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Der Organisation Iranian Female Composers Association (IFCA) und ihrer Mitgründerin Anahita Abbasi widmete der/gelbe/klang einen Abend im Münchener Kulturzentrum schwere reiter. Die Schirmherrschaft hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth übernommen. Fot
Der Organisation Iranian Female Composers Association (IFCA) und ihrer Mitgründerin Anahita Abbasi widmete der/gelbe/klang einen Abend im Münchener Kulturzentrum schwere reiter. Die Schirmherrschaft hatte Kulturstaatsministerin Claudia Roth übernommen. Fot
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Eine neue Werkstatt für die Gegenwartsmusik

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Das Münchener Ensemble der/gelbe/klang im Porträt
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Vor wenigen Wochen erst hat der/gelbe/klang ein neues Hauptquartier bezogen. Das Ensemble konnte eine ganze leerstehende Etage anmieten, eine Zwischennutzung in einem Bürogebäude in München Allach. Es ist eine Form von Luxus, denn durch die Lage in einem Industriegebiet und die nur dezente Frequentierung der anderen Stockwerke ist es kein Problem, Außergewöhnliches zu proben, selbst wenn ein Komponist sich entschließen sollte, ein Werk für sechs Nebelhörner zu schreiben. Es ist auch ein Geschenk beispielsweise für Mathias Lachenmayr, der nicht nur als Perkussionist des Ensembles, sondern auch als Instrumentenbauer fungiert und seine zum Teil abenteuerlichen Konstruktionen nun in den eigenen Werkstatträumen gleich über den Flur schweißen, sägen, hämmern, lochen, schrauben, kleben kann.

Und das wiederum passt gut zu der Konzeptidee, die der/gelbe/klang von sich selbst und seiner Stellung in der Szene für Neue und Zeitgenössische Musik hat. Gegründet wurde das Ensemble in München zu einem denkbar ungünstigen Termin im Januar 2020, kurz bevor die Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge den Konzertbetrieb stilllegten. Das Team von neun Musiker:innen und zwei Strukturarbeitern um den Dirigenten Armando Merino ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und konzentrierte sich zunächst auf Projekte, die sich auch auf großen und medial erweitert vermittelten Bühnen verwirklichen ließen. Für ZDF/ARTE etwa entstand in Kooperation mit dem Komponisten Olav Lervik eine Neuvertonung von Friedrich Wilhelm Murnaus Stummfilm „Nosferatu“, Einladungen führten das Ensemble auf Festivals nach Brest („Electrocution“), Tirol (Festspiele Erl), ins Museum für Gestaltung nach Zürich oder auch zum Impuls Festival für Neue Musik nach Sachsen-Anhalt. Auftragskompositionen wurden unter anderem von Anahita Abbasi, Vykintas Baltakas, Santa Bašs und Ville Raasakka geschrieben und auf Bühnen wie dem Münchner schwere reiter vorgestellt. Und der Bayerische Staat reagierte auf so viel Initiative prompt mit dem Kunstförderpreis 2021.

Das ist eine gute Einstiegsbilanz für so kurze Zeit unter stellenweise seltsamen Arbeitsbedingungen, aber eigentlich erst der Anfang. Denn der/gelbe/klang versteht sich über die einzelnen Konzerte und Anlässe hinaus vor allem als Möglichkeitsraum. Benannt nach Wassily Kandinskys Bühnenkomposition, die 1912 versuchte, Tanz, Ton, Farbe und Licht synästhetisch stringent zu verknüpfen, sieht auch das Ensemble seine Perspektiven vor allem in der Durchlässigkeit von Konzepten. Zwar wird gespielt, was geschrieben steht, doch bereits das geschieht im engen Austausch mit den Komponist:innen vor allem jüngerer, nachrückender Generationen. Und die wiederum lassen sich schon mal von exklusivem Schlagwerk, vor allem aber von der enormen Gestaltungskompetenz im Umgang mit offenem, unerforschtem Material und überhaupt von der Professionalität beeindrucken, mit der der/gelbe/klang das möglichst weite Feld des musikalisch übergreifend Kreativen umzusetzen versteht. 

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