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Wenig Asche im Plattensommer

Untertitel
Neuveröffentlichungen der Popbranche im Mai
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TokTokTok – Revolution69 *** Madonna – Sweet & Sticky Tour *** Danko Jones – Below the Belt *** Julia A. Noack – 69.9 *** Neil Cowley Trio – Radio Silence *** Silke Frost – Tagebuchmusik *** Kellner – Hey Dude

Tokunbo Akinro und Morten Klein als TokTokTok übertreffen sich. Diesmal sind es Beatles-Songs. Aus der jahrelang schwelenden Idee zauberten sie nun mit „Revolution69“ eine Platte, die in der Anthologie der Beatles-Coveralben weit oben stehen wird. Sie verzaubern, verhexen, betören und erregen. Zwar mit altem Songmaterial, aber mit einer penetrant-guten und fast unverschämten TokTokTok-Eigenart, die man insbesondere bei diesem Album für den Rest seines Lebens nicht mehr missen möchte. Was hat man schon für zusammengewürfelte, mit dem Schmiedeeisen verdroschene „Help“-Versionen gehört. Eingedenk der 120-Beats-per-Minute-Versionen sämtlicher Schülerbands. Bei TokTokTok klingt das ratzekahl entrückt. Wie eigen und die Faust aufs Auge. Ein kompliziertes Thema klug gelöst. Hörhinweis: Help. www.toktoktok.net

Da muss man keine Lobhudelei betreiben. Der antike aber anhaltend zeitgemäße Madonna-Entertainment-Karren funktioniert selbstredend auch 2010 ohne Stottern. Ist auch gut so, sonst hätte der Popgroove-Nachwuchs überhaupt kein Vorbild mehr. Dreieinhalb Jahre Welttour mit massenhaft gebrochenen Rekorden finden sich samt Werkschau mit CD & DVD auf „Sweet & Sticky Tour“ vereint. Wer nicht live dabei war, darf hier eine Brise Popgeschichte schnüffeln. Hörhinweis: alles. www.madonna.com

Danko Jones ist ein unbeugsamer Kanadier, der seit Jahren pathetisch fies sein Ding durchzieht. Rockmusik. Nicht mehr, nicht weniger. Auf „Below the Belt“ bekannt rifflastig, gesanglich eine Nuance grimmiger als auf früheren Alben. Gut, in manchen Ritzen des Albums findet sich ein Staubkörnchen Henry Rollins oder die Kompromisslosigkeit der frühen Dirty Americans. Stört jedoch nicht. Ein Stück Wahrheit hat noch keinem geschadet. Hörhinweis: Full of regret, Tonight is fine. www.dankojones.com

Überdurchschnittlicher Songwriter-Pop mit einer Abstufung Indie kommt mit Julia A. Noack und ihrem zweiten Album „69.9“ aus Berlin. Vergleiche braucht sie nicht zu scheuen. Denn: da gibt’s nichts zu vergleichen. Wo andere sich an Ikonen der gitarrenbegleitenden Lyrik abarbeiten, bleibt sie unbeeindruckt autark. Versinkt nie in knöcheltiefer Melancholie, sondern rudert sich mit strammen Zügen immer wieder ans seriöse Ufer des eingängigen, aber nicht belanglosen Songschreiberpops. Mehr davon wäre nicht schlimm. Hörhinweis: Sudden Twist, Bee Buzzin’. www.julianoack.com

Ein Trio. Genannt Neil Cowley Trio. Gruppiert um den Pianisten, Namensgeber und Hitzkopf der Dreisamkeit. Der von ekstatisch bis gedrängt klagend agiert. Der dem Piano herzens-traurige Töne entlockt, um im nächsten Augenblick einen pianistischen Heavy Metal anzustimmen. Und dabei wie selbstverständlich nie vergisst jazzig zu wirken, honkytonkig zu performen und sogar noch die Mainstreamkurve erwischt. „Radio Silence“ gehört 2010 zum großen Kino der Crossoverplatten. Was keine Kategorisierung sein soll. Aber wo bitte steckt man den sonst hin? Hörhinweis: Gerald, Radio Silence.  www.neilcowleytrio.com

Frau mit Gitarre. Oft eine Reinkarnation von Juliane Werding. Manchmal schwierig. Silke Frost passt ein wenig in das Schema. Und „Tagebuchmusik“, ihr erstes Album, wirkt ein wenig verspielt. So wie der Albumtitel. Da muss man mal ehrlich sein und feststellen: Manche Songs schrammen und schrammeln haarscharf am Schlager vorbei. Ansätze ja. Aber ein bisschen mehr Tiefe dürfte doch sein. Hörhinweis: Froschkönigin.
www.silkefrost.de

Mathias Kellner und sein zweites Album „Hey Dude“. Titelmäßig kein Brüller. Aber gemessen wird dann doch am Inhalt: Ambitionierter Radio-Wandergitarren-Pop mit prägender Stimme, übersichtlicher Instrumentierung und keinerlei Experimenten. Das klappte bereits auf dem ersten Album vorzüglich und wurde mit Radioeinsätzen belohnt. „Hey Dude“ ist keine Steigerung, Reifung oder Neuerfindung. Aber mal ehrlich: Haben AC/DC das je gebraucht? www.kellner-music.de

Diskografie

  • TokTokTok – Revolution69 (07.5.2010, BHM)
  • Madonna – Sweet & Sticky Tour (26.3. 2010, Warner)
  • Danko Jones – Below the Belt (14.5. 2010, Bad Taste Records)
  • Julia A. Noack – 69.9 (7.5.2010, Timezone)
  • Neil Cowley Trio – Radio Silence (28.5.2010, Naim Records)
  • Silke Frost – Tagebuchmusik (30.4.2010, BMG RIGHTS)
  • Kellner – Hey Dude (30.4.2010, südpolrecords)

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