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Figaro im Kirschgarten, Don Giovanni in Köln

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Mozart-Opern auf Video-DVD – eine selektive Sichtung des Angebots
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Ein Jahr nach Einführung der DVD gibt es nicht weniger als 16 Video-Scheiben mit Mozart-Opern – davon allein sechs verschiedene „Don Giovannis“, beim „Figaro“ sind es immerhin noch vier. Leider wird die Entscheidung zwischen Auge und Ohr oft zur Gretchenfrage. Nur wenige Fälle überzeugen in beiderlei Hinsicht. Deshalb an dieser Stelle eine Auswahl mit empfehlenswerten Produktionen ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Ein Jahr nach Einführung der DVD gibt es nicht weniger als 16 Video-Scheiben mit Mozart-Opern – davon allein sechs verschiedene „Don Giovannis“, beim „Figaro“ sind es immerhin noch vier. Leider wird die Entscheidung zwischen Auge und Ohr oft zur Gretchenfrage. Nur wenige Fälle überzeugen in beiderlei Hinsicht. Deshalb an dieser Stelle eine Auswahl mit empfehlenswerten Produktionen ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Um es gleich vorweg zu schicken: Fast alle Video-DVDs haben einen Vorteil – sie verströmen Theateratmosphäre. Und manchmal erlebt man sogar ein Ensemble, das aufeinander hört und reagiert wie ein gut eingespieltes Streichquartett, etwa im „Don Giovanni“ aus der Kölner Oper (Arthaus 100 020): Der überwältigende Leporello von Ferrucio Furlanetto und Thomas Allen als dämonischer Don geben ein unschlagbares Tandem, das vom Dirigenten James Conlon unaufhaltsam vorangetrieben wird, während Michael Hampe anderswo schon einfallsreicher inszenierte. Die Konkurrenz ist nur in Teilaspekten interessant: Beim Salzburg-Film von 1954 (Deutsche Grammophon 073 019-9) kommen Stimm-Freaks auf ihre Kosten: Dass Wilhelm Furtwänglers Leitung nur geringen Bewegungsimpuls entwickelt, machen Elisabeth Grümmer als sensible Donna Anna und der lebenshungrige Giovanni von Cesare Siepi schnell vergessen. Wer lieber eine moderne Inszenierung sehen will, sollte es mit Jürgen Flimms Arbeit aus Zürich probieren – schon wegen der stimmungsvollen Bühne von Erich Wonder (Arthaus 100 328). Dafür hemmen Nikolaus Harnoncourts disparate Tempi den großen Bogen, die Besetzung wirkt unausgewogen.

Bei „Le nozze di Figaro“ fängt man schneller Feuer. Von den zwei guten Produktionen ziehe ich die Paris-Aufnahme (Archiv 073 018-9) derjenigen aus Zürich (TDK DV-OPNDF) vor. Bestimmt verstrickt Jean Louis Thamin seine Protagonisten nicht in ein derart psychologisch-verzweigtes Geflecht wie Jürgen Flimm in Zürich, der die latente Erotik mit einem Hauch von Décadence in Szene setzt, bei Wonders satten Tableaus kommt man sich vor wie in Tschechovs „Kirschgarten“. Doch John Eliot Gardiners Präzision und Lebendigkeit machen in Paris alles Optische zur Nebensache: das Orchester vibriert vor Spannung. Dazu schlägt ein unbezwingbares Männer-Quartett mit dem Belcanto-Figaro von Bryn Terfel das Zürcher Ensemble um Längen. Bei der Aufzeichnung aus Glyndebourne (Warner 0630-14013-2) geht es einem wie mit Furtwänglers „Giovanni“: Man sehnt sich vergebens nach individuellen Akzenten von Regisseur und Dirigent (Stephen Medcalf und Bernhard Haitink). Doch die cremig-schmelzende Contessa von Renée Fleming, das Phrasierungs-As Gerald Finley und die quirlige Susanna von Alison Hagley trösten über manche Schwachstelle hinweg.

Dass „Così fan tutte“ mit nur einer Aufzeichnung so unterrepräsentiert ist, finde ich schade. Jedenfalls wird demnächst bei der DG das Gardiner-Video auf DVD erscheinen. Bis dahin lässt sich mit der Zürcher Produktion recht gut leben (Arthaus 100 012). Musikalisch ist sie ohnehin die gelungenste aus dem Da-Ponte-Zyklus von Harnoncourt/Flimm: Die Sänger verschmelzen zum Ensemble, Cecilia Bartoli zeigt nie, dass sie der Star des Abends ist.

In Bezug auf die Sänger finde ich die Münchner „Entführung aus dem Serail“ fast noch gelungener (DG 073 020-9) – vor allem wegen dem heißblütigen Belmonte Francisco Araiza und Edita Gruberova als souveräne Konstanze. Die gemütliche Hand Karl Böhms allerdings wird nicht jedermanns Sache sein. Trotzdem: Die Aufführung macht 150 Minuten lang Spaß und das hat sicher mit der schwerelosen Regie von August Everding zu tun. Im Vergleich dazu ist die Stuttgarter Version (Arthaus 100 178) zwar wesentlich individueller, weil Hans Neuenfels die Figuren mit psychologischer Finesse modelliert. Doch weder Matthias Klink (Belmonte), noch Catherine Naglestad (Konstanze) werden ihren heiklen Partien ganz gerecht, dazu ist Lothar Zagrosek mit dem Orchester oft „einen Tick vorne“.

Nicht ganz so viel Diskussions-Stoff bietet „La clemenza di Tito“ aus Glyndebourne (Arthaus 100 406). Aber Nicholas Hyntners penible Regie, der faszinierende Charakter-Tito von Philip Langridge und die vor Leidenschaft brennende Martine Mahé (Annius) halten einen ständig am Denken und Fühlen. Der idealen Balance von Auge und Ohr entspricht auch das nicht. Aber es kommt ihr nahe.

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