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Später Kultstatus

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Zum Tod des Komponisten Ernstalbrecht Stiebler
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Erst vergangenes Jahr brachte der Verlag Neue Musik Ernst Albrecht Stieblers Klavierstücke (2020-22) für Klavier solo als Notenausgabe heraus. Kürzer, knapper, aber auch genauer als es nmz-Autor Stefan Drees in seiner Notenrezension macht, kann man Stieblers Musik nicht erklären (nmz 11/2023).

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Es handele sich, so Drees, um „kurze Kompositionen, die sich auf der Grundlage stark reduzierten melodischen und harmonischen Materials auf ‚uneigentliche‘, ‚collagierte‘ und ‚verfremdete‘ Weise mit Momenten von Tonalität auseinandersetzen und der Klangentfaltung viel Raum geben.“ Die Form und Struktur der sechs Einzelstücke von unterschiedlicher Dauer und freier Formgebung, seien „nicht als eine geschlossene Komposition gedacht“, schreibt Drees weiter, und befassten sich in „sehr langsamem Grundtempo mit jeweils einer einzigen musikalischen Idee.“

Die Notation ist simpel in einem, zwei oder vier Systemen. Die Dauer der sechs Stücke beträgt etwa 16 Minuten, der Schwierigkeitsgrad ist mittelschwer. Auch dieses ein signifikantes Unterscheidungsmerkmal zu den Produktionen neuer Musik, die sich meist an den Grenzen des Spielbaren bewegen.

Stefan Drees Kommentar: „Die Stücke eignen sich für Ausführende ohne Erfahrungen mit zeitgenössischer Musik und können als Bereicherung größerer Programme dienen; das einfach anmutende Notenbild erfordert bei der Wiedergabe ein hohes Maß an Konzentration.“

Dass diese Notenedition gerade jetzt kommt, ist kein Zufall, hat doch Stieblers Musik, von der die Musikwelt dachte, man kenne sie, durch das Engagement junger Künstler wie Hauke Harder, Biliana Voutchkova und Tilman Kanitz in den letzten Jahren wieder neue Beachtung erfahren – ja teilweise sogar Kultstatus erlangt. Stieblers Musik wurde dadurch an andere Spielorte getragen, wo sich experimentelle Musik, Performance, Kunst und Crossover Musik begegnen. Er studierte Komposition und Klavier an der Musikhochschule Hamburg und besuchte die Darmstädter Ferienkurse für Neue Musik, wo er 1959 und 1960 zahlreiche Anregungen von Karlheinz Stockhausen erhielt, aber auch La Monte Young begegnete. 

Neben seinem durchgängigen kompositorischen Schaffen, dem er sich  bis zuletzt widmete, wirkte er für die Vermittlung zeitgenössischer Musik. Von 1969 bis 1995 war er beim Hessischen Rundfunk als Redakteur für Neue Musik tätig, wo er die Sendung „Studio für Neue Musik“ moderierte. 1989 gründete er dort die Konzertreihe „Forum Neue Musik“. Am 7. Juni ist er in Berlin verstorben.

 

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