Im zehnten Jahr seines Bestehens war das „Wettbewerbsfestival der Sonderpreise - WESPE“ zu Gast in Regensburg. Seit dieser Zeit wird auch der Wettbewerb um den „WDR 3 Klassikpreis der Stadt Münster“ unter dem Label WESPE ausgetragen. Gastgeberin war hier, in guter Tradition, die Stadt Münster.
Damals, 2008, endete der Bundeswettbewerb für Preisträger nicht mit dem letzten Abschlusskonzert auf Bundesebene. „Die Sache hat ein Nachspiel!“ titelte die erste Ausschreibung für WESPE. Ausgewählte Bundespreisträgerinnen und -preisträger konnten und können sich bis heute an WESPE beteiligen. Inzwischen hat WESPE an Umfang zugenommen. Aktuell sind neun Kategorien im Angebot: Für die Teilnahme in vier von ihnen benötigen Musikerinnen und Musker eine Empfehlung der Bundesjury. Sie müssen das Werk also bereits in ihr Musikprogramm aufgenommen haben, das sie zum Bundeswettbewerb vorbereiten. Die übrigen fünf Kategorien stehen Bundespreisträgerinnen und -preisträgern offen. Bedingung sind ein Bundespreis und eine Einladung der Bundesgeschäftsstelle. Dann kann man sich augenblicklich auf die Suche nach ausgefallenen oder selten gespielten Werken begeben oder ein eigenes Werk komponieren und präsentieren. Alles, was im standardisierten Konzertbetrieb geringe Chancen hat, ist bei WESPE willkommen – und es wird erfreulich konstant angenommen, ja, es verfestigt sich der Eindruck, dass es eine kleine Schar unter den Jugendlichen gibt, die dieses Wettbewerbsformat herbei gesehnt haben, um ihre überbordende Kreativität, ihre Lust am Musizieren und Experimentieren endlich zeigen zu können. Mit ihrer wiederholten Teilnahme, bei der sie jedes Mal mit neuen Überraschungen aufwarten und die auch jedes Mal mit Auszeichnungen belohnt wird, haben sie dafür gesorgt, dass WESPE zur festen Größe im jährlichen Wettbewerbskalender geworden ist. Wozu der Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ mit seiner Verpflichtung, verschiedene Musikepochen abzudecken, kaum Raum lässt, da öffnet WESPE den jungen Musikern eine Bühne für ihre Ideen. „WESPE ist für selbstständige, unabhängige, risikofreundliche Menschen, für die das Komponieren, Improvisieren, Interpretieren und Reflektieren von Musik eng zusammen gehören. Um auf diesem Wege erfolgreich zu sein, um ein Publikum berühren und überzeugen zu können, braucht es eine hohe künstlerische Kompetenz und eine Bühnenpräsenz, die eine Brücke zu den Herzen und Ohren der Zuhörenden schlägt. Hier konzertieren die „Zukunftsmusiker“, davon ist auch der Vorsitzende von „Jugend musiziert“, Prof. Ulrich Rademacher, überzeugt.
Zum ersten Mal Regensburg
Mit welcher Entdeckerlust, Spiel- und Experimentierfreude die jungen Leute zu Werk gehen, konnte in diesem Jahr an zwei Wettbewerbstagen und vier Spielorten in Regensburg besichtigt werden. Da wurde die eigene Sprechstimme ebenso eingesetzt, wie eine Vielzahl von Instrumenten, elektronischen Geräten, ein Staubsauger oder der eigene Körper als Perkussionsfläche.
Insgesamt bewertete eine rund 30-köpfige Jury 80 Musikbeiträge und zeichnete schließlich 38 von ihnen mit Sonderpreisen aus. Von denen wiederum waren am 23. September um 20 Uhr im Neuhausaal im Theater Regensburg 14 zu hören: Präsentiert von Solistinnen oder Solisten, in Duo- bis zur Sextett-Stärke. Insgesamt 33 junge Musikerinnen und Musiker freuten sich über Sonderpreise im Gesamtwert von 29.000 Euro. Die gut ausgewählten Spielorte und der prächtige Neuhaussaal boten den angemessenen, festlichen Rahmen für die musikalischen Meisterleistungen, der herzliche Dank gilt an dieser Stelle den Verantwortlichen der Stadt Regensburg!
Und wo schon vom „Back-stage-Bereich“ die Rede ist: Während die Treue zu WESPE bei den Jugendlichen aus biologischen Gründen gezwungenermaßen endet, ist sie bei den Institutionen, die WESPE finanziell mittragen, unverbrüchlich. Man muss sie einmal aufzählen, die jahrelangen, eng mit WESPE verbundenen Institutionen: das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Hauptsponsor Sparkassen-Finanzgruppe und jeweiligen Gastgeberstädte, die WESPE mittragen; die Bertold Hummel Stiftung, die Hindemith-Stiftung, der Deutsche Musikverlegerverband, die Irino-Foundation Tokyo, die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), der Verband deutscher Musikschulen, die Stadtwerke Schwerin und das Bundesjugendministerium sind von Anbeginn dabei, haben ihre Sonderpreissummen zum Teil sogar im Laufe der Jahre erhöht. Auch die Harald-Genzmer-Stiftung zählt inzwischen zu den „jungen Treuen“ und wenn sich die junge Kategorie „Orgel-Improvisation“ erst etabliert haben wird, ist eine dauerhafte Förderung durch die beiden großen christlichen Kirchen auch denkbar. Es ist vollkommen klar, dass das Engagement der preisstiftenden Institutionen, die Attraktivität von WESPE ausmacht.
Unterm Dach von WESPE:
Der Klassikpreis 2008, mit der Einführung von WESPE, wurde eine andere, traditionsreiche Sonderwertung zeitgleich aus dem Bundeswettbewerbsgeschehen herausgelöst, der Wettbewerb um den Klassikpreis. Bis dahin wurde der „Klassikpreis“ drei Wochen nach dem Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“ ausgetragen. ab sofort hatten die jungen Musiker vier Monate Zeit, sich konzentriert mit den Werken ihrer Wahl zu beschäftigen, bevor sie sie beim „Klassikpreis“ vorstellen konnten. Der neue Zeitrahmen motivierte deutlich mehr Musikerinnen und Musiker zur Teilnahme. Den „Klassikpreis“ stiftet die Stadt Münster seit 1989, seit 1992 gemeinsam mit dem WDR und zu gleichen Teilen. Er wird für die beste Interpretation eines Meisterwerkes der erweiterten deutsch-österreichischen klassischen Tradition verliehen, also für die Interpretation eines vollständigen Werks von Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Mendelssohn Bartholdy und Brahms. Unter diesem gemeinsamen Nenner treffen sich unterschiedliche Besetzungen und alle Altersgruppen. Die besondere Herausforderung besteht in der künstlerischen Durchdringung, der interpretatorischen Leistung und im Durchhalten des Spannungsbogens über die Gesamtdauer des Vortrags. Den „Klassikpreisträgern“ winkt ein Preisgeld von insgesamt 6.000 Euro und ein Konzertauftritt, den WDR 3 mitschneidet und zeitversetzt ausstrahlt.
Erfreulich hohe Bewerberzahlen konnten die Veranstalter 2017 verzeichnen: 29 junge Musikerinnen und Musiker hatten sich am 29. und 30. September in Münster um den „WDR 3 Klassikpreis der Stadt Münster“, wie er inzwischen heißt, beworben. Wer hier teilnimmt, muss für das klassische Werk bereits im Bundeswettbewerb eine hervorragende Bewertung der Bundesjury erhalten haben.
Am Ende von zwei Wettbewerbstagen wurden vier Klavier-Solisten und die Mitglieder eines Streichquartetts mit dem „Klassikpreis“ ausgezeichnet. Das Preisgeld ging zu gleichen Teilen an die acht Musiker. Die aktuellen „Klassikpreisträger“ 2017 konzertierten am 1. Oktober, 11 Uhr, in der Musikhochschule Münster. Das Konzert wird am 16. Dezember 2017 ab 20.04 Uhr in WDR 3 gesendet.
Mit der Stadt Münster und WDR 3 sind hier zwei Preisstifter genannt, die der Idee einer nachhaltigen Förderung herausragender Nachwuchsmusiker anhängen. Um genau zu sein, stiften sie den „Klassikpreis“ seit einem viertel Jahrhundert. Das ist in Zeiten eventmäßiger-PR-Maßnahmen, die auf schnellen Image-Gewinn abzielen, alles andere als selbstverständlich. Denn hinter den Institutionen stehen und standen Entscheider, deren Amtszeit eben auch endet. Dass künftige Generationen von außergewöhnlichen Musikern mit ihren immer wieder neuen, überraschenden, berührenden, bewundernswerten Musikbeiträgen all jene überzeugen, deren finanzielle Mittel solche Talente in der Öffentlichkeit sichtbar machen können, das ist nicht nur dem „Klassikpreis“ zu wünschen, sondern auch der jungen WESPE. Kommendes Jahr vom 21. bis 22. September in Lübeck und voraussichtlich Ende September in Münster.
- Die Ergebnisse von WESPE 2017 unter www.jugend-musiziert.org