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Personalia (2009/05)

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Stefan Meuschel - Maurice Jarre - Ulf Schirmer - Franzpeter Messmer - Ingo Metzmacher - Lothar Zagrosek

Kultur-Mensch mit dem Weitblick des Kenners
Zum Tod des VdO-Geschäftsführers und Herausgebers von Oper & Tanz Stefan Meuschel

Auch für die neue musikzeitung hat er in unregelmäßigen Abständen geschrieben, kritisch, kompetent und stilsicher: Stefan Meuschel, der am 7. April nach schwerer Krankheit gestorben ist. Die journalistische Arbeit allerdings war nur ein Nebenjob für den agilen Vielseiter. Was aber war eigentlich sein Hauptberuf?

Regieassistent, unter anderem bei Fritz Kortner, Regisseur bei Film und Theater, Drehbuchschreiber, Dramaturg, seit fast 30 Jahren im Auftrag von Künstler-Gewerkschaften unterwegs, dabei immer kulturpolitisch aktiv, Gremienmitglied bei der KSK, dem Regieverband und der VG Bildkunst: Im Hauptberuf war Stefan Meuschel wohl „Kulturmensch“ im besten Sinne des Wortes. Nach seinen künstlerischen Stationen bei Film und Theater, unter anderem in München und Berlin, wurde er zunächst Gewerkschaftssekretär beim Bundesvorstand der DAG in Hamburg, 1995 macht ihn die Vereinigung Deutscher Opernchorsänger und Bühnentänzer (VdO) zu ihrem Geschäftsführer.

„Stefan Meuschel war eigentlich ein unmöglicher Gewerkschafter“, schreiben seine Nachfolger im Amt, Tobias Könemann und Gerrit Wedel, im Nachruf der Zeitschrift „Oper & Tanz“, deren Herausgeber Stefan Meuschel übrigens auch zehn Jahre lang war. „Unmöglich“ in dem Sinne, dass er bei allem Engagement für die Künstler, ihre Tarife und Arbeitsbedingungen, das Große und Ganze der Kultur nie aus den Augen verlor. Nicht ohne Grund genoss er sowohl das volle Vertrauen „seiner“ Gewerkschafts-Mitglieder als auch den Respekt der Gegner am Verhandlungstisch. Wichtiger als die Zahl hinter dem Komma war ihm das Fortbestehen der (Theater-)Kultur in all ihrer Vielfalt und in ihrer kritischen Reflexion des menschlichen Lebens. Den „kulturellen Sand im Getriebe“ forderte er in einem Interview, „wenn die weltweite Vernetzung nicht zum Amüsierbetrieb auf dem Vulkan“ werden solle.

Mit dem ConBrio Verlag war er vor allem durch die gemeinsame Arbeit an der Zeitschrift „Oper & Tanz“ verbunden, die häufig in Abend- und Nachtarbeit, mit tatkräftiger Unterstützung seiner Frau Monika von Loeben, entstand. Nicht immer bequem war er, wenn er – wo alle anderen schon den gemütlichen Teil des Abends bei gutem Essen und gutem Wein vor Augen hatten – noch einmal den Rotstift hob und mit Akribie und umfassendem Wissen einen Satz, eine Zahl, einen beschriebenen Zusammenhang korrigierte, wenn er Texte, die seinem Anspruch nicht genügten, rabiat veränderte oder gleich ganz strich. Der Qualität des Heftes tat dies regelmäßig sehr gut.

Wenn alle anderen den Gedanken an Wein und Essen schon fast aufgegeben hatten, wurde er doch immer wieder Realität. Dazu gab es lange und gute Gespräche wie Diskussionen. Und so wurde aus der beruflichen Zusammenarbeit schnell viel mehr. Das Kultur- und vor allem das Theaterleben verliert mit Stefan Meuschel einen klugen, umfassend gebildeten, kritisch-analytischen und höchst engagierten Kämpfer für die Sache. ConBrio und das Team von „Oper & Tanz“ verlieren darüber hinaus einen Freund. bh

„Schiwago“-Komponist Maurice Jarre gestorben

Auf der diesjährigen Berlinale waren sie noch einmal auf der Breitwand-Leinwand zu sehen gewesen, David Leans Kino-Träume, die Maurice Jarre in den Sixties orchestriert hatte: „Lawrence von Arabien“ und „Ryans Tochter“. Insgesamt viermal hatte Jarre den Takt vorgegeben für Lean und dafür drei „Oscars“ kassiert: für das Lawrence-Biopic, „Reise nach Indien“ und „Doktor Schiwago“. Die Schiwago-Melodie wurde zum Welthit. Bei uns sang sie Karel Gott: „Weißt du, wohin?“. Natürlich war das auch ein Fluch für den 1924 in Lyon geborenen Komponisten, der als Schlagzeuger und Dirigent am Pariser Konservatorium angefangen hatte. Schon in den frühen 50er-Jahren war er zum Film gekommen. Seine kammermusikalischen Partituren für Georges Franjus Horrorfilme („Augen ohne Gesicht“) verstörten anfangs das Publikum. Maurice Jarre war ein Meister der Orchestrierung und seine perkussiven Scores grundierten die Kinofantasien von Frankenheimer („Grand Prix“), Visconti („Die Verdammten“) oder Hitchcock („Topas“). In den 80er-Jahren mixte er für Peter Weir Hollywood-Sinfonik mit elektronischen Ethno-Sounds („Der einzige Zeuge“) Im Februar überreichte ihm sein „Blechtrommel“-Freund Volker Schlöndorff in Berlin den Golden Ehrenbären für sein Lebenswerk. Am 29. März ist Maurice Jarre in Los Angeles gestorben. vr

Schirmer für Leipzig

Ulf Schirmer wird Generalmusikdirektor der Oper Leipzig. Der Künstlerische Leiter des Münchner Rundfunkorchesters (mit Vertrag bis 2012) tritt sein Amt mit Beginn der Spielzeit 2009/10 an, sein Vertrag ist auf fünf Jahre befristet. Die Position des Generalmusikdirektors der Leipziger Oper war seit Mai 2008 nicht besetzt, nachdem Gewandhauskapellmeister Riccardo Chailly diesen Posten abgegeben hatte. www.oper-leipzig.de

Tonkünstler Messmer

Franzpeter Messmer ist neuer Vorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Tonkünstler (LVBT). Die Delegierten wählten den Buchautor und Festivalleiter zum Nachfolger von Dirk Hewig, der sich nach sechsjähriger Amtszeit nicht mehr zur Wahl stellte und zum Ehrenvorsitzenden gewählt wurde. Dirk Hewig werde dem Verband weiterhin beratend zur Seite stehen, heißt es in der Mitteilung des LVBT (siehe auch S. 30 und 51). www.dtkv-bayern.de

Dirigentendämmerung in Berlin
Metzmacher schmeißt hin, Preisträger Zagrosek ist kurz davor

Stürmische Wochen in der Berliner Orchesterlandschaft: Nachdem Ingo Metzmacher aus Protest gegen eine faktische Zurückstufung des Deutschen Symphonie-Orchesters Berlin im neuen Stellenplan Ende März angekündigt hatte, seinen Vertrag als Chefdirigent und Künstlerischer Leiter nicht über 2010 hinaus zu verlängern, kamen vom Chefdirigenten und stellvertretenden Intendanten des Konzerthausorchesters Lothar Zagrosek ähnliche Signale. Nachdem er zunächst mitgeteilt hatte, „dass er für eine Fortführung seiner seit drei Jahren von großer öffentlicher Zustimmung begleiteten inhaltlichen Neupositionierung des Konzerthausorchesters aufgrund der fehlenden Unterstützung seiner Arbeit keine Perspektive mehr“ sehe, kam das Thema bei der einige Tage später angesetzten Pressekonferenz – zum Unmut einiger anwesender Pressevertreter – allerdings nicht mehr zur Sprache. Man habe Stillschweigen bis zu einem Treffen zwischen Zagrosek und Berlins Kulturstaatssekretär André Schmitz vereinbart, hieß es. Ob die Rücktrittsdrohung als medienwirksames taktisches Manöver im Vorfeld dieses Gesprächs zu bewerten sei, darüber gingen die Meinungen auseinander. Denkbar ist auch, so war im Berliner Tagesspiegel zu lesen, dass das Konfliktpotenzial im Verhältnis von Dirigent und Orchester liegt. Zagrosek, der kürzlich für seine innovativen Konzertprogramme abseits des Standardrepertoires und jenseits herkömmlicher Veranstaltungsformen den Kritikerpreis 2009 in der Sparte Musik zugesprochen bekam, habe mit seinem Konzept möglicherweise nicht mehr den notwendigen Rückhalt bei den Orchestermitgliedern. Berlin ist, so scheint es, kein geeignetes Pflaster für Dirigenten mit eigenständigen programmatischen Visionen. jmk

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