„Auch in dem, was möglich und was nicht mehr oder noch nicht möglich ist, repräsentiert die neue MGG den Stand der Musikwissenschaft am Ende des 20. Jahrhunderts.“ Dieser Satz Ludwig Finschers, 1994 im Vorwort zum ersten Band der von ihm neu herausgegebenen Enzyklopädie „Die Musik in Geschichte und Gegenwart“ (MGG) formuliert, liest sich im Nachhinein wie ein Understatement.
Denn mit etwas Abstand und in Anbetracht einer Flut mehr oder meist weniger zuverlässiger Netzinformationen würde man eher davon sprechen müssen, dass dem 1930 in Kassel geborenen Musikwissenschaftler mit der „neuen MGG“ etwas Unmögliches gelungen war: eine zuverlässig informierende, gleichzeitig aber auch kritisch reflektierende Zusammenschau musikhistorischen Wissens, wie sie in dieser Form wohl nie wieder entstehen wird.
Ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei einer solchen Unternehmung natürlich um komplexes Teamwork handelt, ist Finschers konzeptuelle Leistung unbestritten. In ihr bündelte sich seine Fähigkeit, in übergreifenden historischen Zusammenhängen zu denken, wie sie sich auch in seinen epochalen Arbeiten etwa zum Streichquartett oder zur Triosonate zeigte. Am 30. Juni ist Ludwig Finscher, der als akademischer Lehrer prägenden Einfluss auf Generationen von Studierenden hatte und der unter anderem mit dem Balzan-Preis ausgezeichnet wurde, in Wolfenbüttel gestorben. jmk