Eckart Rohlfs gehörte 1952 neben Bernhard Bosse und Klaus Bernbacher zu den Gründern der neuen musikzeitung – die damals noch unter dem Titel „Musikalische Jugend“ firmierte. Sechs Jahrzehnte war er Mitglied der Redaktion und bis vor wenigen Jahren noch aktiver Autor, vor allem was sein Leib- und Magenthema Musikwettbewerbe anging. Am Montag, den 18. September, ist Eckart Rohlfs im Alter von 93 Jahren friedlich im Kreis der Familie entschlafen.
Er hat’s erfunden
Der aus Tübingen stammende Musikpublizist und -manager absolvierte zuerst eine Ausbildung zum Musikalienhändler und nahm privat Musikunterricht, ehe er in München studierte und promovierte. Besonders am Herzen lagen Eckart Rohlfs die musikalische Bildung und Förderung: 1950 war er Mitbegründer der Jeunesses Musicales Deutschland, Anfang der 1960er-Jahre des Wettbewerbs „Jugend musiziert“, den er lange Jahre als Bundesgeschäftsführer betreute. 1970 initiierte er die Gründung der Europäischen Union der Musikwettbewerbe für die Jugend (EMCY) und übernahm dort die Funktion des Generalsekretärs.
Als Besucher der Münchener musica viva-Konzerte konnte man sich darauf verlassen, ihn regelmäßig – oft in Begleitung seiner Frau Holle – im Herkulessaal anzutreffen: Zeichen für sein reges Interesse an allem Neuen und Unbekannten. Ein letztes Mal in der Öffentlichkeit stand Eckart Rohlfs am 14. Februar 2019 im Münchner Gasteig, wo er für seine Verdienste mit einem Konzert ehemaliger „Jugend musiziert“-Preisträger geehrt wurde.
Betrat man als junge nmz-Redakteurin oder -Redakteur ein Büro von Eckart Rohlfs, dann prägte sich das Bild vom Redakteur und Manager ein, der scheinbar zwischen Türmen von Manuskripten, weltweiten Wettbewerbsankündigungen, Büchern und natürlich nmz-Ausgaben verschwand. Es gelang ihm stets, aus diesen Stapeln zielgenau das richtige, gerade benötigte Blatt Papier zu ziehen und es einem in die Hand zu drücken. Doch Rohlfs war weit davon entfernt, ein aus der Zeit gefallener Archivarius zu sein – stets war seine EDV auf dem neuesten Stand und war Garant für sein effektives Wirken in der Szene.
Für uns Jüngere in der nmz-Redaktion war Rohlfs das personifizierte kulturpolitische Gedächtnis der nmz: Wenn auf Redaktionskonferenzen engagiert diskutiert, neue Ideen gesponnen, Themen kreiert und Standpunkte vertreten wurden, dann geschah es oft, dass Rohlfs, nachdem sich die Wogen etwas geglättet hatten, leise aber bestimmt sagte: „Ach übrigens, im Jahr 1978 gab es doch damals bereits diese Initiative des Städtetags …“ und es beschlich den Jüngeren das Gefühl, dass alles schon mal da gewesen war und man sich die Geschichte nicht progressiv, sondern als ewigen Kreislauf vorstellen muss. Praktisch hieß das für die nmz-Redaktion stets, aus der Geschichte zu lernen. Nicht zufällig ist Rohlfs der Erfinder der nmz-Kolumne „Vor 100 Jahren – vor fünfzig Jahren“. Sein Blick ging aber immer auch nach vorn. „Erfunden“ hat er so viele Institutionen, Publikationen und Projekte, dass sie nicht alle aufgezählt werden können. Als Netzwerker verfolgte er hartnäckig die Umsetzung dessen, war er zuvor erfunden hatte.
Einen sehr persönlichen Rückblick auf das Leben und Wirken von Eckart Rohlfs verschafft ein Auszug aus einer Rede von nmz-Mitherausgeberin Barbara Haack anlässlich des 90. Geburtstags unseres Gründers im Kammermusiksaal des Münchener Gasteig im Januar 2020:
„‚Und unser 90 waren wir in Genf‘: Der Satz klingt etwas verstaubt. Aber er genießt in der Redaktion der nmz so etwas wie Kult-Status. Es ist die Überschrift zum Leitartikel in der ersten Ausgabe der Zeitung im Jahr 1952, und er berichtet vom siebten Weltkongress der Jeunesses Musicales in Genf. Der Artikel zeigt sehr schön, wie eng diese beiden Institutionen schon in ihren Anfängen miteinander verbunden waren – und es bis heute sind: Die Jeunesses Musicales und die neue musikzeitung. […] Beide, Jeunesses und nmz, haben eine wichtige Rolle in Deinem Leben gespielt. Umgekehrt stimmt der Satz genauso: Du warst – über Jahrzehnte – eine zentrale Figur in beiden Institutionen. Als Generalsekretär der Jeunesses bis 1971: In diese Zeit fielen unter anderem die Gründung eines der Herzstücke des Verbands, die Arbeitsgemeinschaft Jugendorchester und die Verwandlung einer Stätte für Sommerkurse in eine ganzjährige Akademie. Später warst du dann interessierter Begleiter und nicht zuletzt historisches Gedächtnis der Jeunesses. Und noch bis vor etwa einem Jahr warst Du Teil der nmz-Redaktion – mit immer neuen Ideen – oft jugendlicher als wir – und ein „kritischer Freund“, der gerne auch seinen Finger in Wunden legte. Aber bevor Du dies alles warst, mussten diese Institutionen erst einmal gegründet werden. Und dabei ist Deine Rolle nicht hoch genug zu schätzen. […]
Solche hartnäckigen Visionäre wie Dich brauchen wir heute genauso dringend wie vor 70 Jahren. Dein Engagement, Deine Überzeugung, Deine „Nimmermüdigkeit“ können als Vorbild dienen. Du hast dazu beigetragen, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen.“
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