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Über jeden Zweifel erhaben

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Neue Klavierauszüge von Instrumentalkonzerten bei Henle erschienen
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Johann Sebastian Bach: Violinkonzert a-Moll BWV 1041, Klavierauszug, G. Henle Verlag (HN 671)

Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 5, Es-Dur op. 73, Ausgabe für zwei Klaviere (HN 637)

Joseph Haydn: Klavierkonzert G-Dur Hob. XVIII:4 (mit einem Satz Streicherstimmen) (HN 683)

Wolfgang Amadeus Mozart: Flötenkonzert G-Dur KV 313, Klavierauszug (HN 673)

An der Schnittstelle von Musikwissenschaft und Musikpraxis, also dort, wo Forschergeist sich mittels Notendruck zu handfester Klangmaterie konkretisiert, sind „Urtext“-Ausgaben wie diejenigen des Henle-Verlages angesiedelt. Die Ergebnisse, welche die im eigenen Haus erscheinenden, ebenso renommierten wie kostspieligen Gesamtausgaben etwa Haydns und Beethovens zeitigen, finden so den direkten Weg zu den Ausübenden, Schlampereien der Überlieferung verschwinden nach und auch aus der Repertoirepflege. Aber auch bei Komponisten, deren historisch-kritische Ausgaben bei anderen Verlagen herauskommen, beanspruchen die Henle-Ausgaben das Etikett „Urtext“. Über Sinn und Unsinn dieser Bezeichnung ist ausführlich diskutiert worden, unbestritten sind jedoch die Verdienste des gleichnamigen Henle-Programms, das in diesem Jahr mit dem Sonderpreis des Deutschen Musikverleger-Verbandes ausgezeichnet wurde.

So sind auch die Texte der neuen Klavierauszüge von Bachs a-Moll-Violinkonzert und Mozarts G-Dur-Flötenkonzert über jeden Zweifel erhaben. Zuverlässig geben die Solostimmen Auskunft darüber, „was uns die Quellen erzählen“ und bieten mit dem Klavierauszug der Orchesterbegleitung die solide Basis fürs häusliche und professionelle Studium.

Bachs a-Moll-Konzert, eherner Bestandteil geigerischer Grundversorgung, besticht in der Ausgabe Hans Eppsteins zunächst einmal durch das klar und großzügig gesetzte Notenbild der Solostimme. Dem ersten Satz sind fast drei, dem dritten Satz vier (jeweils aufzuklappende) Seiten gewidmet, so dass es mit zweimaligem Umblättern getan ist. Bei den im Autograph inkonsequent gesetzten Artikulationsbögen herrscht wohltuende Zurückhaltung im Editorischen: Der im abschließenden Allegro assai sicherlich intendierte, an den rhythmischen Gestus des Mittelsatzes anknüpfende luftige 3/8-Grundpuls bleibt mit nur zwei gebundenen Achteln erhalten und wird nicht zum permanenten Legato eingeebnet. Kurt Guntners Fingersätze und Strichbezeichnungen sind größtenteils plausibel, zu anderen Ergebnissen könnte man höchstens an Stellen kommen, die wie der jeweils erste Soloeinsatz im ersten (Strichart) und im zweiten Satz (Fingersatz) unnötig unruhig erscheinen. Der Klavierauszug Johannes Umbreits ist bewusst schlicht gehalten, verzichtet also auf die ein oder andere Mittelstimme zugunsten klarer Les- und unproblematischer Spielbarkeit.

Ähnliches gilt – bei insgesamt naturgemäß größeren Anforderungen – für den Auszug, den Siegfried Petrenz aus der Orchesterbegleitung von Mozarts G-Dur-Flötenkonzert destilliert hat. An András Adorjáns makelloser Ausgabe sind vor allem die stilsicheren Kadenzen und Eingänge des auch als Hammerflügel-Spezialist ausgewiesenen Mozart-Forschers Robert D. Levin hervorzuheben. Aus seinen in nummerierte Abschnitte gegliederten Vorschlägen kann man sich durch Springen zwischen zwei Grundversionen eine Kadenz zusammenstellen oder auch nur einzelne Bausteine für eine eigene verwenden.

„Non si fa una Cadenza, ma s’attacca subito il seguente“ lautet bekanntlich Beethovens Anweisung an der Kadenzfermate des ersten Satzes im Es-Dur-Klavierkonzert. Nicht nur den Solisten, auch den zukünftigen Herausgebern praktischer Ausgaben hat Beethoven mit seiner ausgeschriebenen Kadenz viel Kopfzerbrechen erspart. Hanns-Werner Küthens vier Jahre alte, exemplarische Edition im Rahmen der neuen Beethoven-Ausgabe erfährt mit der von Hans Kann zuverlässig besorgten Version für zwei Klaviere nun nach der Veröffentlichung als Studienpartitur weitere Verbreitung. Das Layout ist hier noch das bewährte alte, aber auch an das behutsam modernisierte Erscheinungsbild der neuen Titelblätter wird man sich schnell gewöhnen. Zum Musizieren sind hier übrigens zwei Ausgaben nötig.

Mit der Popularität von Beethovens fünftem Klavierkonzert kann Haydns G-Dur-Konzert Hob. XVIII:4 bei weitem nicht mithalten. Das liebenswürdige, bisweilen auch etwas schlichte Opus eignet sich eben kaum für den großen Konzertsaal, viel eher handelt es sich hier um konzertante Kammermusik, zu der die vorliegende, auf dem Text der Gesamtausgabe fußende Edition Horst Walters und Bettina Wackernagels animieren könnte (Fingersatz: Klaus Schilde, Kadenzen: Axel Ruoff). Dem Klavierpart beigefügt ist ein Satz Streicherstimmen, deren Schwierigkeitsgrad von jedem Nachwuchs- oder Laienensemble zu meis-tern sein dürfte. Nötig wäre dann nur noch ein/e Solist/-in (möglichst am Cembalo) mit Gespür für perlende Feinmotorik, geschmackvolle Verzierungen und Lust auf Erkundungen abseits der Klassik-Hauptstraße.

Weitere neue Klavierauszüge von Instrumentalkonzerten bei Henle:

Johann Sebastian Bach: Violinkonzerte E-Dur BWV 1042 (HN 670) und d-Moll (Doppelkonzert) BWV 1043 (HN 672)

Wolfgang Amadeus Mozart: Violinkonzert A-Dur KV 219 (HN 679), Flötenkonzert D-Dur KV 314 (HN 674), Andante für Flöte und Orchester C-Dur KV 315 (HN 675), Hornkonzert Nr. 3 Es-Dur KV 447 (mit Es- und F-Stimme) (HN 703)

Antonio Vivaldi: Flötenkonzert C-Dur op. 44,11 RV 443 (HN 689)

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