Body
Tethered Moon: First Meeting; Winter&Winter/Edel CD 910016-2
Crispell, Peacock, Motian: Nothing Ever Was, Anyway ECM/PMV 2 CD 537 222-2
Um es gleich vorwegzunehmen: Dies sind die schönsten Piano-Trio-Aufnahmen des Jahres! Und die Rhythm-Section (obgleich dieser Ausdruck hier überhaupt nicht trägt) ist auf beiden Einspielungen identisch. Hier wie dort findet sich eine geradezu asketische Grundhaltung: Die Linien erscheinen bis auf die Struktur ausgedünnt, über weite Teile auch im Tempo bis an die Grenze gedehnt. Gleiche Ansätze, gleiche Resultate?
Wohl kaum, denn die Unterschiede liegen nicht nur in den unterschiedlichen, gleichwohl fulminanten Anschlagskulturen der Pianisten, sondern wesentlich im verarbeiteten Material. Einmal geht es ausschließlich um Musik von Annette Peacock, zum anderen wird ein kompositorisches Potpourri ganz unterschiedlicher Provenienz vorgestellt: Von Miles Davis und Cole Porter bis hin zu freien Kollektiv-Improvisationen. Daß sich bei Kikuchi eben immer alles nach Kikuchi anhört, ist eine der wesentlichen Qualitäten des Japaners, der selbst einfachste Melodien und Themen im intellektuellen Diskurs zerlegt, mitunter nur noch einzelne Töne durchbuchstabiert. Ganz wesentlich ist ihm der Gebrauch des Leerraums, der Pause, die er bewußt als Weißstelle im Widerstreit zwischen Ton und gespannter Stille gestaltet.
Die zweite Einspielung wirkt dagegen gefaßter. Man könnte beinahe sagen klassischer (im Sinne von ausgewogener). Wer sich noch an den merkwürdig eingedunkelten Gesang von Annette Peacock aus den 70er Jahren erinnert, kann hier, auf einem der Tracks, ein Wiederhören feiern. So intensiv wie nie wirkt er eingebettet in dieses exquisite instrumentale Umfeld.