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Soundtrack 2023/05

Untertitel
FRENZY, Quartet Records
Publikationsdatum
Body

Für den Soundtrack-Historiker dürfte das die Veröffentlichung des Jahres sein: „Frenzy“. Diese tiefschwarze Thriller-„Komödie“ von 1972 gilt als letztes Meisterwerk des genialen Regisseurs Alfred Hitchcock. Ein zweites Mal hatte er den ursprünglichen Score abgelehnt. Wir erinnern uns: Als Hitchcock 1966 die Filmmusik seines kongenialen Hauskomponisten Bernard Herrmann für „Torn Curtain“ durch einen Score von John Addison ersetzt hatte, zerbrach die Freundschaft. So tragisch war es dieses Mal nicht.

Henry Mancinis Filmmusik für „Frenzy“ hatte Hitchcock gegen einen Score des „Miss Marple“-Komponisten Ron Goodwin ausgetauscht. Ironischerweise hatte er sich einst für „Torn Curtain“ von Herrmann einen Soundtrack im „Mancini“-Stil erwartet. Dieses Mal aber war Hitchcock von Mancini enttäuscht. Sein Score klang eher wie einer von Herrmann. Der Goodwin-Soundtrack wurde nicht veröffentlicht und die düs­tere Mancini-Musik verschwand in den Archiven. Die spanischen Soundtrack-Spezialisten von Quartet Records haben nun die Bänder entstaubt und beide „Frenzy“-Soundtracks gekoppelt. Ein Double-Feature, das zum Vergleich anregt. Hitchcock hat seinen Film über einen Würger in London als schwarze Komödie inszeniert. Das dürfte ihn zu dem vermeintlich „leichtgewichtigen“ Henry Mancini geführt haben, der den Stoff dann aber bitter ernst nahm und auf den Spuren von Herrmann wanderte. Von Ironie war da nichts zu spüren. Kein „Pink Panther“ guckte da um die Ecke, sondern ein Bruder von Jack the Ripper, „the lodger“. Also engagierte Hitchcock Ron Goodwin für die Filmmusik. Allerdings zeigte sich Goodwin nicht von seiner leichteren Seite. Auch bei ihm spukte der dunkle Romantiker Herrmann herum. Es war wie ein Fluch. Egal, wen er für seine Filmmusik einspannte, immer klang es irgendwie nach Herrmann. Im „Frenzy“-Vergleich gibt es ein Unentschieden. Beide Partituren dienten dem Film auf ihre Weise.

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