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Evelyn Herlitzius (Isolde) und Stephen Gould (Tristan). © Bayreuther Festspiele GmbH 2015 / Foto: Enrico Nawrath
Evelyn Herlitzius (Isolde) und Stephen Gould (Tristan). © Bayreuther Festspiele GmbH 2015 / Foto: Enrico Nawrath
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Aus den Bayreuther Gräben – Katharina Wagner im Gespräch mit Joachim Lange

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Am 25. Juli beginnen die Bayreuther Festspiele mit der Premiere von „Tristan und Isolde“. Das Besondere daran ist, dass Katharina Wagner, die Urenkelin des Komponisten Regie führt. Bei ihrer ersten Regiearbeit auf dem Grünen Hügel beherrschte noch ihr Vater Wolfgang Wagner als Patriarch dieses so besondere Unternehmen. Jetzt ist Katherina Wagner gemeinsam mit ihrer Schwester Eva Wagner-Pasquier die Chefin auf dem Grünen Hügel. Bald wird sie die Position allein ausfüllen. Die Erwartungen sind hoch, Gerüchte schnell hochgekocht. Doch Katharina Wagner hat mittlerweile genug Erfahrung, dass sie sich nicht aus der Ruhe bringen lässt und ein paar Tage vor der Premiere zuversichtlich und gelassen wirkt. Im Festspielhaus sprach Katharina Wagner mit Joachim Lange.

Joachim Lange: Ist der Tristan auch für Sie das Ausnahmewerk Ihres Urgroßvaters?

Katharina Wagner: Für einen Regisseur sollte jedes Werk, das man inszeniert, ein besonderes ein. Sonst würde man sich damit ja nicht auseinandersetzen.

Tristan & Isolde

Lange: Wagner selbst nennt es Handlung. Auch wenn es wenig äußere hat, passiert aber doch allerhand …

Wagner: Es gibt tatsächlich vor allem eine innere Handlung, vor allem die beiden Titelfiguren betreffend. Für mich ist dabei auch deren Vorgeschichte wichtig. Die beiden sind sich ja schon einmal begegnet. Wenn sie sich dann auf der Überfahrt im ersten Aufzug beide körperlich nahe kommen, dann wirkt da eine ungeheure Anziehung. Das ist schon spannend.  Brangäne und Kurwenal versuchen das Schlimmste zu verhindern. Es gelingt ihnen aber nicht. Der König bekommt mit, was da im Gange ist. Und der ist bei uns tatsächlich ein König im Sinne eines Machtmenschen. Er ist keineswegs ein gütiger älterer Herr …

Lange: Das klingt so, als ob Sie diese Figur (wie damals den Hans Sachs) gegen die Konvention deuten und eigentlich auch keine Drogen gebracht werden …?  

Wagner: Ja, schon. Aber lassen Sie sich überraschen, wie wir damit umgehen, das will ich vor der Premiere nicht verraten.

Lange: Aber vielleicht verraten Sie wann und wo das Ganze spielt?

Wagner: Wir haben das bewusst überzeitlich und in einem abstrakten Raum verortet, weil diese Liebe ja auch etwas Exemplarisches und Überzeitliches hat. Die Bühnenbildner Frank Philipp Schlößmann und Matthias Lippert und der Lichtdesigner Reinhard Traub arbeiten mit einer Dreiecksform des Raumes und mit viel Licht. Aber mehr wird wirklich nicht verraten.

Stillschweigen

Lange: Es gab eine Umbesetzung der Isolde in fast letzter Minute: Evelyn Herlitzius ersetzt Anja Kampe …

Wagner: Über die Gründe dieser Umbesetzung haben wir Stillschweigen vereinbart. Und daran halte ich mich auch. Aber soviel sei gesagt, es gibt kein Zerwürfnis oder so. Anja Kampe wird die Sieglinde in der Walküre auch in diesem Jahr singen. Wir sind froh, dass eine so außergewöhnliche Sängerin wie die bayreutherfahrene Evelyn Herlitzius das übernommen hat. Und das, obwohl sie in Zürich und in München gerade mit der Elektra beschäftigt ist. Sie wird daher auch erst zur Premiere voll aussingen. Es wird also auch für uns eine echte Premiere …  

Lange: Und das übrige Ensemble?

Wagner: Das ist bis in die kleinste Rolle bestens besetzt. Damit bin ich wirklich glücklich. Ich will nicht zu viel preisgeben und so kurz vor der Premiere schon gar nicht mit Vorschusslob kommen, aber es ist eine phantastische Besetzung. Der Tristan Stephen Gould ist in Hochform, und das geht bis in die kleinste Rolle …

Lange: Außerdem steht ja Christian Thielemann im Graben …

Wagner: Und der kann das natürlich. Was wohl niemanden wirklich wundern wird (lacht). Es ist das erste Mal nach Wien, dass er den Tristan jetzt dirigiert. Er hat seine Auffassung weiterentwickelt, das wird anders als damals – also auch von daher wird es spannend … 

„Musikdirektor“ Thielemann

Lange: Stichwort Christian Thielemann: Ist sein neue Bayreuther Titel „Musikdirektor“ ein Trostpflaster für die verpasste Berufung als Chef der Berliner Philharmoniker?

Wagner: Das ist mit Verlaub Unsinn. Schon, weil lange vor der Wahl in Berlin bereits feststand, dass er diese Position übernehmen wird. Und außerdem: Thielemann ist kein kleiner Junge, der ein Trostpflaster brauchen würde. Und wir sind keine Institution die sich leisten könnte, Trostpflaster zu verteilen …

Lange: Im Ernst gefragt: Was bedeutet denn die Funktion als Musikdirektor im Kern?

Wagner: Er wird vor allem für den Klang des Orchesters verantwortlich sein. Wir haben zwar ein hohes Maß an Stabilität bei den Musikern des Festspielorchesters, aber eine Fluktuation von etwa 10 Prozent gibt es ja doch immer. Und dann ist im Festspielhaus auch der Klang bestimmter Soloinstrumente immer etwas besonders Heikles. Für diese Qualität des Orchesterklangs wird er als ja unbestrittener Wagner-Experte hauptsächlich verantwortlich sein. Er wird damit aber nicht Teil der Festspielleitung und schließt auch keine Verträge ab oder so. Es ist eine wichtige künstlerische Funktion … 

Lange: Also kein Alleinherrscher im Bayreuther Graben? 

Wagner: Nein, überhaupt nicht. Jetzt ist übrigens gerade Marek Janowski in Bayreuth, der im nächsten Jahr, wie geplant, den Ring von Kirill Petrenko übernehmen wird und macht sich mit der Akustik des Hauses vertraut. 

Lange: Das ist ja fast schon ein Coup, dass ein ausgewiesener Regietheater-Kritiker wie Janowski gerade bei diesem Ring einsteigt …

Wagner: …(lacht) - das haben Sie jetzt gesagt. Es ist eben doch die besondere Akustik des Hauses, die einen Künstler wie ihn reizt. Und wir sind ihm sehr dankbar, dass er die musikalische Leitung des „Ring“ übernimmt.

„Hügelverbot“?

Lange: Es gab heuer eine neue Vokabel im Vorfeld der Festspiele und die hieß „Hügelverbot.“ Was ist denn nun dran am Hügelverbot für Ihre Halbschwester und noch Co-Chefin?

Wagner: Absolut nichts. Meine Schwester ist da und arbeitet, im Moment wohl gerade in ihrem Büro. Sie hatte schon vor Jahren gesagt, dass sie ihre Amtsperiode ausfüllen wird. Das wird sie auch bis zum Ende machen und dann ihren Beratervertrag wahrnehmen. Das ist wirklich alles. 

Lange: Eine andere Personalie heißt Frank Castorf….

Wagner: Auch er ist hier und arbeitet. Ich kann auch da nicht mit einem Zerwürfnis dienen - und wenn er eben mal was rauslassen muss, dann muss er es halt tun … Aber das ist nicht dramatisch. Was man von dem neuen Siegfried, Stefan Vinke, hört klingt übrigens sehr vielversprechend.

Lange: Wie steht mit dem Kartenverkauf? Freie Plätze im Festspielhaus war so ein Gespenst in manchen Berichten?

Wagner: Wir sind ausverkauft. Und eine Premiere am Wochenende, wie in diesem Jahr die Eröffnungspremiere, ist natürlich auch wirklich zigfach überbucht. Manche Vorstellungen weniger. Wenn jemand eine Karte zurückgibt, dann erscheint diese in unserem Online-Verkaufsportal im Netz. Das ist eben dank des Internets heute viel transparenter als früher.

Der Hammer

Lange: Was machen Sie wenn die leidigen Bauarbeiten am Festspielhaus die künstlerische Arbeit stören würden?

Wagner: Dann würde ich hingehen und Ihnen den Hammer wegnehmen. Aber im Ernst: Wir gehen bei den Bauarbeiten hier nach dem Motto vor: lieber gründlich und überlegt planen und erst dann anfangen. Sonst bekommt man bekanntlich schneller Probleme, als einem lieb ist.

Lange: Den Job als Bauleiterin haben Sie aber nicht auch noch?

Wagner: Hier ist der ökonomische Leiter voll eingebunden und ich bin erleichtert, dass die künstlerische Leitung das nicht auch noch auf dem Tisch hat.

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