Eigentlich würde man in einem Film über die aktuelle „Wiener Szene“ Bands wie Wanda oder Bilderbuch erwarten, aber diese waren „verhindert“. Was ein Glücksfall war, denn sie hätten all die anderen kleinen „Stars“ an den Rand gedrängt und damit das Bild von Jedickes Wien verschoben. Und auch wer historische Aufnahmen von den alten Austropop-Helden erwartet, wird hier angenehm enttäuscht. „Vienna Calling“ funktioniert vor allem als filmische Fußnote zur großen „Austropop“-Ausstellung im Wiener Theatermuseum, die Ende des Sommers zu Ende ging. Wenn man im tollen Katalog blättert, den Marie-Theres Arnbom im Amalthea-Verlag herausgegeben hat, kann man viele der Bildmotive wiederentdecken, die im Film auftauchen. Ein Kapitel im Katalog dreht sich um das Theatralische im Austrop. „Mulatschag im Café Passé“ nennt Walter Gröbchen seinen Essay über Drahdiwaberl & Co. Der Mulatschag ist ein Trinkgelage, bei dem am Ende das Geschirr zertrümmert wird. Daran musste ich denken, als ich den Film sah.
Im Film jedenfalls wird viel getschickt und gesoffen. Aber auch viel gemalt und gehandwerkt. Ach ja, Musik wird auch noch gemacht. Und man kann auch dem ehemaligen Haareschneider von Falco bei seiner Arbeit zusehen. Dem „Nino aus Wien“ verpasst er sanft eine „Haareregulation“, wobei er tatsächlich den zweiten Begriff englisch ausspricht. Hat Johann Hölzel sein anglisiertes Wiener Kauderwelsch vielleicht sogar damals von seinem Leibfriseur übernommen? „Der Nino aus Wien“ jedenfall will lieber eine Beatlesfrisur als eine Falco-Tolle. Zu den „Attraktionen und Sensationen“ des Films gehört dann auch seine Lieddarbietung eines Wolfgang-Ambros-Klassikers. Wie er da so schön beiläufig die „Blume aus dem Gemeindebau“ besingt, das ist schon herzzereißend. Es erinnert ein wenig daran, wie Hans Moser in den alten Wien-Filmen Heurigen-Lieder wie „Mei Naserl is so rot weil ich so blau bin“ anstimmt. Wie gesagt, es wird viel gesoffen in diesem wunderbaren Film.