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1.700 Plätze restlos ausverkauft

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In Helsinki feiert man 20 Jahre Landeswettbewerbe der Deutschen Schulen Nord-/Osteuropa
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Dort, wo derzeit die Sonne nur kurze Gastspiele gibt, leuchtet stattdessen umso heller der Schein eines bevorstehenden Jubiläums: Die Deutsche Schule Helsinki feiert ihr 135-jähriges Bestehen, gleichzeitig findet an der Schule zum 20. Mal ein Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ statt. Erwartet werden zum Wettbewerb rund 200 Jugendliche aus 16 verschiedenen Nationen, die als Regionalpreisträger ihrer Heimatschulen den Sprung in den Landeswettbewerb „Nord-/Osteuropa“ geschafft haben. Eigens für dieses Doppel-Jubiläum rufen die Veranstalter in Helsinki vom 14. bis 21. März Jubiläums-Tage aus. Der Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ versteht sich dabei als attraktiver Programmpunkt dieses Jubiläums.

Nicht oft genug erwähnen kann man die Tatsache, dass „Jugend musiziert“ europaweit zu einem der erfolgreichsten Exportschlager auf kulturellem Gebiet geworden ist. Die „Zentralstelle für das Auslandsschulwesen“, eine Abteilung im Bundesverwaltungsamt, vermittelt unter der Aufsicht des Auswärtigen Amtes deutsche Lehrkräfte, die vorübergehend an einer Schule im Ausland arbeiten möchten. Immer wieder haben sich im Laufe der Jahrzehnte daraufhin auch Musiklehrerinnen und -lehrer für eine Deutsche Schule im Ausland entschieden. Lehrkräfte, die in ihrer Jugend selbst an „Jugend musiziert“ teilgenommen hatten, mit dieser Teilnahme intensive und positive Erinnerungen verbinden und nun als Musikpädagogen die Schülerinnen und Schüler mit dem Wettbewerb und seinen Primär- und Sekundärtugenden bekannt machten.

Aktuell beteiligen sich 36 Deutsche Schulen aus 22 europäischen Nationen an „Jugend musiziert“. Europa wurde dafür in drei Regionen unterteilt: Spanien/Portugal, Östlicher Mittelmeerraum und Nord-/Osteuropa. Für die Durchführung der Landeswettbewerbe übernimmt jeweils eine der Deutschen Schulen einer Region die Gastgeberrolle. Gemeinsame Klammer ist die Ausschreibung, die vom Deutschen Musikrat herausgegeben wird. Die Deutschen Schulen geben „Jugend musiziert“ die jeweilige Farbe ihres Gastlandes, indem sie den Kategorien-Kanon um landestypische Instrumente oder Genres ergänzen. Aus Finnland beispielsweise kommen immer wieder hervorragende Sänger, die sich im Bundeswettbewerb in den diversen Vokal-Kategorien, auch im Vergleich mit der bundesdeutschen Konkurrenz, erfolgreich behaupten.

DIAP zum Nutzen von „Jugend musiziert“

Robert Bär, Musiklehrer an der Deutschen Schule in Helsinki ist Initiator, Organisator und Visionär von „Jugend musiziert“ seit der ersten Stunde. Da er nicht auf Zeit nach Helsinki entsendet wurde, sondern sich als sogenannte Ortslehrkraft direkt an der Schule beworben hatte, ist er der seltene Glückfall eines Musikpädagogen, der über zwei Jahrzehnte für die Präsenz von „Jugend musiziert“ an der Schule sorgen konnte und den Wettbewerb so zu einer festen Institution gemacht hat. „Bei der Einführung von „Jugend musiziert“ an unserer Schule und der Gründung des Landesausschusses „Jugend musiziert Nord-/Osteuropa“„ dachten wir ursprünglich an die deutschen Jugendlichen, die aufgrund der Arbeit ihrer Eltern hierher umgezogen waren. Viele Eltern sind hier im kulturellen Bereich tätig und interessiert daran, ihre Kinder mit Hilfe von „Jugend musiziert“ zu fördern. Da es sich aber bei unserer wie auch den anderen Deutschen Schulen im Ausland um Schulen handelt, an denen die Schülerinnen und Schüler verschiedenster Nationalitäten einander begegnen, war der Anteil von Schülern mit der Nationalität des Gastlandes deutlich größer. Es zeigte sich bald, dass das Interesse dieser Schüler an „Jugend musiziert“ besonders hoch war. Das ist insofern erstaunlich, als Skandinavien dem Leistungs- und Wettbewerbsgedanken bei Minderjährigen eher kritisch gegenübersteht. Da aber „Jugend musiziert“ dieses allumfassende System von qualifizierter Breitenarbeit und Spitzenförderung darstellt, ergänzte der Wettbewerb das ausgezeichnete Musikschulsystem in Finnland“, so erinnert er sich an die Anfänge.

Seitdem hat sich viel getan. Die für den Fortbestand von „Jugend musiziert“ an den Deutschen Auslandsschulen sicherlich nachhaltigste Wirkung hatte die seit 2005 schrittweise Einführung der Deutschen Internationalen Abiturprüfung (DIAP) durch die Kultusministerkonferenz für deutsche Auslandsschulen auf der ganzen Welt. Denn bis dahin konnte ein Erfolg  im Wettbewerb „Jugend musiziert“ nur zusätzlich als besondere Lerrnleistung in die Abiturnote einfließen. Mit der Einführung der DIAP wurde „Jugend musiziert“ nun jedoch so aufgewertet, dass es als eine besondere Lernleistung eines der verpflichtenden mündlichen Prüfungsfächer ersetzen kann. Damit kann sich eigentlich kaum noch eine Schule leisten, auf „Jugend musiziert“ zu verzichten. Der Wettbewerb wird quasi integriert ins Schulfach Musik. Womit auch die Durchführung und die Finanzierung besser gesichert sind. Der Anteil der Deutschen Schule Helsinki und ihres engagierten Musiklehrers an der Aufnahme von „Jugend musiziert“ in die DIAP ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Ebenso wie der Einsatz des Präsidenten des Deutschen Musikrats, Martin Maria Krüger, als es darum ging, die Finanzierung der Wettbewerbe „Jugend musiziert“ an den Deutschen Auslandsschulen durch das Auswärtige Amt auf stabile Füße zu stellen.

Hohe Wertschätzung

Nicht zuletzt an den Konzertsälen, in denen in den letzten Jahren die Preisträgerkonzerte der Landeswettbewerbe „Nord-/Osteuropa“ veranstaltet wurden, lässt sich der Grad der Wertschätzung ablesen, mit der „Jugend musiziert“ von offizieller Seite begegnet wird: Als der Landeswettbewerb 2010 an der Deutschen Schule in Dublin ausgetragen wurde, konzertierten die Musikerinnen und Musiker in der berühmten St. Patrick’s Cathedral, 2014  in Kopenhagen stellte der Dänische Rundfunk Byen den Nachwuchskünstlern das Konzerthaus zur Verfügung. Der Landeswettbewerb 2016 in Helsinki kann nicht nur das Gebäude der EU-Vertretung für seine Wertungsspiele nutzen, eine enge künstlerische Zusammenarbeit besteht auch mit der Sibelius-Akademie. Es könnte also viele Gründe geben, sich stolz zurückzulehnen, wenn am 16. März die ersten Töne des traditionsreichen Europäischen Konzerts in der besonderen Atmosphäre der Felsenkirche erklingen. Die Botschafter aller in Helsinki vertretenen Länder der Welt sind eingeladen, üblicherweise folgen etwa über 30 Exzellenzen der Einladung. Die 1.700 Karten für die Jubiläumsveranstaltung mit musikalischer Revue „135 Jahre Deutsche Schule Helsinki und 20 Jahre Jugend musiziert Nord- und Osteuropa“ am 19. März in der Finlandia-Halle sind bereits restlos ausverkauft.

Der Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ 2016 der Deutschen Schulen Nord-/Osteuropa (zu dessen Verbund 16 Nationen gehören) beschließt die Jubiläumstage am 20. März in der Aula der Deutschen Schule Helsinki. Alles erledigt, könnte man meinen. Robert Bär sieht jedoch dringenden Diskussionbedarf  in seiner Region, und der betrifft die Größe. Mit den genannten 16 Nationen bildet „Nord-/Osteuropa“ den größten Zusammenschluss der Deutschen Auslandsschulen. Deren motivierte Schülerinnen und Schüler bringen die gastgebenden Schulen bei der Durchführung von Regional- beziehungsweise Landeswettbewerben trotz aller Hilfe durch das Auswärtige Amt organisatorisch und finanziell an die Grenze. Eine Teilung der Region Nord-/Osteuropa ist denkbar, oder auch andere Lösungen, die die Direktoren der Schulen diskutieren müssen. Undenkbar dagegen ist, nach Lage der Dinge, dass „Jugend musiziert“ wieder von der europäischen Landkarte verschwindet.

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