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Alban Bergs Lulu feierte im Mai 2015 Premiere
Alban Bergs Lulu feierte im Mai 2015 Premiere
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Gebremste Frauenpower

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Opernneuheiten von Vinci bis Berg auf DVD und Blu-ray
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Die Tonträger-Ausbeute für Fans des Dirigenten Kirill Petrenko ist eher bescheiden, und das wird sich wohl auch erst dann ändern, wenn er sein Amt als Chef der Berliner Philharmoniker angetreten hat. Umso erfreulicher, dass nun wenigstens eine seiner bejubelten Amtshandlungen an der Bayerischen Staatsoper festgehalten wurde.

Alban Bergs Lulu feierte im Mai 2015 Premiere, und diese Produktion (mit Friedrich Cerhas Komplettierung des dritten Aktes) war nicht nur wegen Petrenkos akribischen, die Partitur aber gleichzeitig klangsinnlich auffächernden Dirigats, sondern auch wegen Marlis Petersen ein Ereignis (siehe auch die Premierenkritik auf nmz Online). Dass ihre in der vokalen Bewältigung überragende Interpretation der Titelrolle, die sie mehrfach unter Beweis gestellt hat, nun endlich dokumentiert wurde, ist ein zusätzlicher Pluspunkt dieses auch in den weiteren Rollen erstklassig besetzten, technisch ausgezeichneten Mitschnitts. Ob man sich auch mit Dmitri Tcherniakovs unterkühlter, keine rechte Haltung zum Stoff entwickelnder Inszenierung anfreunden mag, gerät da schon fast zur Nebensache. (BelAir)

Tcherniakovs Sicht auf die Protagonistin ist aber immerhin im 21. Jahrhundert angekommen, was man von Kasper Holten und seinen Bregenzer Carmen-Wasserspielen nicht behaupten kann. Sein plumpes Hantieren mit Erotik-Versatzstücken bereitet ebenso wenig Vergnügen wie das unvermeidliche, bei diesem Stoff ziemlich an den Haaren herbeigezogene Bodensee-Geplantsche. Lichtblick ist die sehr gut gesungene Carmen von Gaëlle Arquez, nur leider hat die Sängerin die Angewohnheit, fast durchweg hinter dem unter Paolo Carignani ohnehin ständig nachgebenden Orchester herzusingen. Das übrige Ensemble kommt über solides Mittelmaß nicht hinaus, und der optische Effekt des wieder einmal brillant konzipierten Mammut-Bühnenbildes nutzt sich dann auch irgendwann ab. (C major)

Von anderem Kaliber ist da die Pflege der französischen Oper, die das Royal Opera House Covent Garden mit Rossinis Guillaume Tell zu bieten hat. Unter Antonio Pappanos kundiger Stabführung entfaltet dieses Meisterwerk seine ganze Faszination. Daran hat natürlich auch das internationale, aber weitgehend idiomatisch artikulierende Ensemble seinen Anteil, allen voran Bariton Gerald Finley in der Titelrolle und John Osborn in der anspruchsvollen Tenorpartie des Arnold. Jonathan Haswell findet immerhin einige zeitlose, eindringliche Bilder für den Schweizer Befreiungskampf aus Fremdherrschaft und Unterdrückung. (Opus Arte)

Nur für unerschrockene Raritätensammler und Opernspezialisten ist der Mitschnitt geeignet, der von einer Aufführung beim Maggio Musicale Fiorentino erstellt wurde. Leonardo Vincis Vertonung von Pietro Metastasios Epoche machendem Libretto Didone abbandonata ist opernhistorisch bedeutsam, entfaltet in der hölzernen Bühnen-Sparversion von Deda Cristina Colonna aber kaum mitreißende Theatralik. Ein übriges tut das unsaubere Spiel des „historisch informiert“ sich gebenden Orchesters unter Carlo Ipata. Das ordentliche Sängerensemble, das die anspruchsvollen Partien gut bewältigt, hätte Besseres verdient gehabt. (Dynamic)

Weitgehend blutarm ist leider auch die Pariser Inszenierung von Mozarts Così fan tutte durch die Choreographin Anne Teresa De Keersmaeker geraten. Ihr Bewegungsminimalismus, bei dem die sechs Sänger/-innen jeweils von Tänzern/-innen gedoppelt werden, braucht lange, um eine gewisse Wirkung zu entfalten. Hat man sich darauf eingestellt, ist man aber bald auch schon wieder enttäuscht, wie wenig die Regisseurin mit ihren Zuordnungen im Raum über die wechselnden Paarkonstellationen auszusagen im Stande ist. Erstaunlich uninspiriert und mitunter schlampig spielt das Orchester und singt auch der Chor der Opéra National de Paris unter Philippe Jordan, immerhin ist das Solistenensemble ausgezeichnet. (Arthaus)

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