Der Schweizer Komponist Klaus Huber erhält in diesem Jahr den mit 200.000 € dotierten internationalen Ernst von Siemens Musikpreis. „Klaus Huber gilt als eine der überragenden Persönlichkeiten der Neuen Musik“, heißt es in der Begründung. Die Bayerische Akademie der Schönen Künste überreicht Huber die Auszeichnung am 15. Mai 2009 bei einem Festakt in den Münchner Kammerspielen. Die Laudatio hält der Schweizer Musikpublizist und nmz-Autor Max Nyffeler.
Mit dem Ernst von Siemens Musikpreis werden seit 1973 jedes Jahr Komponisten, Interpreten oder Musikwissenschaftler ausgezeichnet, die für das internationale Musikleben Hervorragendes geleistet haben. Unter den bisherigen Preisträgern sind die Komponisten Benjamin Britten, Olivier Messiaen und Hans Werner Henze, die Dirigenten Herbert von Karajan und Claudio Abbado sowie die Pianisten Daniel Barenboim und Alfred Brendel. Im vergangenen Jahr war die Violinistin Anne Sophie Mutter mit dem Ernst von Siemens Musikpreis geehrt worden.
Einen Vorbericht zur ersten Salzburger Biennale, bei der die Musik Klaus Hubers zu den Programmschwerpunkten zählt, ist in der Februar-Ausgabe der nmz erschienen. 2004 widmete ihm dort Max Nyffeler anlässlich seines 80. Geburtstages ein Porträt. In der März-Ausgabe
bringt die nmz ein großes Interview mit dem Preisträger.Klaus Huber, der am 30. November 1924 in Bern geboren wurde, studierte Violine bei Stefi Geyer sowie Komposition bei seinem Patenonkel Willy Burkhard in Zürich und anschliessend bei Boris Blacher in Berlin. 1959 gelang ihm mit seiner Kammerkantate „Des Engels Anredung an die Seele“ bei den Weltmusiktagen in Rom der internationale Durchbruch.
Weiter heißt es in der Mitteilung der Ernst von Siemens Musikstiftung:
In seinem reichen Oeuvre, das auch drei Opern umfasst, verbindet sich neueste Musiksprache mit den Kontrapunkt-Techniken der Alten Musik. So komponierte er etwa seine Lamentationes Sacrae et Profanae (1993–1997) gezielt als Ergänzung zu den Responsorien Carlo Gesualdos. Klaus Huber geht es einerseits um eine geistliche Musik, wie sie sich schon in den frühen Vertonungen mystischer Gedichte andeutet, andererseits aber auch um ein humanes und politisches Engagement in der Gegenwart. Ein Schlüsselwerk sind die Cantiones de Circulo Gyrante von 1985. Texte der Hildegard von Bingen stehen neben einem Gedicht Heinrich Bölls über die im Krieg zerstörten Kirchen Kölns.
Hubers Musik ist auch geprägt von der Befreiungstheologie und den Texten des nicaraguanischen Priesters und Dichters Ernesto Cardenal: sie ist Klage und Anklage. Weitere Schwerpunkte in seinem Schaffen bilden etwa die Auseinandersetzung mit dem Werk des im Stalinismus verfolgten Dichters Ossip Mandelstam oder die Frage nach Gerechtigkeit und Frieden, die ihn gerade auch in seinen jüngsten Werken wie Quod est Pax? Vers la raison du coeur… oder Miserere Hominibus beschäftigt. Die letzten beiden Jahrzehnte waren zudem durch ein vertieftes Studium der arabischen Kultur und Musiktheorie geprägt.
So hat sich sein Schaffen stets gewandelt und weiterentwickelt. Hubers Offenheit und Dialogbereitschaft prägten ihn auch als Kompositionslehrer an der Musik-Akademie Basel (1961–1973) und vor allem an der Staatlichen Hochschule für Musik in Freiburg i. Br. (1973–1991). Er verstand es nicht nur Handwerk zu vermitteln, sondern zum Nachdenken anzuregen und die Individualität seiner Schüler zu fördern. Zu diesen zählen die beiden Ernst von Siemens-Preisträger Wolfgang Rihm und Brian Ferneyhough sowie Persönlichkeiten wie Younghi Pagh-Paan, André Richard, Kaija Saariaho, Toshio Hosokawa, Claus-Steffen Mahnkopf und Michael Jarrell.
Huber war und ist als Gastprofessor tätig und gründete 1969 das Internationale Komponistenseminar Boswil (CH). Seine gesammelten Schriften und Gespräche sind 1999 unter dem Titel Umgepflügte Zeit beim Verlag MusikTexte erschienen.
Klaus Huber hat zahlreiche Preise erhalten, so 1970 den Beethoven-Preis der Stadt Bonn und 2009 den Musikpreis Salzburg. Er ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, der Akademie der Künste Berlin, der Freien Akademie der Künste Mannheim, Ehrenmitglied der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik IGNM sowie Ehrendoktor der Universität Strasbourg.
Am 15. Mai 2009 werden auch Förderpreise in Höhe von 2.100.000 € vergeben. Die drei Komponisten-Preise gehen an die in Freiburg lebende Chinesin Lin Yang, an den in Prag lebenden Tschechen Miroslav Srnka und an den in Paris lebenden Italiener Francesco Filidei.
Mit weiteren Förderpreisen werden ausgezeichnet:Sommerfestival Alpenklassik, Bad Reichenhall; Klangspuren Schwaz; ensemble recherche, Freiburg; Schleswig-Holstein Musik Festival; Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe; Ensemble Modern, Frankfurt; musikFabrik, Köln; Ensemble Either/Or, New York; Monday Evening Concerts, Culver City, USA; Royal Opera House, London; Festival d’Automne, Paris; Ensemble Nikel, Tel Aviv; Goethe-Institut, Tel Aviv; Ensemble Contrechamps, Genf; Stockhausen-Stiftung Kürten; Verein für Neue Musik Mecklenburg-Vorpommern; notabu ensemble, Düsseldorf; Ensemble Boswil, Schweiz; Eclatconcerts, Fribourg; IGNM, Basel; Vereinigung Transart, Eppan (Italien); Salzburg Biennale; österreichisches ensemble für neue musik, Salzburg; Impuls, Wien und Graz ; Ensemble Modern Akademie Schwaz; Ensemble Akademie Freiburg; Ligerzer Opernwerkstatt; Divertimento Ensemble, Mailand; International Association of Composers Organisation (IACO), Moskau; Callithumpian Productions Founda- tion, Cambridge, USA; Neue Liszt Stiftung Weimar; ensembleKontraste, Nürnberg; Basler Madrigalisten; Junge Deutsche Philharmonie, Frankfurt/Main; Ensemble Boston Musica Viva, Somerville, USA; Nash Concert Society, London; Kasseler Musiktage; Spitalfields Festival, London; KlangForum,Heidel- berg; Kissinger Sommer; A.DEvantgarde, München; music-projects-art, München;Klangmueller musikverlags GmbH, München; Radialsystem V, Berlin; Teatro Nacional Sao Carlos, Lissabon; Birmingham Contemporary Music Group; Fondazione Teatro del Maggio Musicale Fiorentino; Internationale Ferienkurse für Neue Musik Darmstadt; young.euro.modern, Berlin; Musikfestival Bern; Leopold-Mozart-Kuratorium, Augsburg; Schwetzinger Festspiele; Beethoven-Archiv, Bonn; Othmar Schoeck-Gesellschaft, Zürich; Humboldt-Universität, Berlin; Lancaster Institute for the Contemporary Arts, Lancaster, England; Stefan Drees, Essen; Tobias Bleek, Essen; Marcus Erbe, Gummersbach; Cordula Pätzold, Böblingen.
Wie im vorangegangenen Jahr gehen weitere Unterstützungen an:Donaueschinger Musiktage; Biennale München; Lucerne Festival; Magnus Haus Konzerte, Berlin; Kritische Gesamtausgabe der Schriften Arnold Schönbergs; Kammermusikreihe Peking; Hamburger Klangwerktage; Zeitschrift „Positionen. Beiträge zur neuen Musik“; Education Program, opus21musikplus GmbH; Singer Pur Vokalensemble; Mendelssohn-Festtage.