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Personalia 2013/05

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Der Komponist als Narziss: Eindrücke aus dem neu eröffneten Wolfgang-Rihm-Forum der Karlsruher Musikhochschule +++ Zum Tod von Mascha Blankenburg +++ Preis für Jazzjournalismus an Ralf Dombrowski +++ Helmuth Rilling zum 80. Geburtstag

Der Komponist als Narziss: Eindrücke aus dem neu eröffneten Wolfgang-Rihm-Forum der Karlsruher Musikhochschule

Der Komponist als Narziss: Wolfgang Rihm schaut in einer Fotomontage prüfend auf sein Spiegelbild – die Rihm-Büste, die von der in Karlsruhe lebenden Bildhauerin Mechthild Ehmann geschaffen wurde. Angeschweißt auf eine Metallplatte, auf der Noten aus des Komponisten „Dionysos“-Oper zu lesen sind, blickt dieser, lehmfarben koloriert und an einer Wand im Korridor des neuen Wolfgang-Rihm-Forums der Karlsruher Musikhochschule aufgehängt, in die?... ja wohin? Auf die Studenten des Kompositionslehrers Wolfgang Rihm? Auf die Besucher im wunderbaren neuen Saal der Hochschule, die Rihms Musik hören wollen? Oder ganz einfach auch nur ins Innere des eigenen Ichs? Rihm bedankte sich bei der Künstlerin mit einer kleinen Reflexion über die Identitäten von Schöpfertum, der eigenen Existenz und deren Transformation in das neue andere Kunstmedium. Rihm findet für alles stets gebildete Worte. Nach der intimen Vorfeier mit geladenen Gästen wurde soeben der neue „CampusOne“ der Hochschule für Musik Karlsruhe eingeweiht. Darüber wird die nmz in der nächsten Ausgabe ausführlicher berichten. Aber schon die Vorbesichtigung mit Rihm-Konzert und schönen Reden hinterließ einen guten Eindruck. Die Karlsruher Hochschule präsentiert sich als Ort, an dem die Zukunft der Musik gesichert wird. [Gerhard Rohde]

Zum Tod von Mascha Blankenburg

Sie war eine Initiatorin, keine Vollenderin. Elke Mascha Blankenburg gehörte Ende der 1970er-Jahre zu den Initiatorinnen der Frauenmusikbewegung im Westen Deutschlands, sie war eine der Gründerinnen des „Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik“. Mit ihrem Namen verbinden sich Uraufführung und Edition vergessener Orchestermusik und Vokalsinfonik von Fanny Mendelssohn, Louise Farrenc und Marianne Martinez. Sie hat geistliche Werke von Barbara Strozzi, Francesca Caccinis frühe Oper, aber auch Bachs Messe in h-Moll und das Brahms-Requiem auf CD eingespielt – mit von ihr ins Leben gerufenen Formationen wie dem Leonarda-Ensemble oder der Kölner Kurrende. Mascha Blankenburg vereinte in sich die Kirchenmusikerin, die Dirigentin, die Chansonette, die Historikerin, die Herausgeberin, die Journalistin und die Autorin. Sie hat viel gelebt. Immer wieder schrieb sie – unter anderem einen Band mit Porträts dirigierender Frauen, aus dem sie auch las. Am 9. März ist sie im 70. Lebensjahr nach schwerer Krankheit verstorben. [Frank Kämpfer]

Preis für Jazzjournalismus

Der Journalist Ralf Dombrowski, unter anderem für die neue musikzeitung, die JazzZeitung und die Süddeutsche Zeitung tätig, hat im Rahmen der offiziellen Eröffnungsfeier der Musikfachmesse jazzahead! in Bremen den Preis für deutschen Jazzjournalismus verliehen bekommen. Die Jury, bestehend aus dem Vorjahrespreisträger Hans-Jürgen Linke, dem Musiker Dieter Ilg und Spiegel-Redakteur Hans Hielscher, würdigte Dombrowskis breit gefächertes Fachwissen und sein weites stilistisches und formales Spektrum. Die Pressemitteilung der jazzahead! zitiert den Preisträger: „Dieser Preis beweist dem Einzelkämpfer am Heimcomputer, dass seine Arbeit nicht nur wahrgenommen wird, sondern im besten Fall auch etwas zur Diskussion beiträgt, Menschen für die Musik begeistert oder zum Nachdenken anregt.“ Die Hamburger Dr. E.A. Langner-Stiftung dotiert die Auszeichnung mit 5.000 Euro.

Bachs tiefer Schattenwurf: Helmuth Rilling zum 80. Geburtstag

Aktive Künstler verdienen neben guten Wünschen zu ihren Jubiläen die erhellende Darstellung ihres Tätigkeitsfeldes, der Essenz ihres Daseins. Da die Künste auf ihre Weise unsere gesellschaftliche Wirklichkeit prägen, stehen die Künstler, die sich für sie engagieren, in der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit. Unter dieser Prämisse ist gerade der achtzigjährige Helmuth Rilling mit seinem rund fünfzigjährigen Wirken als reproduzierender Künstler ohne Einschränkung zu würdigen. In seiner frühen Entscheidung für die Musik als Beruf hatte ihn ein Gymnasiallehrer, der ihm von der Wahl abriet, beirren wollen, aber nicht können. Mit Studienfreunden übte sich Rilling in Gächingen auf der Schwäbischen Alb im Chorgesang. Aus der Liebhaberei entstand 1954 die Gächinger Kantorei, elf Jahre später das instrumentale Bach-Collegium Stuttgart. Beide bilden bis heute den Kern der 1981 gegründeten Internationalen Bachakademie Stuttgart.

Rillings persönlicher Weg führte über kirchenmusikalische Tätigkeiten als Organist und Chor-/Orchesterleiter zum berühmten Oratorien-Interpreten. Ab den 1960er-Jahren reüssierte er mit seinen Ensembles, auch aber als gefragter Gastdirigent, und das international. Das fiel in die Zeit, als im öffentlichen Musikleben vergangenheitsbezogen operierende Tutti-Verfechter auf die sich etablierende, oft von radikalen Klangasketen beherrschte Originalklangbewegung stießen. Rilling entschied sich für den künstlerisch zwischen diesen Richtungen verlaufenden Mittelweg, auf dem er als Interpret seine Authentizität bewies.

Für Rilling steht immer die rigorose Klarheit bei der Wiedergabe musikalischer Inhalte vornan. Die christliche Lehre, in die er familiär hineingewachsen war, bildet dabei einen wesentlichen Ansatz, aber nur einen. Generell tritt bei Rilling in den Vordergrund, sich der Wahrhaftigkeit eines jeden musikalischen Kunstwerks auszusetzen, zu vergewissern und sie dann weiterzugeben. Daraus erwuchs Rillings interpretatorische Zielvorgabe, für die er sich nicht an stilistische Observanz band, sondern die kompositorisch durchgebildete Eindeutigkeit der jeweiligen Komposition erkannte. Aus dieser Haltung resultiert sein Repertoire. Bachs Œuvre steht für Rilling im Rang eines Leitbildes, dem er sich als dirigierender Interpret fortan widmete. Als erster realisierte er die Tonträger-Aufnahme aller erfassten Kantaten Bachs. Für eine Edition des Gesamtwerkes zum Bachjahr 2000 fungierte er als künstlerischer Leiter.

Von Bach führt Rillings Weg bis in die Moderne: auf so unterschiedliche Komponisten wie Wolfgang Rihm, Krzysztof Penderecki, Tan Dun, Sofia Gubaidulina, Edisson Denissow, Sven-David Sandström fiel seine Wahl für Werkaufträge. Zwischen Bach und dieser Gruppe stößt man auf Repertoire-Fixpunkte, die von Mozart, Schubert, Mendelssohn und Brahms eingenommen werden. Bei ihnen allen spürt Helmuth Rilling dem einzigartigen Kompositionsideal Bachs nach: der Klarheit, der Wahrhaftigkeit. Und dieses Ideal gibt er weiter als Pädagoge, setzt mit Meisterkursen, mit international gegründeten Bach-Akademien und Konzerten von Chile bis China Maßstäbe, die im Zeichen Bachs durch Beeinflussung des Nachwuchses in nah und fern Spuren hinterlassen. Die Leitung der Stuttgarter Akademie legt Rilling nach seinem achtzigsten Geburtstag, den er am 29. Mai 2013 feiert, nieder. Seine Arbeit unter dem tiefen Schattenwurf Bachs geht weiter. [Hanspeter Krellmann]
 

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