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unüberhörbar 2020/09

Untertitel
Hiller | Urspruch | Sammartini | Französische Violinsonaten | Tzvi Avni
Publikationsdatum
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Hiller-Urspruch – Forgotten Treasures. Works for Cello and Piano. Joanna Sachryn, Cello; Paul Rivinius, Klavier. Kaleidos +++ Giuseppe Sammartini: Sonaten für Blockflöte und Basso continuo, Vol. 1. Andreas Böhlen, Blockflöte; Michael Hell, Cembalo; Daniel Rosin, Barockcello; Pietro Prosser, Laute. Aeolus +++ Fantasque – Französische Violinsonaten (Fauré, Debussy, Ravel, Poulenc). Franziska Pietsch, Violine; Josu de Solaun; Klavier). Audite +++ Tzvi Avni: Concerto for Piano and Orchestra. Deutsche Radio Philharmonie; Heidrun Holtmann, Klavier; Jamie Phillips, Dir. Hänssler

Hiller-Urspruch – Forgotten Treasures. Works for Cello and Piano. Joanna Sachryn, Cello; Paul Rivinius, Klavier. Kaleidos

Als die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten noch jung und mit neuem aufklärerischem Auftrag unterwegs waren, produzierten  sie große Symphonik und klein besetzte Kammermusik. Mittlerweile haben die meisten ihr eigenes Label samt eigener Rund-um-die-Welt-Tourneen. Und in diesem Umfeld ereignen sich ungeahnte Überraschungen. Solch eine legt der Hessische Rundfunk dieser Tage vor, als Weltersteinspielung. Mit Musik von zwei Komponisten, die nicht zur Top-Etage zählen: Anton Urspruch und Ferdinand von Hiller. Vor allem Hiller verzaubert. Während sein Kollege Urspruch mindestens überrascht. Das hat mit der feingliedrigen Qualität der Partituren zu tun. Vor allem aber mit den wundervollen, sensibel zupackenden Interpreten Joanna Sachryn und Paul Rivinius. Voller Raffinessen und Feinheiten. Unbedingt anhören. [Wolf Loeckle]

Giuseppe Sammartini: Sonaten für Blockflöte und Basso continuo, Vol. 1. Andreas Böhlen, Blockflöte; Michael Hell, Cembalo; Daniel Rosin, Barockcello; Pietro Prosser, Laute. Aeolus

Zwar punktet bereits das dreisprachige Booklet mit vorbildlicher Ausführlichkeit. Dennoch konnte ich mir vor dem Einlegen dieser SACD kaum vorstellen, mir fünf Viertelstunden spätbarocke Kammermusik für Blockflöte am Stück anzuhören – und zwar ohne jede Ermüdung, ja sogar mit wachsender Begeisterung. Das auch audiophilen Ansprüchen genügende Hörvergnügen verdankt sich zu gleichen Teilen der unfehlbaren Inspiration Giuseppe Sammartinis (er hinterließ, obwohl als größter Oboist seiner Zeit bewundert, bizarrerweise hauptsächlich Stücke für eine oder zwei Altblockflöten) wie den Tonbildungs- und Phrasierungskünsten Andreas Böhlens (der parallel eine Karriere als Jazzsaxophonist verfolgt). Ein guter Anlass also, sowohl einen vorzüglichen Komponisten als auch einen wunderbaren Interpreten zu entdecken! [Mátyás Kiss]

Fantasque – Französische Violinsonaten (Fauré, Debussy, Ravel, Poulenc). Franziska Pietsch, Violine; Josu de Solaun; Klavier). Audite

Der Sammelbegriff für die dramaturgisch dichte Kompositionsauswahl auf dieser CD wurde herausgelöst aus dem Untertitel des mittelsätzigen „Intermède“ von Debussys Violinsonate. „Fantasque“ charakterisiert die vier Sonaten und ihre überzeugend geschlossene Wiedergabe. Denn so „wunderbar“ wie „phantastisch“ durchdringt Franziska Pietsch diese geistreich, aber auch emotional geprägte Musik, lässt sie künstlerisch hochsensibel und klangschön erblühen. Josu de Solaun – versierter Klaviervirtuose, von dem auch der kennenswerte, von Wolfgang Rathert deutschsprachig bearbeitete Booklettext stammt – geht aufmerksam auf Pietschs bewusst kammermusikalisch gesetzte Grenzziehungen ein, hält aber auch starke Eigenakzente, wo sie einen Zugewinn bedeuten, nicht zurück. Eine alles in allem feine, hochgestimmte Edition – und deshalb unüberhörbar. [Hanspeter Krellmann]

Tzvi Avni: Concerto for Piano and Orchestra. Deutsche Radio Philharmonie; Heidrun Holtmann, Klavier; Jamie Phillips, Dir. Hänssler

Solche Interpreten brauchen die Komponisten: Musiker, die sich für sie engagieren und zu neuen Werken herausfordern. Die bei internationalen Wettbewerben ausgezeichnete Berliner Pianistin Heidrun Holtmann hat für sich den Komponisten Tzvi Avni entdeckt. 2009 spielte sie mehrere seiner Klavierstücke für eine NEOS-CD ein und regte ihn danach zu einem Klavierkonzert an, das sie 2010 in Duisburg zur Uraufführung brachte. 2017 gastierte Holtmann  mit diesem Konzert in Saarbrücken, wo die vorliegende Aufnahme mit der Deutschen Radio Philharmonie entstand. Von Saarbrücken, seinem Geburtsort, ist Tzvi Avni als Kind mit der Familie nach Palästina geflohen. Nach dem Studium bei den deutschstämmigen Abel Ehrlich und Paul Ben-Haim gehört er heute zu den bedeutendsten Komponisten Israels. Seine langjährige Tätigkeit als Musikpädagoge und bei der Jeunesses Musicales Israel verband ihn eng mit der Jugend. So trägt das spielerische Finale des Klavierkonzerts die Überschrift „Youth Images“. Dieses Werk besitzt auch autobiographische Züge, wenn es im perkussiven Kopfsatz („Confrontations“) israelische Konflikte andeutet. In Avnis Musik, die Klangelemente Strawinskys und Bartóks bis zum Cluster erweitert, dominieren dann aber doch freischwingende Melodik und tänzerischer Optimismus. Die durch weitere Klavierwerke Avnis ergänzte Aufnahme überzeugt durch Transparenz und Klangsensibilität. [Albrecht Dümling]

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