Die Euphorie, die das jüngst stattgefundene Festival „Schulen musizieren“ des BMU in Würzburg hervorrief, war grandios. Schulensembles unterschiedlichster Genres und Altersstufen applaudierten einander, die Zuschauerresonanz war dank oder trotz des guten Wetters rekordverdächtig und die musikalische Qualität der Ensembles regelrecht mitreißend.
Und zum Schluss läuteten die Glocken …
Wir feiern die Musik, wir feiern alle Menschen, die Musik machen, und hier an diesem Ort gerade all jene, die ihre Kraft und ihre Zeit dafür einsetzen“, gab BMU-Präsident Jürgen Oberschmidt beim Empfang der Stadt Würzburg als Leitsatz aus. Am Eröffnungsabend zuvor im Kulturkeller Z87 des Würzburger Bürgerbräus, wo seit 1886 fränkisches Bier abgefüllt wurde, gaben sich Schulbands aus Bremen, Hamburg, Schwerin und Würzburg die Mikrofone in die Hand und feierten gegenseitig die „Grooves“ und „Melodies“ der Kollegen. Ob und wie solche nicht nur metaphorisch heißen Sessions nach Corona wieder stattfinden können, war für die Jugendlichen eindeutig.
Die riesige Open-Air-Bühne auf dem Unteren Markt, zentral in unmittelbarer Nähe zur berühmten alten Mainbrücke gelegen, wurde allein wegen ihrer Ausmaße zum Publikumsmagneten. Als dann am Freitagmittag die Bigband des Matthias-Grünewald-Gymnasiums aus Würzburg die ersten Töne für den Soundcheck spielte, füllte sich schnell der Platz. 14 Ensembles traten als Vertreter ihrer Bundesländer auf, 13 Klangkörper kamen beim dreitägigen Nonstop-Programm von Schulen aus Würzburg, Schweinfurt und Umgebung hinzu.
Ermöglicht hat dieses Fest das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus, finanziell unterstützten darüber hinaus die Unterfränkische Kulturstiftung und die Stiftung Sparkasse Mittelfranken. Die Stadt Würzburg war wichtigster Kooperationspartner. Neben dem Engagement der BMU-Vizepräsidentin Eva Kieser, die das ganze Projekt steuerte, war die perfekte Vor-Ort-Arbeit von Eva Riedel, Präsidentin des BMU-Landesverbandes Bayern, verantwortlich für den immensen Erfolg dieser Veranstaltung.
Die etablierte Augustinerkirche und der für seine Akustik hochgerühmte Große Saal der Würzburger Musikhochschule gaben den prominenten Rahmen für die Begegnungskonzerte, bei denen in enger Folge und kurzweilig moderiert die diversen Chöre, teils groß-symphonischen Bläserformationen oder auch das Zupforchester aus Saarlouis und das Perkussion-Ensemble aus dem Odenwäldischen Rimbach begeisterten. Beispielhaft hatten letztere nicht nur das umfangreich, farbig-klingende Mallet-Instrumentarium und alle Arten von Perkussionsinstrumenten im Gepäck: Überaus originell waren die Auftritte als Pop-Up-Gartensäcke-Oktett oder mit umgehängten Edelstahl-Spülen, die – teils mit Wasser gefüllt – mit bis dato unerhörten Klängen das Publikum verzauberten. Bei dem Yellow Tone Orchestra Montabaur fragte man sich angesichts der bestechenden Musikalität, ob man hier noch vom schulischen Hintergrund sprechen könne. Eine solche Begeisterungswelle, die schon während der Musik von den hinteren Rängen, wo die anderen Ensembles saßen, den ausladenden Saal erfasste, erlebt man sonst nur auf großen Popkonzerten. Aber auch das Berliner Grundschulorchester oder die 6er-Bläserklasse des Königin-Luise-Gymnasiums Erfurt ließen angesichts der feststellbar guten Intonation, des vorbildlichen Aufeinander-Hörens und Zusammenspiels und nicht zuletzt durch die Freude am Musikmachen aufhorchen.
Und deshalb ging es in Würzburg auch viel weniger um künstlerische Exzellenz oder Wettbewerb, sondern schlicht um das Vor-Augen-Führen, welche eminente auch soziale Bedeutung Musik an allgemeinbildenden Schule hat, weil „nur hier die Musik alle Kinder und Jugendlichen erreicht“, so BMU-Präsident Georg Biegholdt. Bei aller Euphorie, die bei diesem Fest regelrecht greifbar wurde, mahnte Biegholdt, „dass an so vielen Schulen die Musik ‚krankgefeiert‘ wird, weil der Musikunterricht und die Ensemblearbeit gar nicht mehr stattfinden. […] Zu all den Vorerkrankungen trat dann ein Virus, die Arbeit in den Chören und Orchestern hat ganz besonders darunter gelitten, natürlich spüren wir das auch heute noch.“ So war es folgerichtig, dass beide Präsidenten auf das druckfrische BMU-Positionspapier „Den Musikunterricht sichern“ verwiesen, mit dem der BMU angesichts des Lehrkräftemangels in den Diskurs um die Zukunft der Musik an der Schule eintreten möchte.
Am Samstag war dann das „ganz Würzburg zum Klingen bringen“ keine Floskel mehr: Schon am frühen Morgen brach eine Reihe von Ensembles auf, um in Altenheimen und im Blindeninstitut Menschen mit ihrer Musik zu begeistern. Und das funktionierte selbst mit den Coversongs und Eigenkompositionen der Bremer Band „The Jellys“ hervorragend. Auf der (Mozartfest-)fahnenbeflaggten Schönbornstraße musste man sich schon am Vormittag entscheiden, ob man der sich zur großen Marching-Band umformierten Symphonic Band aus Heide-Ost lauschen wollte oder den Klängen vom Markt folgte. Vor dem Kiliansdom wurde es indessen eng: „Sängerwettstreit!“, raunte mit vielsagendem Blick eine Passantin, als sich „Voice'n Performance“ aus Hannover mit dem Märkischen Jugendchor musikalisch duellierten. Im Schatten standen schon Instrumentenkoffer und aufgebaute Notenständer aus Thüringen für den nächsten Auftritt bereit. Schon am Freitagvormittag hatten die angereisten Gastensembles sich mit den Partnerschulen aus Würzburg und Umgebung bei den gemeinsamen Proben und Schulkonzerten intensiv angefreundet.
Und als am Sonntagmorgen nach Urkundenvergabe und Weiterreichen des Staffelstabes in Richtung Thüringen noch einmal deutlich wurde, welche Begeisterung guter Musikunterricht bei den Schülerinnen und Schülern, aber auch beim Publikum hervorrufen kann, stimmten in den Schlussakkord des mit allen zusammen musizierten „Irish blessing“ die Glocken der benachbarten gotischen Marienkapelle ein. Nach dem, was alle Beteiligten vier Tage lang in Würzburg erleben durften, können das nur Freudenglocken gewesen sein.
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