, 28.04.2012)

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