Berlin - Das Theater ist seine Leidenschaft. Er war Dramaturg in Frankfurt, Intendant in Stuttgart, Theaterakademie-Chef in München und lange Jahre Präsident des Deutschen Bühnenvereins. Klaus Zehelein kämpft bis heute für die von finanziellen Kürzungen, Fusionen und Schließungen bedrohten Häuser. Mit seiner Frau lebt der Bühnen-Liebhaber nun in Berlin - und verfolgt mit großem Interesse die Theaterszene der Hauptstadt.
Gestern (5.9.) feierte Zehelein seinen 75. Geburstag - nicht auf der großen Bühne, sondern ganz privat, wie er im Interview der Deutschen Presse-Agentur sagt. «Warum soll es mir anders gehen als vor 75!», so Zehelein, der nicht viel Aufhebens um den runden Geburtstag macht.
Die Entwicklung an den deutschen Bühnen beobachtet er ganz genau. «Ich gehe immer noch gerne ins Theater. Das macht mir viel Spaß», sagt er. «Die deutschen Theater und auch die Finanzierung der Theater sind eigentlich in keinem schlechten Zustand.»
Aber: «Natürlich gibt es immer wieder Momente, in denen man wirklich genau hingucken muss: Ich denke an Wuppertal und Rostock - ich denke überhaupt an Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen», so der Theatermann. «Dort gibt es Fusionspläne für Theater, die zum Teil schon fusioniert sind. Das sind ganz furchtbare Zustände.»
Kritisch sehe er die große Anzahl der Produktionen. «Hat man früher in einem mittleren Dreisparten-Theater 20 bis 25 Produktionen in der Saison gemacht, da sind es heute 35 oder noch mehr. Dieser Fehler entsteht unter dem vermeintlichen Druck einer Öffentlichkeit, die angeblich immer mehr und immer Neues sehen will», meint Zehelein. «Aber das glaube ich gar nicht. Ich denke, den deutschen Theatern würde eine größere Konzentration sehr gut tun.»
Seine Glanzzeit hatte Zehelein in Stuttgart: 15 Jahre lang leitete er bis 2006 die Staatsoper und konnte mit seinem Programm die Zuschauer und die Kritiker für sich gewinnen. Gleich sechs Mal wurde das Haus unter seiner Leitung von den Kritikern zur Oper des Jahres gewählt. Dann wechselte Zehelein bis zu seinem Abtritt im Sommer 2014 als Präsident an die Bayerische Theaterakademie, eine der bekanntesten Ausbildungsstätten für Theaterberufe in Deutschland.
Von 2003 bis zum Frühjahr dieses Jahres war der streitbare und scharfzüngige Theatermann auch Präsident des Deutschen Bühnenvereins, des Verbands der deutschen Theater und Orchester. Er setzte sich besonders für den Deutschen Theaterpreis Der Faust ein, der seit 2006 vergeben wird.
Zehelein wurde am 5. September 1940 in Frankfurt/Main geboren. Er arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie zunächst als Dramaturg in Kiel und Oldenburg, von 1977 bis 1987 als Chefdramaturg und koordinierter Operndirektor an der Frankfurter Oper. Danach folgten weitere Stationen in Brüssel und Wien, von 1989 bis 1991 war er künstlerischer Direktor des Hamburger Thalia Theaters.
An seinen ersten Theaterbesuch erinnert sich Zehelein noch heute: «Das war in Frankfurt. Da spielte das Schauspiel in der Börse. Da muss ich etwa sieben Jahre alt gewesen sein.» Ein Märchen stand auf dem Spielplan. Allerdings: «Ich war nicht sehr erbaut als Kind vom Theater. Das kam erst später.»