Francis Schneider: In Tönen reden. HSB Nepomuk, Aarau 2003, 111 S.
Der Untertitel „Du kannst viel mehr als bloß nach Noten spielen!“ lässt erraten, worauf der Autor hinaus will: Klavierspielen beschränkt sich leider oft nur auf das Abspielen, Üben, Erledigen von Hausaufgaben. Was tut man aber, wenn man mal keine Lust hat zum Üben, einfach nur spielen oder erforschen will, was man mit seinem Instrument Klavier überhaupt machen kann? Dieser Frage ist Schneider nachgegangen und er kann Hilfe anbieten all jenen, denen es bisher an Anleitung zum freien Spiel fehlte. Er spricht in seinen Texten den Partner persönlich an, gibt einen gut vorstellbaren Einstieg in die Szene, versetzt ihn in eine bestimmte (auch meditative) Stimmung und Örtlichkeit, gibt genaue Anweisungen zum Spiel, lässt Zeit zum Vertiefen, gibt dann ein Tonmaterial (sparsame gestalterische Mittel, meist figurativ für die linke Hand) vor und überlässt die rechte Hand sich selbst. Dabei beschränkt er sich nicht nur auf Dur und Moll, sondern verwendet auch mal Kirchentonarten, Chromatik und Ganztonleitern. Das harmonische Verständnis wird geschult, Gefühl für Lautstärke entwickelt, es wird rhythmisch experimentiert. Sehr ansprechend sind die handgeschriebenen Notenbeispiele, umrahmt von absolut stimmigen und schlichten Illustrationen (Til Ottlik), die das Augenblickliche und Spontane unterstreichen. Die Thematik umfasst 51 Stimmungsbilder, man erfährt Interessantes, kann ohne Zwang auswählen, macht sich Gedanken, lässt sich anregen und ist verblüfft: Man meint, ein anderes Instrument vor sich zu haben, weil man die Saiten der 88 Tasten so noch nicht zum Klingen (oder Schwingen) gebracht hat. Wer sich schwer tut, kann die beiliegende CD zu Hilfe nehmen. Eigene Ideen stellen sich schnell ein, man wird im eigenen Inneren fündig, bestenfalls verspürt man eine positive Auswirkung auf das Klavierspiel allgemein. Schneider wen-det sich an Klavierspieler mit einigen Jahren Unterrichtserfahrung; Lehrer können in diesem Stil auch mit Anfängern arbeiten.
Rudolf Kratzert: Technik des Klavierspiels, Bärenreiter, Kassel 2002, 284 S., € 36,95, ISBN 3-7618-1600-6
„Wer also Bewegungen verbessern oder auch nur genauer kennen lernen will, der muss zuerst sein Denken in Bezug auf Bewegungen ausbilden“. Dieses Zitat sei dem Handbuch für Pianisten einmal vorangestellt, denn es verrät die pädagogische Absicht des Autors: Denken lässt sich durch Tun nicht ersetzen, Körper und Psyche lassen sich nicht trennen, man spielt also immer als ganze Person Klavier. Kratzerts Arbeit orientiert sich erkennbar an der Alexander-Technik. Begriffe wie „Spielapparat“ oder „entspannte Bewegungen“ umgeht er. Technik des Klavierspiels ist also in erster Linie ein Denken in Bewegungsfunktionen und schließlich deren ungehinderter Anwendung. Anhand unzähliger, ausführlich beschriebener Experimente lassen sich eigene Spielbewegungen kritisch überprüfen. Gleichzeitig kann dieses Handbuch wie eine Klavierschule verwendet werden; es gibt Klavierlehrern Hilfestellung im Anfangsunterricht und erläutert die Grundlagen der Klaviertechnik. Kratzert wendet sich aber auch an Klavierstudenten und konzertierende Pianisten. Ihnen widmet er mehrere Kapitel, versehen mit umfangreichen Notenbeispielen aus der Klavierliteratur und anschaulichen Erläuterungen. Raum gibt es auch für die Technik des Übens und des Vortrags – immer auf der Basis einer Selbsteinschätzung und des sich Bewusstmachens allen Tuns. Es ist zu empfehlen, das Buch im Ganzen durchzuarbeiten, alle Experimente auszuführen und zu verinnerlichen. Nur so macht ein Nachschlagen im Bedarfsfall Sinn.