Hauptbild
Singer Pur Tage 2024 (c) Juan Martin Koch

Singer Pur in neuer Besetzung: Claire Elisabeth Craig, Christian Meister, Marcel Hubner, Manuel Warwitz, Silas Bredemeier und Jakob Steiner bei den Singer Pur Tagen Tagen 2024. Foto: Juan Martin Koch

Hauptrubrik
Banner Full-Size

Gut dosierte Romantik-Akzente: Singer Pur Tage 2024

Vorspann / Teaser

Bei der sechsten Ausgabe der Singer Pur Tage auf dem Adlersberg bei Regensburg stand Musik des 19. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Composer in Residence war Howard Arman

Publikationsdatum
Paragraphs
Text

Was fangen die drei Männerstimmen da tuschelnd zu diskutieren an? Lassen sie die Aufführung gleich platzen? Nach der ersten Irritation wird klar, dass diese kleine Inszenierung auskomponierter Bestandteil von Howard Armans Oscar-Wilde-Vertonung „The Disciple“ ist, eine von zwei Uraufführungen des Composer in Residence bei den Singer Pur Tagen. Den ohnehin schon hintersinnig verschlungenen Text, der den Mythos des Narziss aus der Sicht des Teiches erzählt, in dessen Spiegelung der Selbstverliebte sich verliert, verunklart Arman noch durch einen bewusst disparaten Zugriff.

Zunächst prägen die beiden von der Orgelempore herab singenden Oberstimmen den atmosphärisch-flächigen, mit Intervallreibungen aufgerauten Einstieg über dem Summen der im Altarraum verbliebenen vier Sänger. Diese steigern sich zu einem dramatischen Erzählton, aus dem Tenor Marcel Hubner mit einem stimm- und charakterstarken Solo hervortritt. Im zweiten Teil wechselt Arman zu einer an den englischen Madrigalstil angelehnten Satztechnik, ehe Sopran und hoher Tenor (zwischenzeitlich zu ihren Kollegen zurückgekehrt) nunmehr hinter dem Altar verschwinden und das Stück nach einer Reprise der merkwürdigen Disputandeutung abrupt endet.

Artikel auswählen
Bild
Howard Arman (c) Juan Martin Koch

Composer in Residence bei den Singer Pur Tagen 2024: Howard Arman. Foto: Juan Martin Koch

Text

Trotz des leicht überfrachteten Zugriffs war dieser Zehnminüter – erstklassig interpretiert – die interessantere der beiden Uraufführungen. Tags darauf hinterließ Armans postbarocke Bearbeitung des Chorals „Herzlich lieb hab ich dich“ (die zweite Strophe „Ach Herr lass dein lieb’ Engelein“ bildet den Schluss von Bachs Johannespassion) einen schwächeren Eindruck. Das lag auch ein wenig daran, dass das Sextett kleine Probleme mit der etwas schematischen Fragmentierung der ansonsten im Original belassenen Einzelstimmen hatte. Hier wirkte vielleicht noch die Konzentrationsstörung nach, die zuvor ein unvermeidliches Handy-Piepsen inmitten von Carl Loewes „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze“ hervorgerufen hatte.

Carl Loewe? Ja, denn Singer Pur setzten erstmals bei dem ursprünglich vom Ensemble Stimmwerck gegründeten Adlersberger Festival den Fokus nicht auf Renaissance-Polyphonie, sondern auf romantische A-cappella-Musik, der Anna Drobílková passende Orgelintermezzi zur Seite stellte (Philipp Wolfrum, Josef Rheinberger, August Ritter). Neben überzeugendem Brahms („Letztes Glück“!), Mendelssohn, Schumann („Die Rose stand im Tau“!), Reger oder Liszt („Ave verum corpus“!) stand erfreulicherweise auch Selteneres auf dem Programm. So hinterließen etwa Fanny Hensels „Nacht liegt auf den fremden Wegen“, Wilhelm Bergers „Die Kapelle am Strande“ oder Albert Beckers „Nach dir, Herr, verlanget mich“ starke Eindrücke.

Singer Pur zeigten sich nach mehreren Umbesetzungen – zuletzt wurde auf der Bassposition Felix Meybier von Silas Bredemeier ersetzt – auf erstaunlich hohem Niveau. Die Balance aus individuell gestalteten Einzelstimmen und Homogenisierung funktionierte über weite Strecken bewundernswert, wobei Claire Elizabeth Craig und Christian Meister in der Höhe besondere Glanzpunkte setzten und Manuel Warwitz und Jakob Steiner für gut dosierte Mittelstimmenakzente sorgten.

Bild
Singer Pur Pilger auf Erden CD Cover

„Pilger auf Erden“: die neue CD von Singer Pur (Oehms Classics)

Text

Die aktuelle CD „Pilger auf Erden“ (Oehms Classics), die den roten Faden im abschließenden Konzert bildete, bietet die reizvolle Gelegenheit, die „alte“ Besetzung (mit Sopranistin Claudia Reinhard und Tenor Markus Zapp) noch einmal im Vergleich zur beinahe aktuellen (noch mit Bassist Felix Meybier) zu hören.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!