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Den alten Liedern eine neue Qualität gegeben

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700 Teilnehmer aus 10 Ländern nahmen am 14. Eurotreff in Wolfenbüttel teil
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Als Intro erklang ein Satz aus Felix Mendelssohn-Bartholdys Hochzeitsmarsch. Danach geriet die Vogelhochzeit zu einem rauschenden Klangfest. So hören sich Volkslieder im modernen Gewand an. Volker Hempfling hauchte mit seinem Workshop beim EUROTREFF in Wolfenbüttel bekannten deutschen Volksliedern neues Leben ein. Gibt es eine Renaissance des Volksliedes? Mit dieser Frage setzte sich das europäische Jugend-Musikfestival EUROTREFF vom 9. bis 13. September in Wolfenbüttel auseinander. 700 junge Menschen aus ganz Europa kamen zu diesem Jugendtreffen für Chöre und Orchester. Das Motto des beliebten Festivals lautete „Volkslied im modernen Gewand“.

Festivalleiter Wolfram Kössler, Generalsekretär des Arbeitskreises Musik in der Jugend (AMJ) nennt die Gründe: „Europa wächst eng zusammen – und doch hat jede Region ihre eigenen Lieder, ihre Tänze, ihre Hymnen. Wir wollten auf dem Festival den Farbreichtum des europäischen Liedgutes aufzeigen und den Teilnehmern und Zuhörern durch das Aufzeigen der Vielfalt neue Eindrücke vermitteln.“ Für die gemeinsame Probenarbeit der 18 Teilnehmergruppen aus 10 verschiedenen Ländern standen den Chören sieben hochkarätige Workshopleiter zur Verfügung – darunter zum Beispiel Malcolm Goldring aus England, Catherine Maerten aus Frankreich oder Cornelius Trantow aus Hamburg.

Volker Hempfling machte schon vor dem Festival deutlich, dass die Volkslied-Tradition in anderen Ländern ungebrochen ist und dass dort das reiche Repertoire an Liedern auch genutzt wird. Er freut sich daher auf eine Renaissance des deutschen Volksliedes.

Diese Freude teilt auch Wolfram Kössler. 2,3 Millionen Sängerinnen und Sänger seien in Deutschland in Laienchören aktiv: „Seit einiger Zeit erleben wir so etwas wie die ,Renaissance des deutschen Volksliedes‘.“ Noch vor zehn Jahren sei jeder Versuch, deutsche Volkslieder in Konzertprogramme einzubauen, milde belächelt oder gar kritisiert worden, wusste der AMJ-Generalsekretär. In den 30er- und 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts seien deutsche Volkslieder von den Nazis zu Propagandazwecken missbraucht worden. Das gemeinsame Singen hatte es deshalb in den Nachkriegsjahrzehnten schwer, berichtete Kössler in seiner Eröffnungsansprache.

Bei den deutschen Erwachsenenchören sei seit einigen Jahren eine Veränderung zu spüren. Es zirkulieren wieder pfiffige Arrangements deutscher Volkslieder in den Probensälen. Viele CD-Einspielungen der letzten Jahre belegen dies. Im Bereich der Kinder- und Jugendchöre sieht das noch etwas anders aus, hat Kössler festgestellt: „Es gibt zwar viele neue Lieder, aber das Bewahren und Vermitteln traditioneller deutscher Volkslieder muss gestärkt, beziehungsweise mit frischem Wind angegangen werden.“

Der jetzt zu Ende gegangene EUROTREFF hat einen bedeutenden Anstoß für die Beschäftigung der Kinder- und Jugendchöre mit Volksliedern gegeben. Das stellte auch der AMJ-Bundesvorsitzende Professor Andreas Göpfert in seiner Rede beim Abschlusskonzert fest: „Den alten Liedern, den Volksliedern, ist mit dem Singen im ,modernen Gewand‘ eine neue Qualität gegeben worden.“ Die Chöre trugen die Volkslieder mit viel Elan, viel Freude und Begeisterung vor. Nach dem Genuss der Workshopbeiträge beim dreistündigen EUROTREFF-Abschlusskonzert konnte man Göpfert nur zustimmen: „Es lohnt sich, das Volkslied wieder zu entdecken, es aus dem etwas betulichen Eckchen zu holen, zu zeigen, dass es auch immer aktuell, ,zeitgenössisch‘ sein kann.“

Festivalleiter Wolfram Kössler zog dementsprechend eine sehr positive Bilanz dieses 14. europäischen Musikfestivals: „Von Wolfenbüttel werden wieder neue Impulse für das europäische Chorwesen ausgehen.“ Diese Gewissheit leitete er unter anderem aus den Erkenntnissen des 13. EUROTREFFs ab.

Damals hieß das Thema „Chor in Bewegung“. Betrachter der Chorauftritte beim EUROTREFF stellten bei der 14. Auflage des Festivals immer wieder fest, dass die Chöre bei ihren Auftritten nicht nur steif auf der Bühne standen, sondern sehr häufig auch Bewegungen in ihre Darbietungen einstreuten.

Den gleichen Effekt erhofft sich Kössler auch vom diesjährigen EUROTREFF-Thema „Volkslied im modernen Gewand“. Wie Volkslieder mit neuen Arrangements klingen können, das wurde beim Abschlusskonzert in der Lindenhalle mehr als deutlich.

„Das Konzept ist aufgegangen“, freute sich Kössler. Die Workshopleiter hätten Volkslieder aus ihren Heimatregionen zum EUROTREFF nach Wolfenbüttel mitgebracht und diese Lieder anderen Chören vermittelt. Der AMJ-Generalsekretär war sich deshalb sicher: „Die beim EUROTREFF einstudierten Volkslieder im neuen Gewand werden europaweit Einzug in die Konzertprogramme halten.“

Dazu beitragen werden neben den Chören und Workshopleitern auch die 25 Chorleiter aus ganz Deutschland sowie die Studenten der Musikhochschule Hannover, die während des Festivals die Workshops und Konzerte zu Fortbildungszwecken besucht haben. „Auf diese Weise konnten wir auch den Chorleiter-Nachwuchs mit neuen Tendenzen und Lehrmethoden vertraut machen“, freute sich Kössler.

Ein positives Fazit des EUROTREFFs zog auch Volker Hempfling: „Ich bin davon überzeugt, dass vom EUROTREFF Impulse ausgehen, sich in Kinder- und Jugendchören wieder verstärkt mit Volksliedern zu beschäftigen. Die europäischen Länder um uns herum wollen von uns unsere Volkslieder hören, sie finden ‚Der Mond ist aufgegangen‘ und ‚Kein schöner Land‘ sehr stimmungsvoll“.
 

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