In seiner Wahlheimat Darmstadt starb im Alter von nur dreiundfünfzig Jahren der italienische Komponist und Dirigent Bruno Maderna, einer der großen Vermittler der Avantgarde in der Personalunion von Stückeschreiber und Interpret. […]
Zum Tode des Dirigenten Bruno Maderna
Der Schüler Scherchens wurde schon in den frühen fünfziger Jahren neben Nono, Stockhausen, Boulez und Pousseur einer der zentralen Protagonisten der an Webern anknüpfenden und durch Anregungen Olivier Messiaens sich formierenden seriellen Musik. Gleichwohl war er alles andere als ein Dogmatiker. Denn er schrieb nicht nur seriell, sondern arbeitete als erster auch mit den neuen elektronischen Mitteln. Davon zeugen nicht nur die rein synthetischen Mailänder Studio-Stücke, sondern auch die ersten Beispiele […] einer Musik, in der sich instrumentale Live-Aktion und Tonbandparts verschränken.
Doch schon 1957 begann Maderna, dem starr-uniform sich institutionalisierenden seriellen Dogma gegenüber Unbehagen zu empfinden. Er wünschte der Avantgarde wieder einige sinnliche Schönheit zurück – und wußte doch, wie schwer dies ist, ohne in Restauration zu verfallen. So hat er als Komponist danach gestrebt, ein von Nostalgie nicht freies, doch gleichwohl modischen Touch meidendes, mediterran verstandenes Schönheitsideal zu beschwören. Davon zeugen seine Bühnenstücke „Satiricon“ und vor allem „Hyperion“, eine Art von „Work in progress“ mit verschiedenen rein instrumentalen Partien. […] Als Interpret war Maderna von höchster Kompetenz […]. Auf den Typus des zähneknirschenden Avantgarde-Pedanten war er nicht zu verpflichten. […]
- Gerhard R. Koch, Neue Musikzeitung, XXII. Jg., Nr. 6, Dez./Jan. 1973/74
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