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Edita Gruberova nimmt Abschied von der Bayerischen Staatsoper

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München - Edita Gruberova ist eine echte Diva. Die "Königin der Koloratur" will umworben und geliebt werden, von Opernintendanten ebenso wie von Kollegen und ihrem Publikum. "Wenn es nicht passt, komme ich nicht. Das ist auch ein Opfer für mich", diktierte sie jüngst in München einer Schar Musikjournalisten in den Notizblock.

In Wien passt es nicht mehr, auch nicht im berühmtesten Opernhaus der Welt, der Mailänder Scala. Die Italiener verstünden nichts von der Oper, maulte die Diva. "Sie klatschen einfach nicht. Nach zwei Stunden Seelenausschüttung klatschen sie nicht."

Lange Zeit war München ihr Hafen, wo sie auf eine große Fangemeinde bauen konnte und sensationelle Erfolge feierte. Doch jetzt gab die Gruberova hoch offiziell ihren Abschied bekannt. "Der Grund ist, dass ich seit Jahren keine neuen Rollenangebote mehr bekommen habe und die Anzahl meiner Auftritte beständig reduziert wird", teilte sie der Öffentlichkeit mit. "Dadurch habe ich den Eindruck, dass die Bayerische Staatsoper kein Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit hat." Am 27. Juli 2014 soll mit einer letzten Aufführung von Gaetano Donizettis "Lucrezia Borgia" Schluss sein.

Hat Staatsopern-Intendant Nikolaus Bachler mutwillig einen Weltstar abserviert? Oder will eine Diva, die den Zenit ihrer Karriere längst überschritten hat, nicht erkennen, dass ihre Zeit vorüber ist? Auf Fach- und Fanseiten im Internet kursieren unterschiedliche Einschätzungen. Gruberova, so eine Stimme auf "meingesamtkunstwerk.com" habe Großes geleistet und verdiene ebenso viel Respekt wie Placido Domingo, der auch mit 70 Jahren noch auf der Bühne stehe. Ein anderer Kommentar lobt die "mutige" Entscheidung der Staatsoper und attestiert der Künstlerin "Altersstarrsinn und Realitätsverlust".

Die Staatsoper wollte den Fall nicht kommentieren, verwies lediglich auf die Präsentation des Programms der neuen Saison im März. Zuletzt war Gruberova in München im Februar viermal als Elisabetta in Donizettis "Roberto Devereux" zu erleben.

Schwierig im Umgang

Die Mittsechzigerin ist längst ein Mythos ihrer selbst. Eigentlich wollte die Tochter einer ungarischen Mutter und eines deutschstämmigen Vaters Krankenschwester werden. Doch schon mit 15 Jahren begann sie ein Gesangsstudium am Konservatorium von Bratislava. Nach ersten Erfolgen in der slowakischen Provinz debütierte sie 1970 an der Wiener Staatsoper als "Königin der Nacht" in Wolfgang Amadeus Mozarts "Zauberflöte".

Meilensteine ihrer Weltkarriere sind Produktionen mit Herbert von Karajan bei den Salzburger Festspielen und ihr großer Auftritt als Violetta in Giuseppe Verdis "La Traviata" im Jahr 1989 unter Carlos Kleiber an der New Yorker Metropolitan Opera. Weil sich ihre Stimme nach eigener Einschätzung für das hoch dramatische Fach nicht eignete, spezialisierte sich die Gruberova mehr und mehr auf Belcanto-Werke von Komponisten wie Donizetti oder Vincenzo Bellini.

In einem Alter, wo andere große Sängerinnen ihre Bühnenkarriere längst an den Nagel gehängt haben, Meisterkurse geben oder sich, wie Brigitte Fassbaender, als Regisseurin und Intendantin einen neuen Wirkungskreis eröffneten, drechselt die Gruberova immer noch ihre Klangkunstwerke. Unter Intendanten, Regisseuren und Kollegen gilt sie als schwierig. Das betrifft nicht nur die Tatsache, dass sie fast ausschließlich im "Doppelpack" mit dem österreichischen Dirigenten Friedrich Haider zu haben ist, sondern auch ihr relativ enges Repertoire und ihre Aversion gegen allzu gewagte Regiekonzepte.

Weil ihre Vorgaben für Opernchefs oft schwer unter einen Hut zu bringen sind, ist sie immer häufiger in konzertanten Auftritten zu erleben. "Bei konzertanten Auftritten kann ich viel mehr mit der Stimme zaubern", schwärmte sie. Mit Blick auf die ebenfalls von ihr auch auf dem Konzertpodium interpretierte Rolle der sterbenden Violetta in Verdis "La Traviata" mochte sie nur einen Nachteil dieser Aufführungspraxis erkennen: "Wie stirbt man im Stehen?"

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