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Benutzen statt Lesen

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Daniel Gottlob Türk: Klavierschule oder Anweisung zum Klavierspielen für Lehrer und Lernende, Faksimile – Reprint der Erstausgaben von 1789. Hrsg. von Siegbert Rampe. ISBN 3-7618-1381-3, Bärenreiter-Verlag 1997, DM 29,80.Die Herausgabe von Türks „Klavierschule“ als preiswerte Taschenbuch-Ausgabe (sofern das bei 408 S. und Anhang überhaupt noch so genannt werden darf) ist unter mehreren Gesichtspunkten für den Benutzer interessant: So hat man zum ersten eine ungewöhnlich detaillierte Sammlung von Fakten zur Aufführungspraxis. Diese hat schon alleine deshalb eine Sonderstellung, weil Ihre Ideen aus der Zeit von Mozarts Schaffen stammen, und trotz Fragen zur Anwendung von Praktiken aus z.B. Potsdam oder Halle auf Salzburg oder Wien wesentliche Aufschlüsse über die Musizierweise jener Zeit geben kann. Ferner mag man mit Interesse eines der letzten Klavier-Lehrwerke der Vor-Revolutionszeit studieren: eines der letzten, bei denen Text bei weitem die Musikbeispiele quantitativ überragt. Insofern hat das Werk seinen Platz zurecht in zweierlei Regalen: Bei den historischen Quellen ebenso wie bei den Ratgebern zur Interpretation des modernen Pianisten. Das Werk hat einige Vorteile für den modernen Benutzer (schon wieder dieser Begriff: aber zurecht! denn „lesen“ wird man es wohl kaum, sondern eher von Fall zu Fall zu Rate ziehen, studieren, ergo „benutzen“.): Zum einen liegt das Faksimile vom Original vor, sodaß die Urtext-Idee auch beim Buch erhalten bleibt und fragliche Stellen individuell interpretierbar bleiben. Dann nützt Türks eigenes Register sowohl informierend über die damals wichtigen Kategorien als auch wirklich noch beim zeitsparenden Suchen von Details. Die bekannten Handstücke, ehemals in altem C-Schlüssel im Diskant notiert und somit kaum spielbar, sind zusätzlich im modernen System gedruckt. Ein vom Mozart-Buch Autor Siegbert Rampe geschriebens Vorwort stellt Entstehung, Stellenwert des Werkes und Deutung der Fakten in kurzer und überzeugender Weise vor. Insgesamt eine prächtige Bereicherung des Musikbuch-Angebotes: Preiswert, platzsparend, paßt sogar in Unterrichtsmappen, und könnte ein weiterer Verbündeter werden im Kampf gegen hirnloses Runterrasseln der Klaviermusik zwischen 1870 und zumindest zirka 1820.

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