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Georg Ringsgwandl rockt zum 70. wie ein Junger

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Murnau - Georg Ringsgwandl klingt nicht wie ein älterer Herr. Im Gegenteil. Der Kabarettist, Liedermacher und Arzt sprüht vor Wortwitz, vor Lebensfreude und Energie. Dass er laut Geburtsurkunde am 15. November seinen 70. Geburtstag begeht, lässt ihn deshalb zweifeln: «Ich kann das nicht so recht glauben. Da muss sich wohl jemand im Standesamt verrechnet haben», bemerkt Ringsgwandl schelmisch im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur.

Auch wenn man wohl davon ausgehen kann, dass die Standesbeamten im oberbayerischen Bad Reichenhall im Jahr 1948 ihren Dienst sorgfältig verrichteten, jagt ihm die «7» bei der Altersangabe keinen Schrecken ein. «Das macht mir keine Angst. Deshalb werde ich diesen runden Geburtstag auch mit großer Gelassenheit angehen», verrät das Multitalent.

Ringsgwandl ist in Bad Reichenhall geboren und in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. «Meine Eltern waren Habenichtse», sagte er 2012 der «Süddeutschen Zeitung». Nach einem Medizinstudium in Würzburg und Kiel, das er 1975 mit Promotion abschloss, und einer Facharztausbildung zum Kardiologen arbeitete er von 1984 bis 1993 am Kreiskrankenhaus in Garmisch-Partenkirchen.

Schon während des Studiums war Ringsgwandl als Musiker aktiv. Mit schrillen Klamotten, bissigem Spott und schrägem Humor etablierte er sich Mitte der 70er Jahre zunächst in der Münchner Kleinkunst-Szene, später dehnte er seinen Wirkungskreis auf den gesamten deutschsprachigen Raum aus. 1988 erschien Ringsgwandls erstes Album «Das Letzte». Neben Kabarett- und Musikprogrammen schrieb er auch Theaterstücke, etwa «Die Tankstelle der Verdammten» - eine «Rockoperette». Für sein Schaffen wurde Ringsgwandl mit etlichen Preisen geehrt,unter anderem mit dem Salzburger Stier, dem Deutschen Kleinkunstpreis und dem Bayerischen Kulturpreis.

Nach seinem Geburtstag genehmigt sich der umtriebige Künstler eine kurze Auszeit - die sei bitternötig. «Das hat nur indirekt mit dem 70er zu tun, ich habe die letzten Jahre ja mehr oder weniger durchgearbeitet», sagt er. Sein jüngster Kraftakt trägt den Titel «Andacht & Radau». Nachdem er sich zuletzt leise und nachdenklich gegeben hatte, zeigt das neue Album Ringsgwandl rockiger und aggressiver denn je. «Ich dachte mir, wir geben nochmal so richtig Gas. Ohne Rücksicht auf Verluste und ohne irgendwelche Mäßigungen oder Selbstbeschränkungen», verrät er über die im Rheingau in sechs Tagen größtenteils live eingespielte CD.

Wie bei ihm üblich, nimmt der in Murnau lebende Musiker wieder viele aktuelle Themen aufs Korn: In «Das Digitale Proletariat» ätzt er zu Hard-Rock-Klängen über die Auswüchse der Handy- und Laptop-Generation, bei «Reiß de Hüttn weg!» blickt er schimpfend hinter schöne Fassaden und «I wui net Skifahrn, aber i muaß» geht als bärbeißiger Gegenentwurf zu Wolfgang Ambros' Ski-Hymne «Schifoan» durch.

Auch wenn jeder einzelne Song eine politische Komponente hat - zu einem weltpolitischen Statement lässt er sich auf «Andacht & Radau» nicht hinreißen. Warum nicht? Gibt es doch Themen in Hülle und Fülle. «Ich finde, dass diese Zeit im Vergleich zu anderen historischen Zeiträumen keine besondere Empörung hervorrufen muss», bemerkt der notorische Nonkonformist. Es sei heute nicht schlimmer und nicht besser als zu anderen Zeiten. «Ich glaube, dass die Leute nur anspruchsvoller geworden sind.»

Als er auf die Welt kam, sei der Zweite Weltkrieg gerade vorüber gewesen, das deutsche Sozialsystem habe nur in Anfängen existiert, in der Sowjetunion habe der düstere Kommunismus geherrscht und an der Zonengrenze wurde geschossen. Im Vergleich dazu sei Trump lediglich «eine Halloween-Nummer». Also: «Kein Grund zur Nervosität» sagt er im Brustton der Überzeugung und schickt augenzwinkernd hinterher: «Das findet zumindest der fälschlicherweise mit 70 Jahren bezifferte Georg Ringsgwandl.»

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