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Eine Palette von Gefühlen und Emotionen

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Neue Literatur für Holzbläser – Teil 1
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François Rossé: Trio Seûl pour flûte en ut, saxophone alto et violoncelle, Alphonse Leduc, AL 30513, ISMN: 979-0-046-30513-9 +++ Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge g-Moll BWV 885 (Wohltemperiertes Klavier II) für Bläserquintett, eingerichtet von Christian Vitalis, Edition Dohr, E.D. 11288, ISMN: M-2020-2288-7 +++ Felix Mendelssohn Bartholdy: Sechs Kinderstücke op. 72 für Bläserquintett ,eingerichtet von Andreas Vitalis, Edition Dohr E.D. 11309, ISMN: M-2020-2309-9 +++ Zequinha de Abreu: Tico-Tico: Bird in the cornmeal für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott, bearbeitet von Andreas N. Tarkmann, Schott, ED 20676, ISMN: 979-0-001-16892-2 +++ Adolph Friedrich Hesse: Fuge nebst Einleitung op. 39 Nr. 1 für Bläserquintett ,eingerichtet von Christian Vitalis, Edition Dohr, E.D. 11379, ISMN: M-2020-2379-2

François Rossé: Trio Seûl pour flûte en ut, saxophone alto et violoncelle, Alphonse Leduc, AL 30513, ISMN: 979-0-046-30513-9

Der 1945 in Strasbourg geborene Messiaen-Schüler François Rossé verfügt über ein vielschichtiges, den Zuhörer stets herausforderndes und inspirierendes Œuvre. Auch in diesem Trio verlangt Rossé Anspruch und Konzentration von Instrumentalisten und Zuhörern. Der bekannte französische Komponist setzt nach seinen eigenen Worten in diesem Trio Flöte, Saxophon und Cello an einen gemeinsamen „Verhandlungstisch“. Die Themen werden in unterschiedlichen Kombinationen entweder gegeneinander, miteinander oder unabhängig „ignorierend“ voneinander moduliert. Aufgrund verdichteter Verarbeitung der Themen ist es nach Meinung des Komponisten wichtig, sich stets „nachzujustieren“. Diese Aussage beruht darauf, dass  durch die Komplexität des recht kurzen Werkes (circa 5’ 40’’) eine vom Spieler abhängige Gewichtung der jeweiligen Stimme zu einem unterschiedlichen Klang des Werkes führen kann. So erscheint ein augenscheinlich vom Komponisten klar gesetztes Werk in immer wieder neu erstrahlendem Licht. Aufgrund der Spielanweisungen und technischer Aspekte ist dieses Stück erfahrenen Musikern vorbehalten. Jede Einzelstimme stellt eine eigene Partitur dar, zeigt für die Aufführungspraxis jedoch Nachteile im Umblättern

Johann Sebastian Bach: Präludium und Fuge g-Moll BWV 885 (Wohltemperiertes Klavier II) für Bläserquintett, eingerichtet von Christian Vitalis, Edition Dohr, E.D. 11288, ISMN: M-2020-2288-7

Ein Großteil der Stücke des „Wohltemperierten Klaviers“ von Johann Sebastian Bach werden schon seit Jahren für unterschiedliche Instrumentalbesetzungen arrangiert. Bachs Kompositionsweise mit offensichtlich wenigen Mitteln und die epochale Eigenart, als Komponist in den Noten nur spärliche Informationen zur Dynamik zu streuen, gestalten seine Werke so vielseitig interpretierbar und individuell für den Instrumentalisten. Christian Vitalis transkribiert seit Jahren ursprünglich für Klavier komponierte Werke in klassisch besetzte Bläserquintette. Auch bei diesem Werk, dem BWV 885, hat er ein solides und gut spielbares Arrangement getroffen, das den Grundcharakter des Klavierstückes in keiner Weise mindert. Einfache, für jeweils eine Hand des Pianisten komponierte Passagen werden nicht verdoppelt, sondern nur von einem Instrument gespielt, einfache Akkorde werden nicht auf eine höhere Stelle gehoben. Der entstehende Eindruck von simpler bachscher Genialität kommt dadurch umso mehr zum Vorschein. Dieses Werk wirkt im Präludium wie ein Regen am ersten heißen Sommertag und schließt hoffnungsvoll, abwartend von der Grundtonart g-Moll nach G-Dur moduliert. Die belebte Fuge trägt edle, cantable Züge und schließt mit einem harmonischen g-Moll-Akkord. Übersichtlich gesetzt, weniger anspruchsvoll in Zusammenspiel und Beherrschung des eigenen Instrumentes, ist dieses kurze und sensible Werk auch Anfängern der Kammermusik einfach zugänglich und kann daher schon im Musikunterricht Verwendung finden.

Felix Mendelssohn Bartholdy: Sechs Kinderstücke op. 72 für Bläserquintett ,eingerichtet von Andreas Vitalis, Edition Dohr E.D. 11309, ISMN: M-2020-2309-9

Andreas Vitalis selbst zeigt auf, dass er bei seiner Bearbeitung des bekannteren Klavierwerkes sehr auf „Stimmtreue und stets korrekte Oktavierung“ geachtet hat. Er hält das Stück bewusst klar und unverschnörkelt fest und verzichtet auf übermäßige Veränderungen des Klangbildes. Dabei macht er sich dennoch die klanglichen und spielerischen Besonderheiten der Instrumente zu Nutze und erweitert so das ursprünglich für Klavier gesetzte Werk. Die sechs kurzen und einfachen Tänze reichen von kindlicher Heiterkeit und menuetter Attitüde im ersten, über verträumte Kindergedanken im zweiten Satz bis hin zu ausgelassenem, euphorischem Spiel im letzten Satz. Eine Palette von Gefühlen, Emotionen und guter Spielbarkeit bietet sich dem Zuhörer und dem Musiker selbst. Während der Großteil der einzelnen Lieder technisch und kammermusikalisch durchaus auch für Anfänger geeignet ist, ist der 6. Satz schwieriger und verlangt etwas mehr Takt- und Rhythmusgefühl von den Mitspielern.

Zequinha de Abreu: Tico-Tico: Bird in the cornmeal für Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott, bearbeitet von Andreas  N. Tarkmann, Schott, ED 20676, ISMN: 979-0-001-16892-2

De Abreus bekanntestes Werk sollte zu Beginn eigentlich für Klavier beziehungsweise später auch für kleine Brassband-Besetzung komponiert werden. Kurze Zeit später konnte daraus eine Chorfassung mit Texten eines brasilianischen Volksliedes zur Aufführung gebracht werden. Nachdem Abreu auf einem brasilianischen Feld unzählige kleiner Vögelchen auf- und ab fliegen sah, kamen ihm diese überaus einprägsamen Samba-Rhythmen in den Kopf und sollten ein Exportschlager klassischer Musik aus Brasilien werden. Tarkmanns Bearbeitung dieses Klassikers ist neben dem Hervorheben der heißen brasilianischen Rhythmen vor allem durch eine Variabilität und Vielfalt an Klangfarben gekennzeichnet. Er schafft es, dieses primär tänzerische Stück zum Beispiel durch den passageweisen Satz von Solo-Flöte in Begleitung von Oboe und Horn die Melodie lyrisch und warm klingen zu lassen, und im Gegenspiel staccato artikulierte Achtelfiguren in Flöte und Oboe als einprägsam „spitzfindig“ zu gestalten. Dieses sehr heitere, ausgelassene und belebende Quintett erfordert ein hohes Maß an rhythmischem Geschick und technischer Fertigkeit, sodass es empfehlenswert ist, erst von erfahrenen Musikschülern gespielt zu werden.

Adolph Friedrich Hesse: Fuge nebst Einleitung op. 39 Nr. 1 für Bläserquintett ,eingerichtet von Christian Vitalis, Edition Dohr, E.D. 11379, ISMN: M-2020-2379-2

Adolph Friedrich Hesse gilt durch seine konsequente und eindrucksvolle Kompositionsart auch als „Schlesischer Bach“. Die hier von Vitalis bearbeitete Komposition aus dem Werk „Zwei Fugen nebst Einleitung op. 39“  ist ursprünglich als Einspielstück vom Komponisten selbst angedacht worden. Das Präludium ist keineswegs als selbstständiger Satz zu werten, sondern dient der thematischen Vorbereitung der Fuge. So spielt das Fagott schon in den ersten Takten das Fugenthema, jedoch tragender und pathetischer als es später erklingen wird. Das Fagott übernimmt in diesem Werk die Rolle der Orgelpedale, was es zu einem behänden Kontrapunkt werden lässt. Vitalis ist es gelungen, dem im Original sehr voluminösen und präsenten Klangkörper eine gewisse Feinheit zu verliehen, die Hesse selbst durch Einsatz des Rohrflöten- oder Klarinettenregisters zum Ausdruck hätte bringen können. Der Reiz dieses kleinen Stückes liegt in der Modulation des Fugenthemas und den selbst zu wählenden dynamischen Aspekten. Zudem sind die Horn- und Fagottstimme für deren tiefe Regis­ter gesetzt, sodass ein spielerischer Anspruch gegeben ist. Insgesamt erscheint dieses Stück auch für ein Bläserquintett als Einspiel- oder Einleitungsstück, ist technisch weniger anspruchsvoll, fordert jedoch die dynamische Kreativität und ist daher für den ersten Kontakt von Musikschülern mit Kammermusik geeignet.

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