Johann Stamitz: Klarinettenkonzert B-Dur, hrsg. von Nicolai Pfeffer. G. Henle Verlag +++ Johannes Brahms: Ungarische Tänze, fünf Stücke für zwei Klarinetten und Klavier, arr. von James Rae. Universal Edition +++ Josef Schelb: Sonate für Klarinette und Klavier. Edition Breitkopf +++ Günter Habicht: Sonatine für Klarinette und Klavier. Edition Breitkopf +++ Barbara Heller: Hör-Bilder. 15 Legenden für Klarinette. Furore-Edition
Johann Stamitz: Klarinettenkonzert B-Dur, hrsg. von Nicolai Pfeffer. G. Henle Verlag 1454
Das Konzert B-Dur für Klarinette und Streicher von Johann Wenzel Anton Stamitz (1717–1757) ist mit seinem spätbarocken Gestus ein Kleinod unter den Klarinettenkonzerten. Als erstes konzertantes Werk wendet es sich ab von einer an der Clarintrompete orientierten Stilistik hin zu einer gesanglichen, den großen Tonumfang der Klarinette nutzenden Behandlung. Zu Stamitz’ Lebzeiten unveröffentlicht, ist die einzige bekannte Quelle ein handschriftlicher Stimmensatz eines anonymen Kopisten, der von dem Musikwissenschaftler Dr. Peter Gradenwitz 1933 in der Musiksammlung der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek in Regensburg wiederentdeckt und von ihm nach intensiver Beschäftigung später herausgegeben wurde. Dem damaligen Zeitgeist entsprechend versah Gradenwitz das Werk jedoch mit eigenen Ideen zu Artikulation und Dynamik und hat diverse Angleichungen im Notentext vorgenommen.
Der Klarinettist und Herausgeber Nicolai Pfeffer legt nun nach akribischer Quellenrecherche eine authentische Urtextausgabe bei Henle vor. Er hat dabei überwiegend auf Angaben zu Artikulation, Dynamik und auf tiefgreifende Vorschläge zur Auszierung der Solostimme verzichtet. Dafür war es dem Herausgeber ein Anliegen, die Edition mit Kadenzvorschlägen zu bereichern. Sie sollen als Empfehlung und Ausgangspunkt dienen, eigene Kadenzen und Verzierungen zu entwickeln. Der Klavierauszug wurde ebenfalls akribisch überarbeitet und eingerichtet.
Nicolai Pfeffer ist für diese hervorragende Arbeit ausdrücklich zu danken und es bleibt der authentischen Urtextausgabe zu wünschen, dass sie sich unter Klarinettisten weit verbreitet.
Johannes Brahms: Ungarische Tänze, fünf Stücke für zwei Klarinetten und Klavier, arr. von James Rae. Universal Edition 21790
In der Klarinettenausgabe von Universal Edition hat James Rae neben den Slawischen Tänzen von Antonín Dvorák nun auch fünf Bearbeitungen von Brahms’ Ungarischen Tänzen in der gleichen Besetzung für zwei Klarinetten und Klavier veröffentlicht. Ausgewählt wurden die lebhaften und wirkungsvollen Tänze 1, 3, 5, 7 und 10 und bei der Bearbeitung hat sich James Rae weitestgehend an die von Brahms veröffentlichten Klavierversionen gehalten. Da nicht allzu viele attraktive Ausgaben für zwei Klarinetten und Klavier auf dem Notenmarkt zu finden sind, dürften sich sowohl die Slawischen Tänze von Dvorák (UE 18278) als auch die nun neu erschienenen Brahms’schen Ungarischen Tänze großer Beliebtheit erfreuen. Layout, Material und Druck sind attraktiv und hochwertig, der Schwierigkeitsgrad der Bearbeitungen liegt im mittleren Bereich.
Josef Schelb: Sonate für Klarinette und Klavier. Edition Breitkopf 8991
Diese Sonate des weniger bekannten Komponisten Josef Schelb (1894–1977) ist bei der Edition Breitkopf als Erstausgabe erschienen. Schelb war Zeit seines Lebens ein Komponist mit beachtlicher Schaffenskraft und hatte nach dem Ende des zweiten Weltkrieges mehrere Jahrzehnte eine Professur an der Musikhochschule Karlsruhe inne. Leider ist der Großteil seiner früheren Werke dem Bombenangriff auf Karlsruhe im Jahr 1942 zum Opfer gefallen, 150 spätere Werke sind jedoch in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe einsehbar.
Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um eine viersätzige Sonate in der klassischen Gestaltungsform, in welcher zwei bewegte Ecksätze zwei in Tempo und Ausdruck unterschiedliche Mittelsätze einrahmen. Stilistisch erinnert die Sonate an die Handschrift Paul Hindemiths, sie zeigt jedoch eine wohltuend eigene, lebendig-farbige Tonsprache mit abwechslungsreicher Motivik und Harmonik.
Neben den schon hinlänglich bekannten Standardwerken ist die Sonate für Klarinette und Klavier von Josef Schelb ein Kleinod und es ist ihr eine weite Verbreitung unter Klarinettenschülern der Oberstufe, Studierenden und professionellen Klarinettisten zu wünschen, sie ist als anspruchsvolles Gesamtwerk in puncto Schwierigkeitsgrad als schwer einzustufen.
Günter Habicht: Sonatine für Klarinette und Klavier. Edition Breitkopf 7515
Die 1969 entstandene Sonatine des Leipziger Komponisten und Klarinettenpädagogen Günter Habicht zählte in der DDR-Zeit zu Recht zur Standardliteratur in Musikschulen und es ist erfreulich, dass sich Breitkopf einer Neuauflage angenommen hat. Die Sonatine trägt den Untertitel „Temperamente“ und gliedert sich in die Sätze „Der Sanguiniker“, „Der Melancholiker“ und „Der Choleriker“ in der Folge schnell-langsam-schnell. Kurzweilig, musikantisch und humorvoll zeichnen sich die drei Sätze sowohl im Klarinetten- als auch im Klavierpart durch eine unkomplizierte Spielweise aus und finden sich in puncto Schwierigkeitsgrad im mittleren Bereich wieder. Das Layout ist ansprechend, Material und Druck sind hochwertig.
Die Sonatine ist eine echte Bereicherung moderat-moderner, unterhaltsamer Spielliteratur und dürfte weitere zahlreiche Liebhaber finden.
Barbara Heller: Hör-Bilder. 15 Legenden für Klarinette. Furore-Edition 10334
Die 1936 geborene und außerordentlich vielseitige Komponistin Barbara Heller stellt mit ihren „Hör-Bildern“ sehr ausdrucksvolle und emotional berührende Stücke vor. Die 15 meist ein oder zwei Seiten langen „Legenden“ wurden von der israelischen Klarinettistin Irith Gabriely musikalisch vielseitig und differenziert eingerichtet. Spielmöglichkeiten und Ausdrucksarten sind nuancenreich ausgearbeitet und nutzen den großen Tonumfang der Klarinette sowie deren breiten dynamischen Klangraum von allerleisesten, kaum hörbaren Tönen bis sehr starken, lauten Akzenten. Die einzelnen Stücke sind separat spielbar und gut bei verschiedenen Anlässen einsetzbar. Eine von Irith Gabriely eingespielte CD soll als Anregung für die eigene Interpretation dienen.
Da Barbara Heller variable Kompositionsformen bevorzugt, befinden sich in der Ausgabe alle 15 Stücke noch einmal als unbezeichnete Version ohne Angaben zur Interpretation, um der eigenen Kreativität keine Grenzen zu setzen. In Bezug auf Tempo, Dynamik und Artikulation ist eine freie Gestaltung erwünscht, möglich sind auch Verkürzungen oder Erweiterungen beziehungsweise collagenartige Verbindungen zwischen mehreren Titeln. Der Schwierigkeitsgrad ist, technisch betrachtet, als leicht bis mittelschwer einzuschätzen, allerdings setzt eine anspruchsvolle kreative Gestaltung eine gewisse bläserische Reife voraus.