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Sein Ziel ist es, eine kommunikative soziale Situation zu erstellen: Komponist Tom Sora. Foto: privat/Manfred Goelz
Sein Ziel ist es, eine kommunikative soziale Situation zu erstellen: Komponist Tom Sora. Foto: privat/Manfred Goelz
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Kreativer Klanggeist

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Der Komponist Tom Sora – Ein Porträt
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Tom Sora ist 1956 in Bukarest geboren, wo er sein Studium der Musiktheorie und Orgel beginnt, das er später in München und Stuttgart fortsetzt. Seine Ausbildung folgt unkonventionellen Bahnen, er ist auch an keinerlei Institutionen gebunden. Zwischen 1990 und 2001 war er intensiv als Bildender Künstler tätig, präsentierte seine Werke in Einzel- und Gruppenausstellungen. Zusätzlich arbeitete er als musikalischer Berater und Pianist für verschiedene Theaterproduktionen.

Sora komponiert seit 1993. Parallel dazu beginnt er seine wissenschaftliche Tätigkeit in den Bereichen Musiktheorie, Ästhetik und Politikwissenschaft. 2004 promoviert er in Ästhetik und Kunstwissenschaften an der Universität Paris I. In seiner ­Dissertation („Der Modulare Konstrukti­vismus. Homogene Räume in der Utopie und der repetitiven Kunst“) thematisiert er unter anderem den Zusammenhang zwischen politischer Phi­lo­sophie, Kunsttheorie und Kunstproduktion.

Diese Thematik verfolgt er seitdem auch in anderen wissenschaftlichen Texten. Das Ineinandergreifen von wissenschaftlichem Denken und Kunstproduktion ist für ihn charakteristisch.

2007 hat Sora den Förderpreis Musik der Stadt München erhalten. 2008 wird er Stipendiat des Freiburger Experimentalstudios sein.

Wer Musik von Tom Sora begegnet, wird schnell mit einer nicht fassbaren, aber die eigene Wahrnehmung schärfenden Sogwirkung konfrontiert. Berührt werden vielerlei Befindlichkeiten durch Klangsituationen, die sich beim ersten Hören in ihrer komplexen Mehrdimensionalität und Intensität kaum erschließen.

Tradierte Wahrnehmungsprozesse werden durch klangliche Vernetzungen, die im weitesten Sinne Unerhörtes bieten, zwischen Experiment, Verfremdung, intellektuellen Implikationen und sinnlichem Rausch aufgebrochen. Musik, die sich Hörgewohnheiten entzieht und in keinem Moment zu gedankenlosem Konsum einlädt. Soras Kompositionen fordern höchste Aufmerksamkeit, Offenheit und Neugier. „Das Kondensieren von Gedanken bestimmt unter anderem meine Kompositionsarbeit. Ich komponiere meine Musik wie eine stringent geführte Argumentation, an der man lange jeden Gedanken abwägt, bevor man sie vorträgt.“ Das kann dazu führen, dass sich beim Hörer Gefühle von Irritation, aber auch von Vertrautheit einstellen.

Jeglicher Vergleich Tom Soras mit anderen Komponisten oder eine stilistische Zuordnung scheitern, auch wenn zu seiner Kompositionstechnik avancierte Mittel wie Elektronik und Computer dazugehören. Zyklische Werke wie „Destillation“ für MIDI-Klavier belegen beispielsweise einen Aspekt seiner konstruktiven Vorgehensweise. Als Basis dieses work in progress diente Sora die digitale Aufnahme eigener sehr kurzer Improvisationsfragmente, die er mehrfach neu zusammengesetzt und collagiert hat. Durch Schnitte und Überblendungen der ursprünglichen Fragmente ließ er eine zunehmende Dichte und einen höheren Abstraktionsgrad der Musik entstehen.

Die spezifische, sehr facettenreich ausgeprägte musikalische Sprache ­So-ras wurzelt vor allem in klaren künstlerischen Konzepten. Seine künstlerischen Ideen gehorchen dabei kom­promisslos und radikal selbst aufgestellten Gesetzmäßigkeiten. Auf phantasievolle Art versucht Sora Inhalte seines inneren Lebens und eigene Reflexionen über die ihn umgebende Realität künstlerisch zu objektivieren. So lässt sich unter anderem der persönliche Charakter seiner Kunst erklären. Im Vordergrund steht oft die Übersetzung philosophischer oder ästhetischer Inhalte in ein musikalisches Medium. „Wenn sich für mich Ideen zu einem gedanklichen Thema verdichten, dann beginne ich manchmal damit, entsprechende klangliche Chiffren zu suchen.“ Sein Ziel ist aber die Erstellung einer „kommunikativen sozialen Situation im weitesten Sinne, durch die Übermittlung dieser in die Kompositionen eingeflossenen außermusikalischen Inhalte an das Publikum.“ Unter einer „kommunikativen Situation“ versteht er auch die nachträgliche Auseinandersetzung der Rezipienten mit den gedanklichen Hintergründen seiner Musik, also eine Art Dialog der Hörer mit seinen Stücken.

Soras Werke entfalten verschiedentlich bestimmte gesellschaftliche und existentielle Grundfragen. In Kompositionen wie „Gesetz und Freiheit“ oder „Staub und Schlamm“ werden Spannungsverhältnisse oder Polaritäten musikalisch in dichte und fein ausgeklügelte Abläufe gefasst. Die Konfliktbildung und -lösung beschreibt er als wesentlichen Motor seiner Musik. „Polaritäten, die in einen Konflikt treten, generieren eine Bewegung. Aus dieser Bewegung kann dann Musik entstehen.“

Die kompositorisch komplexen Strukturen muten zunächst spröde und widerständig an, doch eine intensivere Beschäftigung oder ein mehrmaliges Hören legt feinste Zusammenhänge frei. Wenn man „… die Wiederholung als einen lebendigen Rückgriff versteht, erlaubt sie Variation und somit echte Veränderung. Sie kann, so paradox das auf den ersten Blick erscheinen mag, zu einem Mittel der Kontrastbildung werden.“

Klang bleibt für Tom Sora zunächst eine abstrakte Materie, die erst in einem bestimmten musikalischen Zusammenhang an Aussagekraft gewinnt. „Für mich entsteht Bedeutung immer nur in einem relationalen Kontext, im Feld des Dialogs und der Vielschichtigkeit. Ein einzelner Akkord oder Klang interessiert mich an sich nicht.“ Instrumente und Klangfarben wählt Sora nach konstruktiven Kriterien aus, nie aus rein akustischen Überlegungen. In jedem Fall berühren die Arbeiten von Tom Sora Ausdrucksebenen, die sich jeglichem Mainstream verweigern. Seine Werke bergen einen hohen Grad an Aktualität, und darin mag man den besonderen Reiz der äußerst komplexen Musik orten.


Tom Sora: Music for mechanical and electronic instruments. 20 Töne/Destillation/Drei Angriffe. Col legno/Neos WWE1 CD 40001

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