Köln (ddp-nrw). Martin Kokott ist ein Chorleiter aus Leidenschaft. Wenn der 48-jährige Kölner in die Klaviertasten greift und Bass, Sopran und Tenor dirigiert, dann ist er in seinem Element. Jeder Takt wird wieder und wieder geprobt, bis auch der letzte Ton sitzt. Dass sich soviel Engagement bezahlt macht, zeigt sein Jugendchor St. Stephan. In diesem Jahr feiert der Kölner Chor sein 25-jähriges Jubiläum.
Der Chor gilt als einer der größten und erfolgreichsten Jugendchöre in Deutschland. Von der amerikanischen Metal-Band Manowar und den Rockern von P.O.D. über Kölns Kultband Bläck Föös bis hin zu Komikerin Anke Engelke - sie alle standen mit dem Jugendchor auf der Bühne.
Doch an einen Auftritt erinnert sich Kokott besonders gerne. Als 1999 die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrienationen zum G8-Gipfel in Köln zu Besuch waren, ließ es sich der damalige US-Präsident Bill Clinton nicht nehmen und stimmte zusammen mit dem Chor "Oh happy day" an. Für Kokott war es ein "grandioses Erlebnis, mit dem mächtigsten Mann der Welt zu singen".
Den Erfolg des Jugendchores führt Kokott auch auf die musikalische Mischung zurück. Obwohl es sich um einen kirchlichen Chor handelt, hat sich Kokott schon früh auch für weltliche Musik geöffnet. "Ich habe schnell gemerkt, dass man mit Kirchenmusik alleine heutzutage keine Jugendlichen mehr begeistern kann", blickt der 48-Jährige zurück. So war es für ihn nur selbstverständlich, dass das Repertoire auch Popmusik, Gospel und sogar Karnevalslieder umfassen müsse.
Ganz ohne Widerstände und Kritik verlief die Öffnung in diese Richtung jedoch nicht. Von Kollegen wird Kokott oftmals noch immer für seine Arbeit belächelt. Doch von seinem Weg lässt sich der Chorleiter nicht abbringen: "Im Rückblick gibt der Erfolg mir recht."
So überrascht es nicht, dass sich Kokott keine Gedanken um Nachwuchsprobleme machen muss. Derzeit umfasst der Chor rund 100 Mitglieder im Alter von 16 bis 30 Jahren und ist damit an seine Grenzen der Kapazität gestoßen. Die Folgen sind ein ständiger Aufnahmestopp und lange Wartelisten. "Zum Glück bin ich in der komfortablen Situation, zwischen den besten Bewerbern auswählen zu können", sagt Kokott. Dies tut er in regelmäßig stattfindenden Castings.
Das Singen war schon immer ein wichtiges Element in Kokotts Leben. Er selber ist einem Kinderchor groß geworden und war damals schon vom Dirigenten fasziniert: "Zu Hause habe ich mich dann immer vor den Spiegel gestellt und seine Bewegungen ausprobiert." Als Sänger sammelte er früh Erfahrung, in dem er unter anderem die Titelmelodie der "Sesamstraße" mit aufgenommen hat. Da war es nur noch konsequent, dass Kokott ein Musikstudium absolvierte.
Inzwischen leitet er neben dem Jugendchor St. Stephan noch zehn weitere Chöre, die von Kindern bis hin zu Senioren alle Generationen umfassen. Im Laufe der Jahre hat Kokott viele Sänger kommen und gehen gesehen. Allein im Jugendchor waren es mehr als 700 Mitglieder, unter denen einige Naturtalente waren.
Dass das Chorwesen jedoch nicht nur als Talentschmiede, sondern auch als Partnerbörse dient, hat Kokott selbst erfahren. Seine eigene Ehefrau hat bereits als Chormitglied bei ihm mitgesungen und ihn dadurch kennen und lieben gelernt. Trotz der musikalischen Verbindung wird zu Hause wenig gesungen: "Das wäre dann zu viel. Ich singe ja schon den ganzen Tag über." Für die nächsten 25 Jahre hat er sich ein besonderes Ziel gesteckt: "Mein Traum ist es, mit einem eigenen Lied in die Charts zu kommen."