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Gerne auf Seitenpfaden des Repertoires unterwegs: das Signum Quartett. Foto: Irène Zandel
Gerne auf Seitenpfaden des Repertoires unterwegs: das Signum Quartett. Foto: Irène Zandel
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140 Noten für vier Streicher können genug sein

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Das Signum Quartett beschreitet mit seinem Projekt „quartweets“ neue Wege
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Der Tag danach: Etwa 15 Stunden ist es her, dass das Signum Quartett sich im Regensburger Musikverein unter anderem mit vollem Risiko dem Ausnahmezustand von Beethovens Großer Fuge op. 133 hingegeben hat. Viel Zeit zum Rekapitulieren haben die Musiker nicht. Der Vormittag wird genutzt, um an neuem Repertoire zu arbeiten, das Mittag­essen, um der nmz Rede und Antwort zu stehen. Dann geht es auch schon weiter, und die Vier setzen sich in Richtung ihrer anderweitigen Beschäftigungen in Bewegung: Florian Donderer, seit 2016 Primarius, ist Konzertmeister der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen; Annette Walther leitet eine Violinklasse an der Musikakademie der Stadt Kassel „Louis Spohr“; Xandi van Dijk ist Solobratscher beim Münchener Kammerorchester; Cellist Thomas Schmitz unterrichtet an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz.

Für alle bildet jedoch das Quartett den Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens: „Das ist die Plattform, mit der wir uns am meisten identifizieren“, sagt Thomas Schmitz: „Wir versuchen unsere anderen Sachen um das Quartett herumzubauen.“ Er stellt aber auch klar: „Wir sind ein Wirtschaftsunternehmen, wir müssen eine gute Balance finden zwischen der Zeit, die wir fürs Quartett investieren und dem, was finanziell am Ende dabei herauskommt.“ Vor allem im Hinblick auf die Konzertplanung, die „nicht zu flickenteppichhaft“ sein dürfe, ist das eine Herausforderung, zumal der Markt, so Schmitz, „gesättigt“ sei.

Höhepunkte der Saison sind besondere Formate wie die Streichquartett-Biennale Amsterdam, die Anfang 2020 ihre zweite Auflage erlebt. „Es ist toll, wenn Leute verrückt genug sind, so etwas zu programmieren“, schwärmt Florian Donderer und erinnert sich an den Zyklus mit sämtlichen Streichquartetten Jörg Widmanns, den man 2018 dort stemmen durfte: „Da hängt man dann schon in den Seilen …“ Dort sei aber auch einmal Gelegenheit, Kollegen zu treffen und zu hören, was sonst eher selten möglich sei. A propos Kollegen: Dem 2012 gegründeten Verband Deutscher Streichquartette ist das Signum Quartett aus Solidarität auch beigetreten, ohne allerdings Kapazitäten für ein weitergehendes Engagement dafür zu haben. Annette Walther sieht es realistisch: „Jedes Quartett ist ein Solitär. Man weiß voneinander, man kämpft nicht gegeneinander, aber jeder muss erst mal seinen eigenen Kurs fahren.“

Dieser eigene Kurs führt das 1994 gegründete Signum Quartett neben der Pflege des „Kerngeschäfts“ regelmäßig auch auf Seitenpfade des Repertoires – Einspielungen unter anderem von Werken Ludwig Thuilles, Josef Suks oder Erwin Schulhoffs zeugen davon – und in das Gebiet der zeitgenössischen Musik.

Hier pflegt das Signum Quartett seit 2015 ein neues Subgenre, das auf eine Idee Xandi van Dijks zurückgeht: „Ich habe nach einer Möglichkeit gesucht, so viele neue Musiksprachen und Komponisten wie möglich kennen zu lernen“, erzählt er. „Ende 2014 hatte ich mich bei Twitter angemeldet, da kam dieses Wort einfach in mein Gehirn: ‚quartweets‘. Darüber, was man damit machen könnte, habe ich dann einige Monate lang gegrübelt und gleichzeitig gebetet, dass niemand auf dieselbe Idee kommt.“

Heraus kam eine Art globaler Kompositionsauftrag nach klaren Spielregeln: Zu schreiben sind Stücke, die analog zur Zeichenbeschränkung von Texttweets maximal 140 Noten umfassen dürfen. Vortragsanweisungen, Dynamik- und Artikulationszeichen, Pausen und Ähnliches werden dabei nicht mitgezählt. An die 100 „quartweets“ hat das Quartett seither eingesammelt (nachzulesen und teilweise auch nachzuhören unter http://signumquartet.com), und es ist durchaus verblüffend, welch große Spanne zwischen 15-Sekündern und über drei Minuten langen Miniaturen bei diesen Vorgaben herauskommt. Eine gezielte Anfrage lief allerdings ins Leere – musste wohl ins Leere laufen, wie Thomas Schmitz erzählt: „Nachdem wir sein 9. Streichquartett aufgenommen hatten, haben wir auch Wolfgang Rihm eine Karte geschrieben und ihn gefragt, ob er uns vielleicht einen Tweet schreiben würde. Er hat dann sehr nett geantwortet und meinte, er fände die Idee toll, könne sich aber einfach nicht so kurz fassen.“

Für das Signum Quartett sind die quartweets ein ausgezeichnetes Mittel der Education- und Vermittlungsarbeit: Zum einen können die Musiker – so wie etwa im Rahmen ihrer Residency an der Princeton University – mit ganz jungen Komponistinnen und Komponisten zusammenarbeiten, weil die Hürde, für Streichquartett zu schreiben dann auf einmal gar nicht mehr so hoch ist. Zum anderen kommt das Quartett bei Konzerten, bei denen dann meist ein ganzer Block mit den kurzen Werken auf dem Programm steht, über die quartweets ganz selbstverständlich mit dem Publikum in Kontakt. Annette Walther stellt die Idee in einen größeren Kontext: „Für uns sind die quartweets eine tolle Brücke zwischen der Idee des Streichquartetts, das ja für musikalische Kommunikation schlechthin steht, und den sozialen Medien. Wir wollen zeigen, dass man damit auch Qualität transportieren kann und nicht nur Fake-News à la Trump …“

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