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Generalverdacht wegen Erfurter Theater-Affäre

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Meininger Intendant: Generalverdacht wegen Erfurter Theater-Affäre

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Die Vorgänge am Theater Erfurt werden auch an anderen Häuser verfolgt. Der Intendant in Meiningen und Eisenach befürchtet Generalisierungen für andere Theater und deren Spitzen.

Meiningen/Erfurt - Der Intendant des Staatstheaters Meiningen, Jens Neundorff von Enzberg, hält eine transparente Aufklärung der Affäre am Theater Erfurt auch zum Schutz der eigenen Zunft für geboten. «Es ist schade, wozu dieser Fall führt: Scheinbar stehen nun alle Intendanten und Intendantinnen unter Generalverdacht», kritisierte Neundorff von Enzberg, der auch die Intendanz am Landestheater Eisenach innehat und in Meiningen auch Operndirektor ist. Er habe den Eindruck, dass der Ruf der Institution Intendanz schlechter sei, als es tatsächlich der Fall sei.

Das Theater Erfurt geriet in die Schlagzeilen wegen Vorwürfen von sexualisierten Vorfällen und Machtmissbrauch am Haus, die sich gegen mehrere mutmaßliche Täter richten. Ein von der Stadt Erfurt in Auftrag gegebenes unveröffentlichtes Gutachten kam laut Stadtverwaltung zum Schluss, dass es zwar Verstöße gegeben habe, aber nichts davon als Straftat verfolgbar sei. Infolge der Affäre wurde dennoch die Werkleitung des Theaters abgesetzt und Generalintendant Guy Montavon freigestellt.

Auch eine mehrköpfige Team-Intendanz, wie sie in Thüringen etwa ab der Spielzeit 2025/26 am Deutschen Nationaltheater in Weimar geplant ist, betrachtet Neundorff von Enzberg mit Skepsis. Kollektive Leitungsmodelle an Theatern habe es schon in der Vergangenheit gegeben, durchgesetzt hätten diese sich aus seiner Sicht nicht. «Es ist natürlich wichtig, Strukturen zu verändern, das hat die «MeToo»-Diskussion gezeigt. Aber ob man deshalb gleich die Institution abschaffen muss?», fragte der gebürtige Ilmenauer.

Auch in Erfurt zeichnet sich derweil ab, dass es künftig eine kollektive Intendanz geben könnte. «Wo wir uns ja schon vor dieser ganzen Affäre sicher waren, war, dass wir von diesem reinen Intendanten-Modell wegwollen - und jetzt erst recht. Das heißt: Verantwortung auf mehr Schultern verteilen», hatte der dortige Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung von Ergebnissen eines Gutachtens rund ums Theater gesagt. Das reine Modell eines inszenierenden Intendanten passe nicht mehr ganz in die Zeit, so Bausewein.

Über die häufig stark hierarchische Strukturen an Theatern wird seit einigen Jahren diskutiert, auch im Zusammenhang mit der «MeToo»-Bewegung. Diese thematisiert sexuelle Gewalt und Machtmissbrauch. Als Reaktion darauf wurde in Deutschland 2018 die Vertrauensstelle Themis gegründet. Sie berät Menschen, die sexuelle Belästigung in der Kultur- und Medienbranche, also etwa beim Theater oder Film, erlebt haben.

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