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Charles Aznavour: Vom Quartier Latin in den Olymp des Chansons

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Mit Charles Aznavour ist einer der letzten großen französischen Chansonniers gestorben. Der Nachwelt hinterlässt der Sänger mehr als 1300 Lieder – und das Bild eines Ausnahmekünstlers.

Charles Aznavour wurde als „französischer Frank Sinatra“ gefeiert. Mit seiner rauen Stimme eroberte er sich ein Weltpublikum, und Starregisseure wie François Truffaut und Volker Schlöndorff holten ihn vor die Kamera. Sein Engagement im Kampf um die internationale Anerkennung der Gräueltaten an den Armeniern als Völkermord brachte ihm politische Ämter und Ehren ein. Im Alter von 94 Jahren ist der Sänger, Liedtexter, Komponist und Schauspieler armenischer Herkunft nun in Südfrankreich gestorben.

Aznavour hat über 1300 Chansons komponiert, mehr als 180 Millionen Platten weltweit verkauft und in mehr als 60 Filmen mitgewirkt. Denn er war ein Workaholic. Arbeit war sein Leben und hielt ihn jung. „Wer sich langweilt, altert schneller“, so seine Überzeugung.

Lieder wie „La Bohème“, „Du lässt Dich geh'n“ und „Yesterday When I Was Young“ haben ihn zum Weltstar gemacht. Gesungen hat Aznavour in mehreren Sprachen. Mit seinen Tourneen und Alben wie „Das Beste auf Deutsch“ feierte er auch in Deutschland bedeutende Erfolge.

Als „französischer Frank Sinatra“ wurde er gefeiert, manche sahen in ihm sogar den „einzigen europäischen Soulsänger“. Das war nicht immer so. Lange stand er bei den Kritikern schlecht im Kurs. Er habe keine Stimme, sei klein und hässlich, urteilten sie. Als „Zwerg mit Krächzstimme“ wurde der 1,61 Meter große Künstler bezeichnet. Aznavour hat ihnen das Gegenteil bewiesen.

Aznavours Stimme war nicht sanft und klar, sondern klang immer leicht erkältet. Sie habe etwas von einem Muezzin, auch etwas Persisches und Nordafrikanisches, wie er selbst einmal sagte.

Seinen Durchbruch zum Schauspieler schaffte er im Jahr 1960 mit „Schießen Sie auf den Pianisten“ von François Truffaut. Mit der Oscar-prämierten Verfilmung „Die Blechtrommel“ von Volker Schlöndorff wurde er als Schauspieler auch in Deutschland bekannt, auch in „Die Fantome des Hutmachers“ von Claude Chabrol spielte er mit. 2008 gab Aznavour seinen Abschied als Schauspieler bekannt. Zuletzt war er 2006 in dem Polit-Drama „Der Oberst und ich“ über den Algerienkrieg zu sehen.

Geboren wurde Aznavour am 22. Mai 1924 in Paris im Quartier Latin, als Shâhnourh Varenagh Aznavourian. Schon als Neunjähriger sang er im Restaurant seiner armenischen Eltern, die vor den Gräueltaten in ihrer Heimat geflohen waren. Aznavour hat sein ganzes Leben im Umfeld der Bühne verbracht. Denn sein Vater war Sänger, seine Mutter Schauspielerin. Gelegentlich spielte seine Mutter in Paris noch Theater, auch sein Vater sang hin und wieder auf Bällen auf Armenisch und Russisch. Doch ihren Lebensunterhalt verdienten sie mit dem Betrieb eines russischen Restaurants im Herzen von Paris.

Entscheidend für seine Karriere war die Begegnung mit Edith Piaf, die 1946 auf ihn aufmerksam wurde und ihn auf eine Tournee durch Frankreich und die Vereinten Staaten mitnahm. Er komponierte für sie. Als sich ihre Wege nach dem Zweiten Weltkrieg trennten, traten bald schon seine ersten Erfolge ein. Mit seinem Auftritt im Pariser „L'Olympia“ im Jahr 1956, dem Epizentrum des französischen Chansons, gewann er das Großstadt-Publikum. Fortan füllte er die Konzertsäle in Deutschland, England, Russland und Amerika.

Liebe, Transvestiten und Randgruppen: Die Texte waren für Aznavour immer wichtiger als der Gesang. In seinen Liedern sang er auch von Kriegskindern und von Armenien, für das er sich immer wieder einsetzte. In Armenien wurde er fast schon wie ein Heiliger verehrt. Sogar ein Kulturhaus mit Museum wurde in der Hauptstadt Eriwan nach ihm benannt. 

Das Engagement für sein Land und sein Kampf um die internationale Anerkennung der Gräueltaten an den Armeniern als Völkermord brachten ihm politische Ehren und Ämter ein. Vom Präsidenten der Kaukasusrepublik wurde er zum „Sonderbotschafter für humanitäre Aktionen“ ernannt, von der Weltkulturorganisation Unesco zum Sonderbotschafter für Armenien, und auch bei der Unicef und der Uno vertrat er die Interessen seines Landes. 

Im Jahr 2009 wurde er noch armenischer Botschafter in der Schweiz, wo er auch lebte. Denn nach Ärger mit dem französischen Fiskus in den 70er-Jahren ließ er sich mit seiner schwedischen Frau in der Nähe von Lausanne am Genfer See nieder. Er war dreimal verheiratet und Vater von sechs Kindern. Aznavour stand bis ins hohe Alter auf der Bühne. In einem Interview hatte er sich einmal gewünscht, zu seinem 100-jährigen Geburtstag als ältester Sänger auf der Bühne zu stehen.

„Seine Meisterwerke, sein Klang, seine einmalige Ausstrahlung werden ihn lange überleben“, erklärte Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron.

 

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