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Welttag des Kazoo. © Wikimedia Commons, Jacek Halicki

Welttag des Kazoo. © Wikimedia Commons, Jacek Halicki

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Musikalische Jahrestage (2) – 28. Januar – Tag des Kazoo

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Das Kazoo ist ein denkwürdiges Musikinstrument, das irgendwo zwischen den Göttern und den Menschen sehr seriös vermittelt haben soll. Auf der anderen Seite ist es bei den Beatles, Jimi Hendricks und Frank Zappa durch viele Gattungen der Unterhaltungsmusik gegangen. Am Ende aber ist es vielleicht nicht viel mehr als ein Kinderspielzeug, das mal kurz bei den Großen mitmachen durfte.

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Begonnen hat alles mit der Entdeckung der Plattform www.kuriose-feiertage.de. Da hat jemand mit viel Liebe und Humor Feier- und Gedenktage aus allen vorstellbaren Lebensbereichen zusammengetragen – ernst oder nicht immer ganz ernst und durchaus kurios bis skurril: vom „Tag des hochgekrempelten Hosenbeins in Deutschland“ (18. August) über den „Tag des Ziegenkäses in Großbritannien“ (25. Juni) bis hin zum „Internationalen Tag gegen den Einsatz von Kindersoldaten“ (Red Hand Day – 12. Februar). Die Zusammenstellung ist etwas amerikalastig, aber der tägliche Newsletter durchaus lesenswert. In jedem Fall lässt er den jeweiligen Tag in einem anderen Licht erscheinen.

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Schnell waren die Feiertage gefunden, die direkt oder indirekt etwas mit Musik zu tun haben. Von diesen wollen wir in diesem Jahr jeden Monat etwa zwei vorstellen, etwa den „Internationalen Dudelsack-Tag“ (10. März), den „Welttag des Holzes“ (21. März) oder den Internationalen Tag der Gebärdensprachen“ (23. September). Immer soll die Blickrichtung „Musik“ sein – angefangen haben wir am 1. Januar mit dem Weltfriedenstag.

Am heutigen 28. Januar ist der „Europäische Datenschutztag“, der „Internationale LEGO-Tag“, der „Gänseblümchen-Tag“ in den USA, der „Tag des Blaubeerpfannkuchens“ in den USA und der Nationale „Tag des Kazoo“ in den USA. Man sieht sofort, dass die einzelnen Feiertage durchaus nicht miteinander zu tun haben und wundert sich möglicherweise gleichzeitig, dass das Kazoo, dieses spottbillige musikalische Spielzeug, seinen eigenen Feiertag hat.

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Mauricio Kagel hat Musikinstrumente einmal als „Verlängerung von Organen oder Körperteilen des menschlichen Körpers“ beschrieben. Das Kazoo ist wohl eines der allereinfachsten aus dieser Gruppe. Kazoos gibt’s es in unterschiedlichen Formen. Die verbreitetste ist ein etwa 10-12 cm langes und leicht rechteckiges Röhrchen. Das Röhrchen läuft zum Ende hin spitz zu und ist auf beiden Seiten offen. Auf dem Röhrchen ist ein runder, halboffener Halter angebracht, unter dem eine Membran lose aufliegt – hier tritt der Hauptteil des Klanges aus.

Obwohl man aber in das Kazoo hineinbläst, gehört es nicht zur Gruppe der Blasinstrumente, sondern zu den Membranophonen, bei denen eine Membran zum Schwingen gebracht wird – das Kazoo kann selbst keinen eigenen Ton hervorbringen. Der Ton entsteht schon im Menschen und wird in das Instrument „hineingesungen“.

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Ein Kazoo aus Metall, das in seinem Klang deutlich weicher und angenehmer ist, als seine Plastikgeschwister. © Wikimedia Commons, Jacek Halicki

Ein Kazoo aus Metall, das in seinem Klang deutlich weicher und angenehmer ist, als seine Plastikgeschwister. © Wikimedia Commons, Jacek Halicki

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Auf diese Art bringt also die menschliche Stimme selbst das Instrument dazu, einen Laut von sich zu geben. Dabei wird die Membran aus Pergament oder (in luxuriöseren Instrumenten) aus Fischhaut zum Schwingen gebracht. Durch diese Membran wird der Klang verstärkt und verändert und klingt merkwürdig (und lustig) verzerrt, quäckig-nasal. Die Tonhöhe wird durch die Membran nicht verändert und entspricht der des hineingesungenen Tones.

Die Ursprünge des Kazoos

Die Ursprünge des Kazoos liegen im religiösen und rituellen Bereich, wobei man ähnliche Phänomene weltweit in vielen Religionen beobachten kann. Es ist ähnlich wie im jüdischen Gottesdienst, in dem der Gottesname selbst – letztlich aus Ehrfurcht vor einem höheren Wesen – nicht ausgesprochen werden darf. Bereits seit Jahrhunderten „sprach“ man mit den Göttern der Ahnen mit Hilfe eines solchen Instruments, denn um mit diesen sprechen zu können und zu dürfen, musste man seine eigene Stimme verstellen. Auch transportierten in okkulten Zusammenhängen mittels solcher Tröten Zeremonienmeister Botschaften aus dem Totenreich in das Diesseits.

Im Blues, im Country und im sehr frühen Jazz kam das Kazoo als Melodieinstrument zum Einsatz. Das Instrument war günstig, kostete nur wenige (amerikanische) Cent, und verhalf den Spielern sich als Straßenmusiker ein kleines Taschengeld nebenher zu verdienen. Es war Musik, die mit einfachen Haushaltsgegenständen – man griff zu allem, was irgendwie Töne produzieren konnte – gemacht wurde, mit Waschkrug und Tonkrug, begleitet vom Banjo. Jug-Bands nannte man die Gruppen, die in Tonkrüge sangen, Spasm-Bands, wenn sie alle möglichen Dinge und Gegenstände für ihre Musik verwendeten.

Einsatzbereiche des Kazoo

Das Kazoo deckt eine große Breite an Einsatzmöglichkeiten ab. Julia Bähr und Andrea Diener weisen im Feuilleton Frankfurter Allgemeinen Zeitung darauf hin, dass sich „unabhängig von der Stilrichtung fast jedes Saxophon- oder Trompetensolo der Popgeschichte durch ein Kazoosolo ersetzen“ lässt und folgern daraus, dass damit „das Kazoo eindeutig das überlegene Instrument“ ist. Dieses ist aus ihrer Sicht um so leichter, als es fast nichts wiegt und keinen kostspieligen Unterricht erfordert. Diese Sichtweise deckt sich mit dem Einleitungssatz des Standardwerkes über das Instrument, „How to Kazoo“, der Flötistin Barbara Stewart.

Das Kazoo ist ein ambivalentes Musikinstrument – es gehört eindeutig zu den seriösen Musikinstrumenten. Aber immer auch lugt der Schalk um die Ecke – etwa, wenn der vor wenigen Tagen verstorbene Komponist Peter Schickele, alias P.D.Q. Bach, in seinem Werkverzeichnis eine „Serenackte für abwegige Instrumente D-Dur; 2 Kazoos, 2 Ziehpfeifen, Fasaune, Windbrecher, und Zugwundbrecher, Duschkopf in D, Streicher“ anführt. Diese Serenackte mit den Sätzen „Zitter-Allegro, Andante alighieri, Vierstimmige Feige“ soll übrigens „erstmals in einem Hinterzimmer der Taverne „Zum Stier“ in Wein-am-Rhein einem Publikum vorgeführt“ worden sein, „das ohnedies nichts mehr mitbekam“.

Klänge:

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