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Erloschene Pultstars

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The Art of Conducting Teldec Video 4509-95038-3 Jeder an der geheimnisumwitterten Kunst des Dirigierens Interessierte - sei er nun Berufsmusiker, Musikstudent oder auch Liebhaber - kann hier den großen Pultstars eines vergangenen Zeitalters ein wenig mehr auf die Schliche kommen, und er sollte dies unbedingt anhand beider Dokumentationen tun. 16 Dirigenten treten in Aktion, wobei die Konzertaufnahmen (vollständig oder ausschnittsweise) die leider nur wenigen Probenmitschnitte ziemlich an den Rand drängen. CDs und Video präsentieren im übrigen zwar dieselben Komponisten, aber in keinem einzigen Fall dasselbe Werk zweifach, so daß beiden Editionen als Kompendium der Orchesterleitung ein ganz besonderes Gewicht zugestanden werden muß. Das Video läßt Komponisten, Orchestermusiker, Solisten und jüngere Dirigenten zu Wort kommen, dies allerdings meist in Englisch (was wiederum nur sehr selten unverstanden bleibt). Ähnlich aufschluß- und lehrreich erscheint die Bonus-CD mit einem Vergleich des ersten Satzes aus Beethovens Fünfter: Arthur Nikisch mit der ersten Sinfonie-Aufnahme überhaupt trifft hier auf die legendäre Trias Furtwängler, Klemperer und Karajan (das Video beschränkt sich demgegenüber auf wenige Takte und läßt Toscanini und Szell anstelle von Nikisch und Furtwängler agieren). Daß die Bandbreite bezüglich des aufnahmetechnischen und interpretatorischen Niveaus denkbar breit gestreut ist, scheint aufgrund der Zeitspanne und der extrem unterschiedlichen Charaktere der Agierenden zwar verständlich; dennoch stellt sich bisweilen die Frage, ob nicht eine andere Aufnahme der dokumentarischen Sache mehr gedient hätte (ich denke hier u.a. an Nikisch’s unsägliche Fassung der Freischütz-Ouvertüre, an Strauss’ Sicht seiner eigenen Rosenkavalier-Musik, an Kussevitzky mit Sibelius und an die Beethoven-Lesarten Klemperers und Karajans, von beiden später mehrfach überholt). Unabhängig davon enthält gerade die CD-Sammlung manches Bonbon, das eine besondere Erwähnung verdient: Vol. 1 bietet eine Brahms-Vierte von geradezu moderner Stringenz der Phrasierung (Weingartner), Toscaninis Beiträge zu Wagner und Brahms sind ebenso ein Muß wie Furtwänglers „Unvollendete“ (Vol.2); Fritz Busch begeistert mit Mozart, Bruno Walter hat für Mozart, Wagner und Mahler die richtige Disposition parat, und schließlich präsentieren sich Beecham und Barbirolli (dieser auch akustisch vernehmbar) als wesentliche Sachwalter romantischer Tondichtungen. Vor dem Hintergrund seiner Bachbearbeitung wird die grellbunte Auslegung von Respighis „Pini di Roma“ durch Stokowski schon wieder sympathisch (Vol.6). Jede einzelne der CDs präsentiert auf ihrer bedruckten Oberseite im Schattenriß die magischen Hände eines ausgewählten Maestro; vielleicht nur ein optisches Detail, welches jedoch dem hohem Anspruch entspricht.

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