Für eine Woche war das Querflötenquartett, bestehend aus Stefan Albers, Vera Lang, Frauke Oesmann und Hanna Petermann, 1. Bundespreisträger beim 36. Bundeswettbewerb, einer Einladung der Deutschen Evangelischen Oberschule in Kairo gefolgt. Unterstützt wurde diese Reise von der Verbindungsstelle für Internationale Beziehungen des Deutschen Musikrates. Und dass sich Wasserpfeifen und Querflöten aufs Beste miteinander vertragen, beweist der folgende Reisebericht.
Vorspielerfahrung, Angebote zur musikalischen Weiterbildung, Auftrittsmöglichkeiten – musikpädagogisch definiert sich die Absicht der Anschlussfördermaßnahmen für “Jugend musiziert“-Preisträger auf den ersten Blick. Auf den zweiten Blick sind diese Maßnahmen weit mehr als ein nüchtern formuliertes pädagogisches Ziel: Sie sind die Plattform, auf der die „Maßnahme“ zu einem bereichernden Erlebnis mit seiner Umgebung, Freunden und Spielpartnern wird – und nicht zuletzt mit sich selbst. Für eine Woche war das Querflötenquartett, bestehend aus Stefan Albers, Vera Lang, Frauke Oesmann und Hanna Petermann, 1. Bundespreisträger beim 36. Bundeswettbewerb, einer Einladung der Deutschen Evangelischen Oberschule in Kairo gefolgt. Unterstützt wurde diese Reise von der Verbindungsstelle für Internationale Beziehungen des Deutschen Musikrates. Und dass sich Wasserpfeifen und Querflöten aufs Beste miteinander vertragen, beweist der folgende Reisebericht. class="bild">Als ich Vera anrief, um ihr von der Einladung nach Kairo zu erzählen, war ihre Reaktion wenig enthusiastisch: „Und wenn sie gar nicht DAS Kairo meinen, sondern irgend so ein Kaff, das den gleichen Namen trägt?“
Erfreulicherweise handelte es sich um DAS Kairo. So machten wir uns am frühen Nachmittag des 24. Januars auf den Weg zum Hamburger Flughafen und froren erbärmlich, da wir in freudiger Erwartung subtropischen Winterklimas unangemessen leicht bekleidet waren. Die Idee, die Wartezeit mit Üben zu überbrücken, verwarfen wir angesichts des ohnehin schon genervten Publikumsverkehrs schnell wieder und versuchten stattdessen, durch einen Blick in den Reiseführer noch schnell das Ägypten-Allgemeinbildungsdefizit auszugleichen.
Als wir nach insgesamt fünf Stunden Flug in Kairo ankamen, waren wir zunächst etwas orientierungslos, da wir nicht wussten, wer dort auf uns warten würde. Doch dann erblickten wir das Programmbuchcover von “Jugend musiziert“ und kurze Zeit später auch den Kopf eines unserer Gastgeber, der sich dahinter verbarg.
Die Straße vom Flughafen in die Stadt war gesäumt von gepflegten Grünanlagen und Palmen; wie man uns mitteilte, um „zumindest anfangs“ einen guten Eindruck bei den Touristen zu hinterlassen. Sie führte uns auch an der „Totenstadt“ vorbei, einer Gräberstätte, die in ihrem Ausmaß in der islamischen Welt einmalig ist. Überwältigt von diesen ersten Eindrücken verbrachten wir den Rest der Nacht bei unseren drei Gastgeberehepaaren, die fast alle Lehrer an der DEO (Deutschen Evangelischen Oberschule Kairo) waren. Den nächsten Tag verbrachten wir mit Üben. Abends schlenderten wir über einen Lebensmittelmarkt, der im Armenviertel der Stadt gelegen war. Nicht zuletzt aufgrund unserer hellen Haut- und Haarfarbe witterte man schnell großzügige Bakschisch-Geber, und bald waren wir umringt von kleinen Kindern und Halbwüchsigen, die alle immerhin des elementaren deutschen Wortschatzes („ich liebe dich“, „hast du Geld?“, „schöne Frau“) mächtig waren.
Der Mittwochmorgen begann mit dem kunstvollen Gebetsruf aus den Lautsprechern zahlreicher Moscheen. An diesem Tag stand das erste Konzert in der Aula der DEO an, und alles lief hervorragend- bis Vera feststellte, dass sie ihre Bozza-Stimme in Deutschland vergessen hatte. Dieser Umstand amüsierte uns nicht allzu sehr, zumal ausgerechnet an jenem Tag das gesamte Faxsystem in Kairo lahmgelegt war und auch keiner dort über die Noten verfügte. Entgegen allen Befürchtungen schafften wir es jedoch gerade noch, die Stimme „sinngemäß“ zu rekonstruieren und brachten das Stück unter größtem Adrenalinverbrauch über die Bühne. Am Morgen des folgenden Tages machten wir uns auf den Weg zu den etwa 20 Kilometer entfernten Pyramiden von Gizeh. Wir waren wirklich das Paradebeispiel naiver Sightseeing-Touristen: Wollten uns unbedingt für das familiäre Fotoalbum auf einem Kamelrücken ablichten lassen, ohne zu bedenken, dass Kameltreiber, denen ihre meist völlig überhöhte Preisforderung verwehrt wird, ganz schön aus dem Häuschen geraten können.
Abends fand das zweite Konzert in der Deutschen Botschaft in Kairo statt. Wie auch am Tag zuvor in der DEO stieß die Veranstaltung auf eine große Zuhörerschaft. Auch die Reaktion des Publikums auf das Stück „Levada“ von Heike Beckmann, das Jazz-Rhythmen und moderne Spieltechniken wie Slaptongue und Spielen mit Stimme enthält, waren die gleichen und reichten von Kommentaren wie: „Mein Gott, wir dachten anfangs, die Flöten seien kaputt“ bis zum begeisterten Mittakten während des Stückes. Beim anschließenden Büfett wurden mit den Besuchern und Botschaftsangehörigen noch lange interessante Gespräche geführt.
Freitagmorgen machten wir uns auf den Weg zur Zitadelle Salah al-Din, einem Bauwerk Saladins aus dem 12. Jahrhundert, das bis ins 19. Jahrhundert hinein offizieller Regierungssitz war. Das wohl bedeutendste Gebäude der Zitadelle, die große Alabastermoschee, war an diesem Tag leider geschlossen. So steuerten wir nach einem ausgiebigen Rundgang durch das Zitadellengelände unser nächstes Ausflugsziel an: die Ibn-Tulun-Moschee, ein schlichter Bau, der um 880 von einem Gesandten des Kalifen in Bagdad veranlasst worden war. Es folgte die Besichtigung des Gayer-Anderson-Museums. In zwei miteinander verbundenen Häusern aus dem 17. Jahrhundert sind dort typisch arabische Einrichtungsgegenstände ausgestellt, die der orientbegeisterte britische Offizier Gayer-Anderson von seinen Reisen mitbrachte und zusammengetragen hat.
Am Samstagmorgen machten wir uns auf den Weg nach Alexandria, wo am Abend im Goetheinstitut unser drittes (und letztes) Konzert stattfinden sollte. Leider blieb nicht mehr viel Zeit für Unternehmungen; wir wurden nur kurz unseren dortigen Gastgebern, ebenfalls Schüler einer Deutschen Schule, vorgestellt. Auch bei diesem Konzert war das Interesse der Besucher sehr groß. Andererseits herrschte eine verhältnismäßig große Unruhe, die vor allem dadurch entstand, dass etliche Zuhörer vergessen hatten, ihre Handys abzustellen. Diese klingelten dann vorzugsweise am Ende langsamer Sätze und zu allem Unglück noch in der falschen Tonart. Weitaus ruhiger verlief der restliche Teil des Abends, den wir mit unseren Gasteltern, dem Direktor des Goetheinstituts und viel Wein im Restaurant verbrachten.
Am Morgen darauf erklärte sich der Direktor des Goetheinstituts bereit, uns in der Kürze der verbleibenden Zeit noch ein wenig von der Stadt zu zeigen. Er führte uns durch die sogenannten „Souks“, die Viertel der Armen. Nach einem kurzen Spaziergang zur Festung Quait-Bay mussten wir diese schöne und geschichtsträchtige Stadt bedauerlicherweise schon wieder verlassen.
Montagmorgen brachen wir zu unserem letzten großen Besichtigungsziel auf – dem Ägyptischen Museum. Auch hier war unsere Zeit viel zu knapp bemessen, vermutlich würde nicht einmal ein ganzer Tag ausreichen, um diese wohl umfangreichste Sammlung ägyptischer Altertümer eingehend zu betrachten. Bemerkenswert war die unglaubliche Fülle der Ausstellungsstücke, die allein der Schatz des Tut-Anch-Amun ausmachte, und das, obwohl der Pharao bereits im Alter von 18 Jahren gestorben war.
Spätabends fuhren wir ein zweites Mal zum Khan-El-Khalili-Basar, nicht zuletzt, um noch einmal die Gelegenheit zu haben, mit den Händlern wortreich die Preise auszuhandeln. Die letzten Stunden unseres Aufenthaltes (unser Flieger ging um vier Uhr morgens) verbrachten wir im Halbschlaf. Dann brachten uns zwei Taxis zum Flughafen. Von dort ging es zurück ins doch weitaus deprimierendere norddeutsche Schietwetter.
Wir danken allen an der Planung und Durchführung beteiligten Personen, die die Reise für uns zu einem unvergesslichen Erlebnis machten.