Bei der sechsten Ausgabe der Singer Pur Tage auf dem Adlersberg bei Regensburg stand Musik des 19. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Composer in Residence war Howard Arman
Gut dosierte Romantik-Akzente: Singer Pur Tage 2024
Trotz des leicht überfrachteten Zugriffs war dieser Zehnminüter – erstklassig interpretiert – die interessantere der beiden Uraufführungen. Tags darauf hinterließ Armans postbarocke Bearbeitung des Chorals „Herzlich lieb hab ich dich“ (die zweite Strophe „Ach Herr lass dein lieb’ Engelein“ bildet den Schluss von Bachs Johannespassion) einen schwächeren Eindruck. Das lag auch ein wenig daran, dass das Sextett kleine Probleme mit der etwas schematischen Fragmentierung der ansonsten im Original belassenen Einzelstimmen hatte. Hier wirkte vielleicht noch die Konzentrationsstörung nach, die zuvor ein unvermeidliches Handy-Piepsen inmitten von Carl Loewes „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herze“ hervorgerufen hatte.
Carl Loewe? Ja, denn Singer Pur setzten erstmals bei dem ursprünglich vom Ensemble Stimmwerck gegründeten Adlersberger Festival den Fokus nicht auf Renaissance-Polyphonie, sondern auf romantische A-cappella-Musik, der Anna Drobílková passende Orgelintermezzi zur Seite stellte (Philipp Wolfrum, Josef Rheinberger, August Ritter). Neben überzeugendem Brahms („Letztes Glück“!), Mendelssohn, Schumann („Die Rose stand im Tau“!), Reger oder Liszt („Ave verum corpus“!) stand erfreulicherweise auch Selteneres auf dem Programm. So hinterließen etwa Fanny Hensels „Nacht liegt auf den fremden Wegen“, Wilhelm Bergers „Die Kapelle am Strande“ oder Albert Beckers „Nach dir, Herr, verlanget mich“ starke Eindrücke.
Singer Pur zeigten sich nach mehreren Umbesetzungen – zuletzt wurde auf der Bassposition Felix Meybier von Silas Bredemeier ersetzt – auf erstaunlich hohem Niveau. Die Balance aus individuell gestalteten Einzelstimmen und Homogenisierung funktionierte über weite Strecken bewundernswert, wobei Claire Elizabeth Craig und Christian Meister in der Höhe besondere Glanzpunkte setzten und Manuel Warwitz und Jakob Steiner für gut dosierte Mittelstimmenakzente sorgten.
Die aktuelle CD „Pilger auf Erden“ (Oehms Classics), die den roten Faden im abschließenden Konzert bildete, bietet die reizvolle Gelegenheit, die „alte“ Besetzung (mit Sopranistin Claudia Reinhard und Tenor Markus Zapp) noch einmal im Vergleich zur beinahe aktuellen (noch mit Bassist Felix Meybier) zu hören.
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