Es gibt TV-Themen, die sich ins kollektive Musikgedächtnis einbrennen. „Mission: Impossible“ gehört zweifellos dazu. Lalo Schifrin hat die Erkennungsmelodie der Serie „Kobra, übernehmen Sie“ 1966 im Fünfvierteltakt geschrieben. Zwei lange, zwei kurze Töne, das entspricht im Morsealphabet den Buchstaben M und I, also Mission Impossible. Das Thema ist zum musikalischen „Logo“ von Lalo Schifrin geworden, der 1932 in Buenos Aires geboren wurde. Die französische Universal hat dem argentischen Film- und Jazzkomponisten, der den Hollywood-Sound der Sixties entscheidend mitgeprägt hat, nun ein 16-CD-Box Set gewidmet: „The Sound of Lalo Schifrin“.

16-CD-Box Set: „The Sound of Lalo Schifrin“
Im Fünfvierteltakt nach Hollywood
Lalo Schifrins erster Klavierlehrer war Enrique Barenboim, der Vater Daniel Barenboims. Im Alter von 20 Jahren bewarb sich Schifrin am Conservatoire de Paris. Am Tag studierte er bei Olivier Messiaen und Charles Koechlin, in der Nacht spielte er Jazz in den Pariser Clubs. 1956 lernte er Dizzy Gillespie kennen, für den er noch im selben Jahr die „Gillespiana“ komponierte und arrangierte. Als die Suite 1960 auf Platte erschien, saß Lalo Schifrin am Klavier. Kurz danach bot ihm MGM/Verve einen Vertrag an. Innerhalb kurzer Zeit erschien ein ganzes Alben-Paket, darunter vorzügliche LPs wie „Piano, Strings And Bossa Nova“, „Samba Para Dos“ oder „New Fantasy“. Als die Filmfirma Metro-Goldwyn-Mayer nach einem Komponisten suchte, der vielleicht Henry Mancini Konkurrenz machen könnte, stieß man auf Schifrin, der bei den hauseigenen MGM-Records unter Vertrag stand. Man glaubte, er sei der richtige Mann für ein neues Projekt des Produzenten Ivan Tors: „Rhino!“. Anfangs sträubte sich Tors noch dagegen, weil er Mancini oder Goldsmith dafür haben wollte. Als ihm die Filmfirma dann aber Schifrin als „Mancini“ von MGM-Records verkaufte, schlug er ein. „Rhino!“ ist heute längst vergessen. Aber damit begann Lalo Schifrins Karriere als Filmkomponist, die bis in die Nullerjahre des neuen Jahrtausends andauernd sollte.
Mit „Rhino!“ hatte sich für Lalo Schifrin ein Traum erfüllt, wie er mir in einem Interview erzählte. Seit er Anfang der fünfziger Jahre in einem Kino den jazzigen Score von Alex North zu „A Streetcar Named Desire“ gehört hatte, war sein innigster Wunsch gewesen, Filmkomponist zu werden. Ein Jahrzehnt später hatte er es geschafft: er konnte seine Liebe zum Jazz und zum Kino miteinander verbinden. Im Unterschied zu Quincy Jones, der zur selben Zeit begann für das Kino zu arbeiten, blieb Lalo Schifrin dem Kino ein Leben lang treu. Ein Sänger übrigens verbindet die beiden genialen Musiker: Ray Charles. 1965 sang Charles den Titelsong zu Schifrins „Cincinatti Kid“ und zwei Jahre später konnte man ihn im Vorspann zu Jones’ „In the Heat of the Night“ hören. Auf einer CD dieser Box kann man all die anderen Songs hören, die im Laufe der Zeit zu Standards geworden sind: „Down Here On The Ground“ (aus „Cool Hand Luke“) in den Versionen von Wes Montgomery und Lou Rawls, „The Cat“; „Bullitt“ (mit Wilton Felder), „Joy House“ (mit Peggy Lee), „On Rainy Afternoons“ (mit Barbra Streisand) oder „Mannix“ im Sechsachteltakt.
Auf 16 CDs versammelt dieses Box Set mit Buch die Highlights im Schaffen von Lalo Schifrin. Allein zwei CDs sind den frühen Verve-Jahren gewidmet. Und auch die Zusammenarbeit mit Dizzy Gillespie wird auf zwei CDs gewürdigt. Ausschnitte aus Schifrins umfangreicher „Jazz Meets The Symphony“-Reihe ergänzen den Jazz-Teil. Im Zentrum aber sind hier natürlich all die exzellenten Scores. Komplett gibt es: „Mission: Impossible“, „Mannix“, „Bullitt“, „Cool Hand Luke“, „Murderer’s Row“ und Alben wie „Schifrin-Sade“, „Rock Requiem“, „Once A Thief“ oder „There’s A Whole Lalo Schifrin Goin’ on“.
Jeweils eine CD ist seinen „Dirty Harry“-Scores und den „Kung Fu“-Soundtracks gewidmet. Zusammen mit einem dreiteiligen „Soundtrack Panorama“ (mit Raritäten wie „Coogan’s Bluff“, „THX 1138“ oder „Charley Varrick“) ergibt das ein fast vollständiges Bild des Schaffens eines stilbildenden Filmkomponisten.
Und so reiht sich Lalo Schifrin wunderbar ein in diese Box-Set-Reihe der französischen Universal, die mit Ennio Morricone, Legrand und Williams begann.
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