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Jonathan Nott. Foto: Presse Stiftung Bamberger Symphoniker
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Jonathan Nott - Uneitler und kommunikativer Musikvermittler

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Bamberg - Dass sich ein bekannter Dirigent sein Schicksal für viele Jahre oder gar auf Lebenszeit mit einem einzigen Orchester verbindet, ist selten geworden. Im 21. Jahrhundert tingeln die Maestri als Reisende in Sachen Musik munter um die Welt. Viele haben gleich mehrere Chefpositionen auf verschiedenen Kontinenten inne. Jonathan Nott ist eine Ausnahme. Der Chefdirigent der Bamberger Symphoniker bekleidet diese Position schon seit dem Jahr 2000.

Wenn sein erst jüngst verlängerter Vertrag 2016 endet, wird er 16 Jahre am Pult des von böhmischen Flüchtlingen gegründeten Orchesters gestanden haben. Mehr als Horst Stein, sein legendärer Vorgänger, der es in Bamberg auf elf Jahre brachte. An diesem Donnerstag (20. Oktober) dirigiert Nott in der Konzerthalle Bamberg sein Orchester zum 500. Mal.

Nott galt lange Zeit als Geheimtipp. Mittlerweile jedoch kommen Anfragen für Gastkonzerte mit den Bambergern oder Gastdirigate aus aller Welt. Zwar zählt der 48 Jahre alte Brite nicht zur absoluten Weltelite seiner Zunft. Über seine Qualitäten als Orchestererzieher, kommunikativer Musikvermittler und inspirierter Interpret gibt es jedoch keine Zweifel.

Vielleicht liegt es auch einfach an seiner uneitlen, bescheidenen Art, dass er nur selten in einer Reihe mit Stars wie Zubin Mehta, Mariss Jansons oder Simon Rattle genannt wird. So sagte er einmal in einem Interview über sich selbst, die Bamberger hätten eben einen Dirigenten, "der nicht unbedingt Weltruhm mitbringt".

Von Batignano nach Bamberg

Eigentlich wollte Nott, der schon als Sohn eines evangelischen Pfarrers im Kirchenchor mitwirkte, Sänger werden. Ein Gesangsstudium an der Universität Cambridge schmiss er hin, weil er dafür, so meinte er, nicht die "richtige Stimme" hatte. Also wurde er Dirigent. Der Gesang spiele aber nach wie vor eine wichtige Rolle für ihn, bekannte er in einem Interview. Er komme "nicht weg vom Gesang, von der Kantilene": "Das Konzept von Klang und Kantilene ist bei mir Grundlage des Musikmachens. (…) Denn letztlich sollten alle Instrumente die Schönheit des Gesangs nachmachen können."

Die musikalische "Ochsentour" führte ihn nach seinem Debüt bei einem Festival im toskanischen Städtchen Batignano zunächst als Kapellmeister an die Oper Frankfurt und zum Hessischen Staatstheater Wiesbaden, wo er sich Routine erwarb und ein breites Spektrum an Opern dirigierte, darunter auch Richard Wagners Nibelungen-Tetralogie. Es folgte seine Berufung als Musikdirektor an das Theater im Schweizerischen Luzern. Parallel dazu leitete er das von Pierre Boulez gegründete Ensemble Intercontemporain, ein renommiertes Spezialensemble für zeitgenössische Musik, bevor er in Bamberg begann.

Unter seiner Ägide ist das Orchester aus der fränkischen Provinz, das 2003 zur Bayerischen Staatsphilharmonie geadelt wurde, zu einem national wie international gefragten Klangkörper geworden. Gastengagements führten ihn und seine Musiker unter anderem zum renommierten Luzern Festival, zu den Salzburger Festspielen und zum Edinburgh International Festival. Das Magazin "Zeit" attestierte Nott eine "geistige Frische, die an Leonard Bernsteins Überzeugungskraft erinnert".

Urlaub im "Komponierhäusel"

Die zeitgenössische Musik zählt zu den Schwerpunkten seines Schaffens. Aufsehen erregten ein Zyklus von Schubert-Sinfonien, die er mit Werken des 20. und 21. Jahrhunderts kombinierte, sowie eine Aufführung aller neun Beethoven-Sinfonien an nur vier Abenden. 2009 dirigierte er einen Zyklus der Sinfonie von Johannes Brahms. Wie ein roter Faden ziehen sich auch die ausladenden Klangschöpfungen Gustav Mahlers durch seine künstlerischen Aktivitäten mit den Bamberger Symphonikern. Die Sinfonien 1 bis 5 und 9 hat er für das kleine, wenig bekannte Label Tudor, auch auf CD eingespielt.

2009 wurde Nott für seine Aufnahme von Mahlers 9. Symphonie mit dem Internationalen Schallplattenpreis "Toblacher Komponierhäusel" ausgezeichnet. In dem Südtiroler Dorf verbrachte Mahler mehrere Sommerurlaube, in denen er sich in einem eigens gebauten "Komponierhäusel" seiner schöpferischen Arbeit widmete.

Ein Werk seines Lieblingskomponisten steht natürlich auch auf dem Programm von Notts Jubiläumskonzert am 20. Oktober in Bamberg. Nach Schuberts "Unvollendeter" wird er Mahlers 4. Sinfonie interpretieren. Man habe bei Mahlers Werken, so erklärte der Künstler einmal, die Chance "echte Tiefe und beeindruckende Andeutungen" zu finden, wenn nicht sogar Antworten auf die ewigen Fragen des Lebens, des Menschseins, des Todes.

 

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