Er war ein Meister der Eleganz – in jeder Hinsicht. Selbst kurze Notizen zu anstehenden Auftritten verschickte er in schwungvoll-feiner Handschrift auf edlem Papier, er trug gern einen stilvoll-diskreten Tweed-Anzug und war ein Muster an gerader Haltung. All das spiegelte sich in seiner Kunst: Der Liedermacher, Schriftsteller und Kabarettist Christof Stählin schrieb funkelnde, geschliffene Texte, Musik von gelassen-strenger Schönheit und hatte ein großes Gespür für nur scheinbar harmlose Details des Alltagslebens. Am 9. September ist Christof Stählin, geboren 1942 in Rothenburg ob der Tauber, im Alter von 73 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit in Hechingen am Neckar gestorben.
Stählin begleitete sich in jüngerer Zeit stets auf einer Vihuela, einer spanisch-arabischen Laute in Gitarrenform, die mit Saitenpaaren bespannt ist und fast flüsternde Töne von sich gibt. Dieses im 16. Jahrhundert sehr beliebte Instrument passte zu ihm. Stählin war ein Leiser, der auf sanfte Art zum Lauschen zwang. Bereits in den späten 1960er-Jahren war er – mit seinem damaligen Partner Michael Wachsmann und Liedern der Shakespeare-Zeit – auf dem berühmten Liedermacher-Festival auf Burg Waldeck im Hunsrück aufgetreten. Von den Siebzigern an ging Stählin mit eigenen Programmen auf Tournee. Eines seiner bekanntesten stammte von 1984: „Mag denn keiner die Bundesrepublik?“
Seine Art vorzutragen: stets augenzwinkernd. Und da gab es, zu tanzenden und schreitenden Begleitungen in wohlgesetzter Mehrstimmigkeit, schillernde Wort-Wendungen. Etwa in einem seiner jüngsten Lieder, das, typisch für ihn, von Schönheit handelte: „Schönheit hat selbst weder Absicht noch Sinn,/ Doch alles, was Sinne hat, strebt zu ihr hin“, mündend in der Pointe: „Freunde der Hässlichkeit mögen verzeih‘n: Schönheit muss sein“. Stählin war einer der beschlagendsten in Sachen Schönheit und gab seit 1989 seine Kunst auch in einer von ihm gegründeten Liedermacher-Schule weiter. Zu seinen Schülern gehörten Judith Holofernes, Eckart von Hirschhausen und die aktuell sehr erfolgreiche Songwriterin Alin Coen. Stählin schrieb auch Essays, etwa über die Alltags-Unart, Leute mit „mein Lieber“ anzureden, vor allem Untergebene, wie Stählin feststellte und damit höfliche Herablassung entlarvte. Er war ein Höflicher, der nie herablassend war – und mit Scharfsinn und feinem Ohr ein Lebenswerk hinterlässt, in dem es viel zu entdecken gibt, gerade heute.