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Von den frühen Interpreten lernen

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Clive Browns Neuausgabe des Beethoven-Violinkonzerts bei Breitkopf & Härtel
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Ludwig van Beethoven: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61, hrsg. v. Clive Brown. Breitkopf & Härtel

 

Ludwig van Beethoven: Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61, hrsg. v. Clive Brown. Breitkopf & Härtel, PB 5353 (Partitur), EB 8656 (Ausgabe für Violine und Klavier)

„Die vorliegende Ausgabe wendet sich […] an die wachsende Zahl von Geigern, die ein erweitertes Verständnis des Konzerts anstreben und sich deshalb so eng wie möglich mit den Intentionen des Komponisten vertraut machen möchten. Sie bietet ein Korrektiv zu dem weitverbreiteten Trugschluss, der Urtext verkörpere mehr oder weniger zuverlässig die Absichten des Komponisten.“ 

Was Herausgeber Clive Brown im Vorwort zur Ausgabe für Violine und Klavier des Beethoven’schen Violinkonzerts formuliert, markiert den Anspruch, dem er sich mit seiner Edition stellen will. 

Zum einen soll sie einen auf gründlichem Quellenstudium basierenden, zuverlässigen Notentext liefern, zum anderen soll sie darüber hinausgehen und aufführungspraktische Erkenntnisse miteinbeziehen, die wiederum auf historisch aussagekräftigem Material basieren. Beides ist dem Musikologen Brown, der auch praktizierender Geiger ist, auf bewundernswerte Weise gelungen. 

Die Partiturausgabe dokumentiert mit einem ausführlichen, höchst informativen Vorwort und dem Kritischen Kommentar (letzterer nur in englischer Sprache) die vertrackte Überlieferungsgeschichte des im Dezember 1806 uraufgeführten Werkes, dessen Solostimme Beethoven für die erste Druckfassung im Vergleich zur autographen Premierenversion erheblich überarbeitet hat. Weitere Komplikationen ergeben sich durch die Londoner Erstausgabe Muzio Clementis und die in diesem Zusammenhang ebenfalls entstandene Version für Klavier und Orchester. 

Einige Merkwürdigkeiten in Bezug auf eine als Quelle ebenfalls wichtige Abschrift des Autographs kann Brown überzeugend durch die Hypothese erklären, dass es eine dazwischenliegende, aber verschollene weitere Abschrift gegeben haben muss. Sehr klar ist auch Browns Diskussion bezüglich zweier durchaus prominenter fraglicher Stellen im ersten (Violoncello, Takt 525–533) und dritten Satz (T. 217, aufgrund eines Druckfehlers ist im Vorwort von T. 417 die Rede).

Der eigentliche Clou dieser Ausgabe ist aber die „Einrichtung der Solostimme mit historisch-informierten Fingersätzen und Bogenstrichen“, die dem Klavierauszug zusätzlich zum „Urtext“ beigegeben ist. 

Clive Brown bezieht hier Ausgaben mit Vortragsbezeichnungen von Geigern ein, die, so Brown, „entweder zu Beethovens Lebzeiten aktiv waren oder von denen anzunehmen ist, dass sie in besonderer Weise mit der Wiener Aufführungstradition des Werks bekannt waren“: Die trotz zahlreicher alternativer Bogenstriche, Fingersätze und Artikulationszeichen über und unter dem Notentext noch sehr gut lesbare Stimme enthält somit technische und interpretatorische Anregungen von Pierre Baillot, Ferdinand David, Henri Vieuxtemps, Jacob Dont, Joseph Hellmesberger junior und Joseph Joachim. 

Sie alle sagen, hierin mag man dem Herausgeber gerne folgen, etwas über Aufführungstraditionen aus und laden dazu ein, sich für die eine oder andere Lösung oder aber auch dafür zu entscheiden, es bewusst ganz anders zu machen. Vielleicht so wie Thomas Zehetmair in seiner kürzlich veröffentlichten, faszinierenden Live-Einspielung mit dem Ensemble Modern unter Ernest Bour (siehe die Rezension auf Seite 39).

Auch wenn die Henle-Edition im Rahmen der Gesamtausgabe nach wie vor unverzichtbar bleibt – nicht zuletzt wegen der dem Kritischen Bericht beigegebenen Synopse zur autographen Violinstimme: An Clive Browns Ausgabe des Beethoven-Violinkonzerts wird man künftig nicht vorbeikommen (wollen).

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