Wenn der Kultur- zum Sparminister wird – Auf der Musikmesse Frankfurt fand die Verleihung des „Musik-Gordi“ 2015 statt +++ Osterfestspielpläne: Peter Ruzicka wieder in Salzburg +++ Musikautorenpreis für Helmut Lachenmann +++ Leo McFall gewinnt Deutschen Dirigentenpreis 2015 +++ Goldberg Award +++ Staatspreis für Beat Furrer +++ Deutscher Pianistenpreis +++ Vogler bleibt in Dresden
Wenn der Kultur- zum Sparminister wird – Auf der Musikmesse Frankfurt fand die Verleihung des „Musik-Gordi“ 2015 statt
Im Rahmen der Internationalen Musikmesse in Frankfurt am Main wur-de der diesjährige Gewinner des „Musik-Gordi“ bekannt gegeben. Mathias Brodkorb, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern, erhält in diesem Jahr den gordischen Knoten des Musiklebens, der als Negativpreis vom Magazin Musikforum gemeinsam mit der neuen musikzeitung ins Leben gerufen wurde. Zum ersten Mal konnte jeder Interessierte an der Abstimmung via Internet teilnehmen.
Brodkorb verdankte seine Nominierung im Wesentlichen seiner Theaterreform, die schwere Einschnitte in die ostdeutsche Theaterlandschaft mit sich brachte: In Mecklenburg-Vorpommern könnten sich die Finanzpolitiker entspannt zurücklehnen, hieß es in der Gordi-Ausschreibung. Kulturminister Mathias Brodkorb erledige den Job ganz alleine: Kürzungen in Schwerin, Spartenschließungen in Rostock, Fusion der bereits Fusionierten Neubrandenburg-Neustrelitz und Greifswald-Stralsund. Dass in Rostock noch immer die Luft brennt, ist auch an den jüngsten Meldungen aus der Hansestadt zu erkennen: Nachdem der Intendant des Rostocker Volkstheaters, Sewan Latchinian, fristlos entlassen worden war, weil er bei einer Demonstration Anfang März die Theaterpolitik in Mecklenburg-Vorpommern mit den Kulturzerstörungen durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ verglichen hatte, soll er nun nach dem Willen der Rostocker Bürgerschaft Intendant des Volkstheaters bleiben.
Während der dritte Nominierte, EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker, kaum Stimmen auf sich ziehen konnte, erreichte die Zweitplatzierte, die Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Wissenschaft, Sandra Scheeres, ein durchaus respektables (Negativ-)Ergebnis. Dies hat sie vor allem ihrer desaströsen Bildungspolitik im Bereich der bezirklichen Musikschulen zu verdanken.
Ein Bericht von Stefan Gretsch auf Seite 34 sowie ein Kommentar von Christian Höppner auf Seite 18 dieser Ausgabe beleuchten die Problematik der Berliner Musikbildungslandschaft.
Shakespeare, Henze und Trojahn – Osterfestspielpläne: Peter Ruzicka wieder in Salzburg
Peter Ruzicka ist wieder in Salzburg. Neun Jahre nach seinem Abschied von den Salzburger Festspielen kehrt er an die Salzach zurück, um gemeinsam mit Christian Thielemann die 1967 durch Herbert von Karajan gegründeten Osterfestspiele zu leiten.
„Da wir uns seit 25 Jahren gut kennen und eine künstlerische Freundschaft besteht, habe ich das sehr gerne gemacht“, begründet Ruzicka die Zusage.
Thielemann, seit 2013 Künstlerischer Leiter der Osterfestspiele, hatte in den 1980er-Jahren während Ruzickas Hamburger Intendanz die musikalische Leitung von Ruth Berghaus‘ „Tristan“-Produktion inne, damals seine erste Begegnung mit Wagner – und bald darauf sein Billet für Bayreuth.
Auch die Sächsische Staatskapelle, die seit dem Weggang der Berliner Philharmoniker zu Ostern in Salzburg residiert, kennt Ruzicka gut: „Das ist eines der ganz wunderbaren Orchester, weil es einen Eigenklang hat, der mitteleuropäischen Orches-tern immer mehr verloren zu gehen scheint.“ Die Kapelle hatte Ruzickas Oper „Celan“ in Dresden uraufgeführt und war während seiner Festspiel-Ägide mehrfach in Salzburg zu Gast, erinnert sich der Düsseldorfer: „Dem Orchester bin ich über die Jahre sehr verbunden geblieben, und ich hoffe, dass dessen sehr glückliche künstlerische Ehe mit Thielemann noch viele Jahre währen wird.“
Für Salzburg 2016 ist jetzt – nach dem diesjährigen Doppelprojekt „Cavalleria rusticana“ / „Pagliacci“ – mit Verdis „Othello“ ein weiteres Eifersuchtsdrama angekündigt. Peter Ruzicka und Christian Thielemann wollen diese von Vincent Boussard inszenierte Produktion (mit Johan Botha im Titelpart) zu einem Shakespeare-Schwerpunkt ausweiten und die Ouvertüren zu Webers „Oberon“ und Mendelssohns „Sommernachts-traum“ sowie Tschaikowskys Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“ erklingen lassen. Ferner stehen Beet-hovens „Missa solemnis“ und Bachs h-Moll-Messe auf dem Programm. In letzterer wirkt erstmals der Dresdner Kreuzchor in Salzburg mit.
Neben Musik von Hanns Eisler und der 8. Sinfonie von Hans Werner Henze soll zudem die Uraufführung „Four Women from Shakespeare“ von Manfred Trojahn als von Ruzicka initiiertes Auftragswerk erklingen.
Als „große Herausforderung“ sehe er das 2017 bevorstehende Jubiläum der Festspiele und würdigte die seinem Vorgänger Peter Alward zu verdankende Konstallation Thielemann und Staatskapelle in Salzburg: „Es gibt niemanden, der nicht anerkennen würde, dass hier in Mitteleuropa eine besondere künstlerische Säule entstanden ist.“ [Michael Ernst]
Musikautorenpreis für Helmut Lachenmann
Helmut Lachenmann erhält den Deutschen Musikautorenpreis der GEMA in der Kategorie Lebenswerk. „Sein weltweit rezipiertes Œuvre“ sei, so Jury-Mitglied Georg Katzer, „umfangreich, bedeutend und von großem Einfluss auf das Komponieren neuer Musik“. Lachenmann reagierte erfreut, da der Preis den Gedanken ehre, „den ich nicht gepachtet habe, aber der mich von Anfang an mit aller Konsequenz geleitet hat: die Bereitschaft und die Lust, als Komponist ins Unbekannte, Ungewohnte, auch Unberührte vorzustoßen, so wie das die Komponisten der letzten Jahrhunderte, deren Werke uns heute begeis-
tern, ohne Rücksicht auf schnellen Erfolg auf ihre Weise immer wieder riskiert haben, einfach, weil sie nicht anders konnten.“ Die Gewinner der weiteren Kategorien (darunter Audiovisuelle Medien, Musiktheater und Orchester) werden am Abend der Preisverleihung am 21. Mai in Berlin bekannt gegeben.
Leo McFall gewinnt Deutschen Dirigentenpreis 2015
Leo McFall, der 1. Kapellmeister des Südthüringischen Staatstheaters Meiningen, hat den mit 15.000 Euro dotierten Deutschen Dirigentenpreis 2015 gewonnen, der vom Deutschen Musikrat in Zusammenarbeit mit dem Konzerthaus Berlin vergeben wird. Im Finalkonzert Ende April im Konzerthaus Berlin setzte sich McFall mit der Interpretation seines Wettbewerbsstücks „Sinfonische Metamorphosen nach Themen von Carl Maria von Weber“ von Paul Hindemith gegen die Mitbewerber Ciarán McAuley und Justus Thorau durch.
Der 33-jährige Brite ist seit 2013 1. Kapellmeister des Südthüringischen Staatstheaters, wo er für die musikalische Leitung von „I Puritani“ und „Gianni Schicci / Der Bajazzo“ verantwortlich war und Vorstellungen von „Tannhäuser“, „Tristan und Isolde“ sowie „Rigoletto“ dirigierte. Mit der musikalischen Leitung der Opernproduktion „La Traviata“, die am 26. Juni 2015 in der Regie von Christian Poewe Premiere feiert, verabschiedet er sich aus Meiningen.
McFall studierte an der Sibelius Academy in Helsinki bei Prof. Leif Segerstam und Prof. Jorma Panula sowie an der Zürcher Hochschule der Künste bei Prof. Johannes Schlaefli. Von 2005 bis 2012 assistierte er Bernard Haitink unter anderem bei den Wiener Philharmonikern, dem European Union Youth Orchestra, dem Chicago Symphony Orchestra und dem Royal Concertgebouw Orchestra.
2008 war er Conducting Fellow beim Tanglewood Festival. Er konzertierte mit den Bremer Philharmonikern, den Nürnberger Symphonikern, der Nordwestdeutschen Philharmonie, den Bergischen Symphonikern, dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg, dem Janácek Philharmonic Orchestra, dem RTVE Symphony Orches-tra und bei der Glyndebourne Touring Opera. Als Finalist beim „Nestlé and Salzburg Festival Young Conductors Award“ 2014 konzertierte er mit dem Mozarteumorchester Salzburg. Seit 2013 ist er Assistenzdirigent des Gustav Mahler Jugendorchesters. Seit 2009 wird er durch das „Dirigentenforum“ gefördert.
Der Deutsche Dirigentenpreis wird seit 2006 im zwei- bis dreijährigen Turnus vergeben. Er ist mit Preisgeldern in Höhe von insgesamt 35.000 Euro ausgestattet.
Namhafte Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Musikleben entscheiden als Juroren im Finalkonzert über den Preisträger. Die Auszeichnung ist zugleich Höhepunkt und Abschluss im Förderprogramm „Dirigentenforum“ des Deutschen Musikrates, das junge Ausnahmetalente über mehrere Jahre mit der Teilnahme an Meisterkursen und der Vermittlung von Assistenzen und Förderkonzerten unterstützt.
Goldberg Award
Beim VII. Internationalen Wettbewerb „Szymon Goldberg Award für Violine und Viola“ wurden im Meißner Rathauses die Preisträger gekürt: Der 1. Preis für Violine ging an Jiwon Lim (Korea), die zur Zeit an der Dresdner Musikhochschule studiert. Einen geteilten 1. Preis für Viola erhielten jeweils Öykü Canpolat (Türkei) und Caspar Vinzens (Deutschland), dem auch der Publikumspreis zufiel. Antonia Rankersberger (Österreich) und Sunhwa Lee (Korea) erhielten einen 2. Preis, YiChing Yang (Taiwan) einen 3. Preis. Die Preise des Wettbewerbs werden seit Beginn vom Rotary-Club Meißen und der Firma Arc verona gestiftet.
Staatspreis für Furrer
Der in Schaffhausen gebürtige Schweizer Komponist Beat Furrer erhielt in Wien den Großen Österreichischen Staatspreis. Beat Furrer studierte ab 1975 an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien, gründete 1985 das Klangforum Wien, das er bis 1992 leitete und dem er seitdem als Dirigent verbunden ist. Im Auftrag der Wiener Staats-oper schrieb er seine erste Oper „Die Blinden“. „Narcissus“ wurde 1994 beim Steirischen Herbst an der Oper Graz uraufgeführt. Seit Herbst 1991 ist Furrer ordentlicher Professor für Komposition an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz.
Deutscher Pianistenpreis
ekwon Sunwoo ist der Gewinner des mit 20.000 Euro dotierten 5. Internationalen Deutschen Pianistenpreises. Dies wurde vom International PianoForum im Anschluss an das Konzert der vier Nominierten in der Alten Oper Frankfurt bekannt gegeben. Der koreanische, in New York lebende Preisträger habe durch „große Ausdrucksfreude und perfektes Spiel auf höchstem technischen Niveau“ überzeugt, so die Begründung. Der Publikumspreis in Höhe von 2.000 Euro ging an Andrejs Osokin. 2016 wird der Deutsche Pianistenpreis im Rahmen des Felix Mendelssohn Bartholdy-Hochschulwettbewerbes in Berlin vergeben.
Vogler bleibt in Dresden
Jan Vogler bleibt weitere fünf Jahre Intendant der Dresdner Musikfestspiele. Er unterschrieb einen neuen Vertrag bis 2021. Seine Aufgabe sehe er darin, „Dresden durch den kulturellen Austausch weiter zu öffnen“, sagte der Cellist anlässlich der Vertragsverlängerung. Seit seiner ersten Saison 2009 hätten sich die Karteneinnahmen verdoppelt, hieß es von Seiten der Stadt, die Auslas-tung sei von 77 auf 94 Prozent gestiegen, die Sponsorenmittel um das 3,5-fache. Im Mittelpunkt der diesjährigen Festspiele (13. Mai bis 7. Juni) steht unter dem Motto „Feuer Eis“ die Gegenüberstellung nördlicher und südlicher Musikkulturen.